Finanzhilfe für Griechenland Barroso geht auf Konfrontationskurs zu Merkel

Es droht Knatsch auf dem EU-Gipfel nächste Woche: Kommissionspräsident Barroso hat Deutschland und andere Mitgliedsstaaten zu direkten Finanzhilfen für Griechenland aufgefordert. Bundeskanzlerin Merkel ist davon gar nicht begeistert.

Der Kommissionspräsident der Europäischen Union, José Manuel Barroso, will die EU-Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfeltreffen in der kommenden Woche zu einem neuen Hilfssystem für Griechenland bringen. Im Notfall könnten damit bilaterale Kredite der Euro-Staaten eingesetzt werden, sagte Barroso am Freitagabend in Brüssel. Griechenland droht wegen immenser Schulden der Staatsbankrott.

Damit ist ein Konflikt mit Deutschland auf dem Gipfel am Donnerstag und Freitag vorprogrammiert. Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt weiterhin eine finanzielle Unterstützung der EU für Griechenland ab und bringt stattdessen den Internationalen Währungsfonds (IWF) als Feuerwehr ins Spiel, wie Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am Freitag bekräftigte. Berlin habe Beistand seitens des IWF nicht ausgeschlossen. Entscheidungen über einen Beitrag der EU und Deutschlands seien noch nicht gefällt und stünden derzeit auch nicht an. Man vertraue nach wie vor darauf, dass sich Griechenland durch seinen Sparkurs selbst retten könne.

"Wir können nicht so weitermachen wie bisher"

Barroso sieht seinen Vorschlag nicht im Widerspruch zu den EU-Verträgen, auch nicht zu der Klausel, die die Übernahme von Schulden anderer Staaten verbietet. "Die Schaffung des Instruments heißt nicht, dass es sofort eingesetzt werden muss", sagte der Kommissionspräsident. "Unser Ziel ist ein in der Eurozone entworfenes Instrument, mit Bedingungen und einer Führung, die von der Eurozone und ihren Institutionen geschaffen sind." Dem Vernehmen nach könnte das neue System auch für andere klamme Staaten im Ernstfall eingesetzt werden.

Barroso forderte die EU-Staats- und Regierungschefs auf, das neue Instrument, das in den EU-Verträgen nicht vorgesehen ist, so schnell wie möglich zu vereinbaren. "Wir können nicht so weitermachen wie bisher." Zu einer möglichen Rolle des IWF sagte er: "Ich möchte nicht darüber spekulieren, ob es eine finanzielle Beteiligung des Internationalen Währungsfonds geben wird." Griechenlands Regierungschef Giorgos Papandreou hatte damit gedroht, sich notfalls an den IWF wenden zu wollen, falls sich die europäischen Partner nicht auf einen Hilfsplan einigen können. Laut Spekulationen liegt der mögliche Finanzbedarf Athens bei über 20 Milliarden Euro.

Bisher ist es völlig offen, ob die "Chefs" der Euroländer Barrosos Plan zustimmen werden. Die Euro-Finanzminister hatten sich zum Wochenbeginn im Grundsatz auf bilaterale Kredite für Griechenland verständigt, falls dies nötig sein sollte. Nach dem Treffen gab es jedoch unterschiedliche Interpretationen der Vereinbarung.

Bundesregierung will Euro-Sünder notfalls ausschließen

Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wollen derweil strengere Regeln beim Euro-Stabilitätspakt und Änderungen im EU-Vertrag durchsetzen. Notfalls sollen auch Euro-Sünder aus dem Währungsverbund ausgeschlossen werden können. Die angestrebten Änderungen - nicht für die Griechenland-Krise - können Jahre dauern.

Der italienische Notenbankchef Mario Draghi stellte sich auf die Seite der Bundesregierung. Er forderte eine Reform des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts: "Natürlich brauchen wir strengere Regeln", sagte das Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) dem "Handelsblatt".

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