Irak-Krise Veto oder nicht?

Deutschland, Frankreich und Russland wollen ihren Widerstand gegen einen Irak-Krieg in den bevorstehenden UNO-Beratungen stärker koordinieren. Unterdessen berät Päsident Bush mit Militärplanern, ob Saddam ein Ultimatum zum Verlassen des Landes gestellt wird.

Die Außenminister der drei Länder, Joschka Fischer, Dominique de Villepin und Igor Iwanow kamen am Mittwoch in Paris zusammen, um eine Sitzung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (UNO) am Freitag in New York vorzubereiten. Alle drei Staaten lehnen den Resolutionsentwurf ab, mit dem die USA, Großbritannien und Spanien den Weg für einen Krieg freimachen wollen. Fischer erneuerte vor dem Treffen den deutschen Widerstand gegen eine Resolution, ließ das Abstimmungsverhalten Deutschlands aber offen. Ob es im Rat die erforderliche Mehrheit für eine Resolution gibt, ist zwischen Unterstützern und Gegnern strittig. Ein Termin zur Abstimmung steht noch nicht fest. Ungeachtet des diplomatischen Tauziehens setzten die USA ihren massiven Truppenaufmarsch in der Golfregion fort.

Gemeinsame Position sicherstellen

Diplomaten in Paris sagten, die drei Minister wollten durch ihr Treffen eine gemeinsame Position sicherstellen angesichts des Drucks, den die USA auf Mitglieder des Sicherheitsrats ausübten. Ihren Angaben zufolge wollten die Minister aber nicht über die Möglichkeit eines französischen oder russischen Vetos im Sicherheitsrat diskutieren, da es für die Resolution ohnehin nicht die erforderliche Mehrheit von neun der 15 Mitglieder gebe. Frankreich und Russland haben sich die Möglichkeit eines Vetos gegen die Resolution offen gehalten. Am Freitag sollen die Waffeninspekteure der Vereinten Nationen dem Sicherheitsrat einen neuen Bericht vorlegen.

Mehrheit im Sicherhietsrat dagegen

Bisher hat neben den USA, Großbritannien und Spanien nur Bulgarien den Entwurf unterstützt. Eine Mehrheit des Gremiums hatte dagegen die französisch-deutsch-russische Forderung nach weiteren UNO-Waffeninspektoren unterstützt, darunter auch China.

Powell betont optimistisch

Powell sprach aber von wachsender Unterstützung für die Resolution. "Ich bin immer optimistischer, dass wir bei einer Abstimmung Argumente vorlegen können, die die meisten Mitglieder des Sicherheitsrats überzeugen werden, für die Resolution zu stimmen", sagte er dem französischen Fernsehsender France 2. Ähnlich äußerte sich Blair. Fischer, der für das Pariser Treffen kurzfristig Auftritte bei Aschermittwochs-Veranstaltungen der Grünen absagte, bekräftigte die deutsche Ablehnung der Resolution. "Für eine Resolution, die den Inspektionsprozess beendet und eine Tür für eine Militäraktion öffnet, sehen wir nicht nur keine Notwendigkeit", sagte er in einem stern-Interview. "Wir hielten sie für einen Schritt in die falsche Richtung."

Termin steht noch nicht fest

Powell sagte, ein Termin für das Votum im Sicherheitsrat stehe noch nicht fest. Die US-Regierung wolle den neuen Bericht der UNO-Waffeninspekteure am Freitag abwarten und dann nach Beratungen mit anderen Staaten Anfang kommender Woche entscheiden. UNO-Diplomaten hatten zuvor eine Abstimmung für die kommende Woche angekündigt. Der Entwurf soll erneut die Verstöße Iraks gegen die UNO-Auflagen feststellen und damit einen Krieg legitimieren. Die USA haben betont, dass sie notfalls auch ohne UNO-Mandat gegen Irak vorgehen würden.

