Frankreich, Deutschland und Spanien haben am Mittwoch damit begonnen, ihre Staatsbürger aus dem Krisenstaat Elfenbeinküste auszufliegen. Italien und Belgien bereiten sich auf Rettungsaktionen vor. Augenzeugen berichten, dass sich die Ausländer auf dem Flughafen der ivorischen Wirtschaftsmetropole Abidjan drängen, um die rettenden Flugzeuge zu erreichen. Bisher haben mehr als 1.200 Europäer angegeben, das westafrikanische Land wegen des ausländerfeindlichen Klimas schnellstmöglichst verlassen zu wollen. "Die Evakuierung hat begonnen", bestätigte ein Sprecher des französischen Militärs. Er ging aber von mehreren Tausend Flüchtlingen aus, die in den nächsten Tagen transportiert werden müssen.
Ein schneller Militäreinsatz Frankreichs gegen die ivorischen Luftstreitkräfte und der Beschuss des Präsidentenpalastes hatten eine ausländerfeindliche Stimmung ausgelöst. Nachdem Demonstranten auf der einen Seite mit der ivorischen Armee und auf der anderen Seite mit den französischen Truppen zusammenstießen, eskalierte die Situation. Proteste gegen die Einmischung Paris' entluden sich in brutalen Übergriffen auf Europäer. Frankreich hat rund 11.000 Soldaten in Afrika stationiert, etwa die Hälfte wurde in der Elfenbeinküste zusammengezogen. Seit der Unabhängigkeit des Landes waren Franzosen hier hochwillkommen. Französische Geschäftsleute schufen ein Wirtschaftswunder in dem Land, das Millionen Einwanderer aus den Nachbarstaaten anzog.
Deutsche verlassen das Land
Das Außenministerium in Berlin gab an, dass auch 40 von 170 Deutschen die Elfenbeinküste verlassen wollen. Das Ministerium richtete einen Krisenstab ein und verschärfte die Reisewarnung für das Land. "Vor Reisen in die Côte d'Ivoire wird dringend gewarnt", schreiben die Diplomaten. "Nach Angriffen der Regierungsstreitkräfte gegen Ziele im von den Rebellen gehaltenen Norden des Landes ist am 4. November 2004 der Bürgerkrieg in der Côte d'Ivoire wieder aufgeflammt." Mehrere große deutsche Konzerne wie BASF oder DaimlerChrysler unterhalten Vertretungen in Abidjan.
Ein erstes Flugzeug mit 270 Franzosen startete am Mittwochnachmittag in Richtung Europa. Weitere Flüge für freiwillige Heimkehrer sollen folgen. Mit bis zu 8.000 Fluggästen in den nächsten Tagen rechnet die französische Luftwaffe. In der Elfenbeinküste leben 14.000 Franzosen, etwa 1.300 Europäer sind wegen anhaltender Übergriffe zu französischen Militärbasen geflohen. Weitere 1.600 Menschen stehen unter dem Schutz der Vereinten Nationen in Abidjan. Das Auswärtige Amt berichtet auf seiner Homepage von Überfällen auf Europäer und Plünderungen ihrer Häuser.
130 Tote nach Protesten
Die "Evakuierung auf freiwilliger Grundlage" wurde nach Tagen der Gewalt, vor allem gegen Franzosen und ihre Geschäfte, eingeleitet. Bei Progromen gegen Franzosen starben nach ersten Angaben etwa 130 Menschen, etwa 600 wurden verletzt.
Am Mittwoch verschärfte sich die Lage weiter, nachdem sieben Menschen bei einer Demonstration erschossen wurden. Die französische Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie bestritt, dass französische Soldaten in die Menge gefeuert hätten. Franzosen sind in der Côte d'Ivoire zur Friedenssicherung eingesetzt.
Südafrika will vermitteln
Südafrikas Präsident Thabo Mbeki, der am Morgen von einer eintägigen Vermittlungstour im Auftrag der Afrikanischen Union zurückkehrte, lud die Konfliktparteien zu Gesprächen nach Pretoria ein. Ziel ist die Wiederherstellung des Waffenstillstands, der mit dem Angriff der Regierungstruppen auf die Rebellenhochburg Bouaké gebrochen worden war. Bei der Attacke waren auch neun französische Blauhelm-Soldaten und ein US-Amerikaner getötet worden. Frankreich hatte daraufhin mit dem Militärschlag reagiert.
In New York bereitet der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen derweil eine Resolution vor, die der Elfenbeinküste unter anderem ein Waffenembargo androht. Die Sanktionen sollen in Kraft treten, wenn sich die Regierung und Rebellen nicht bis Anfang Dezember auf eine Fortsetzung des Friedensprozesses einigen.