Entwurf kommt auf jeden Fall

Blair beendete Spekulationen, dass Großbritannien und die USA den Entwurf wegen mangelnder Zustimmung nicht zur Abstimmung stellen könnten: "Wenn (Iraks Präsident Saddam Hussein die Auflagen) nicht erfüllt, wird zweifelsohne eine Resolution zur Abstimmung gestellt", sagte Blair im Parlament in London. Fischer lehnte eine Festlegung ab, ob Deutschland im Sicherheitsrat mit Nein stimmen oder sich enthalten werde. "Allerdings ist unsere negative Grundhaltung klar", sagte er.

UN bestätigt «Analyse» für Zeit nach Saddam

Unterdessen haben die Vereinten Nationen in einer «systematischen Analyse» Überlegungen für die Zeit nach einem gewaltsamen Sturz des irakischen Präsidenten Saddam Hussein angestellt. Laut UN-Sprecherin Hoa Jiang hat UN-Generalsekretär Kofi Annan eine Arbeitsgruppe unter Rafeeuddin Ahmed damit beauftragt, «Probleme zu identifizieren, die in einem solchen Szenario aufkommen könnten, und entsprechende Lösungsvorschläge zu Papier zu bringen».

Sammlung von "Ideen"

Die britische Tageszeitung «The Times» hatte am Mittwoch berichtet, dass die Vereinten Nationen bereits geheime Pläne für die Zeit nach Saddam schmieden. Dem Blatt zufolge wollen die UN den Irak beim Aufbau einer Regierung unterstützen. UN-Sprecherin Jiang widersprach dieser Auslegung und betonte, dass die UN «nicht davon ausgehen, dass es überhaupt zu einem Krieg im Irak kommt». Das von Ahmed erstellte Dokument sei auch kein geheimer Plan, sondern nur eine Sammlung von «Ideen». Jiang stellte klar, dass nur der Weltsicherheitsrat darüber entscheiden könne, ob die Vereinten Nationen im Falle eines Irak-Krieges Aufgaben übernehmen, die über humanitäre Hilfe hinausgehen würden. «Der Sicherheitsrat müsste den Vereinten Nationen in diesem Fall ein Mandat erteilen», sagte die Sprecherin.

Saudi-Arabien will keine Flüchtlinge

Das Königreich Saudi-Arabien will im Falle eines Irak-Krieges keine Flüchtlinge aus dem Nachbarland aufnehmen. Die Behörden hätten bereits Maßnahmen eingeleitet, um eine Flucht von Irakern über die saudische Grenze zu verhindern, zitierten saudische Medien am Mittwoch den Innenminister, Prinz Naif Ibn Abdelasis. Gleichzeitig dementierte er Berichte, wonach angeblich saudische Staatsbürger wegen der Kriegsgefahr aus Kuwait evakuiert werden.

Bush berät mit Militärplanern über Irak-Strategie

US-Präsident George W. Bush ist am Mittwoch im Weißen Haus mit seinen obersten Militärplanern zusammengetroffen. Dabei gehe es unter anderem um die Frage, ob dem irakischen Präsidenten Saddam Hussein ein Ultimatum zum Verlassen des Landes gestellt werden soll, verlautete aus Regierungskreisen. UN- Mitarbeiter und Ausländer im Irak sollen möglicherweise eine 72-Stunden-Frist zur Ausreise bekommen, wenn Bush den Kriegsbefehl erteilt.

Hohe Militärs beim Gespräch

An dem Gespräch mit Bush nahmen unter anderem General Tommy Franks, Leiter des Zentralkommandos, der im Falle eines Irak-Kriegs die Truppen befehligen würde, Generalstabchef Richard Myers, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und Geheimdienst-Direktor George Tenet teil.

Bombenteppich unausweichlich

Das irakische Militär soll nach den US-Plänen im Falle eines Angriffs mit überwältigender Macht schon in den ersten Stunden überrumpelt und damit zur Aufgabe gezwungen werden. Ziel sei ein kurzer Konflikt, sagte Myers in einem Gespräch mit Reportern. «Um das zu erreichen, wäre es das Beste, einen solchen Schock für das System zu verursachen, dass das irakische Regime früh zu dem Schluss kommt, dass das Ende unvermeidbar ist.» Nach einem Bericht der «New York Times» sollen in den ersten 48 Stunden des Krieges bis zu 3.000 präzisionsgesteuerte Bomben und Raketen abgefeuert werden.