Während die Gewaltwelle in der westsudanesischen Region Darfur weiterwütet, Zehntausende getötet wurden und zwei Millionen Menschen auf der Flucht sind, haben sich Vertreter der Afrikanischen Union (AU) mit Darfur-Rebellen getroffen, um einen neuen Termin für Friedensverhandlungen festzulegen. Es habe in Genf zwar einen "konstruktiven Dialog" gegeben, so der AU-Sonderbeauftragte für Darfur, Hamid Algabid, auf einen konkreten Termin aber habe man sich nicht verständigen können.
"In jedem Fall gehen wir in die richtige Richtung", sagte Algabid. Eine Seite alleine könne keinen Termin festlegen. "Wir müssen erst die Gespräche mit allen Parteien führen, bevor wir ein Datum haben, das für alle Seiten passend ist."
Algabid kündigte an, er werde nun als nächstes Gespräche mit der sudanesischen Regierung führen, danach mit dem Präsidenten des Nachbarlandes Tschad. Am Samstag hatten Rebellengruppen Friedensgespräche unter der Schirmherrschaft der Afrikanischen Union und der UN in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba verlassen.
Gleichzeitig verstärkt die internationale Gemeinschaft den Druck auf den Sudan, um eine Lösung in der Krisenprovinz Darfur zu erwirken. Die USA legten einen verschärften UN-Resolutionsentwurf vor, in dem der Regierung in Khartum eine Frist von 30 Tagen für die Entwaffnung der mordenden Reitermilizen in Darfur gesetzt wird, die eine Millionen Bewohner der Region in die Flucht getrieben haben. Der US-Kongress sprach von Völkermord.
Nach den Worten von UN-Generalsekretär Kofi Annan schlägt der überarbeitete Resolutionsentwurf der USA einen schärferen Ton an als der vorhergehende. Er habe entsprechend ein "sehr positives" Echo im Weltsicherheitsrat gefunden. Der Text setzt Khartum eine 30-Tage-Frist für die Entwaffnung der arabischen Dschandschawid und anderer Milizen. Gleichzeitig werden der Regierung in Khartum, die eine Unterstützung der Milizen bestreitet, Sanktionen angedroht. Um die Sanktionen zu vermeiden, muss Khartum die Führer der arabischen Reitermilizen vor Ablauf der Frist festnehmen und vor Gericht bringen.
Powell spricht (noch) nicht von Völkermord
US-Außenminister Colin Powell erklärte nach einem Treffen mit Annan, die USA und die Vereinten Nationen erwarteten von der internationalen Gemeinschaft mehr Hilfe für Darfur. "Die Menschen in dieser Region sind in einer verzweifelten Notlage". "Es werden noch viele Zehntausende sterben, wenn wir nicht sofort handeln."
Allerdings scheute sich Powell, den Begriff Völkermord im Zusammenhang mit Darfur zu gebrauchen. Ob tatsächlich ein Vorsatz zum Völkermord vorliege, sollten Gespräche mit den Betroffenen in der Krisenprovinz ergeben, erklärte Powell.
US-Kongress in seltener Einmütigkeit
Der US-Kongress verabschiedete dagegen in seltener Einmütigkeit eine Resolution, in der die Gewalt durch die Milizen im Sudan als Völkermord bezeichnet wird. Republikaner und Demokraten äußerten die Hoffnung, dass durch die Resolution der Druck auf die internationale Gemeinschaft wachse, "zu handeln, um die Opfer der Gewalt im Sudan zu schützen".
Annan appellierte an die internationale Gemeinschaft, tiefer in die Tasche zu greifen. Trotz zahlreicher Aufrufe haben die Vereinten Nationen laut Annan bisher erst 145 Millionen Dollar an Sudanhilfe erhalten. Dabei sind UN-Schätzung nach allein für die humanitären Operationen in Darfur knapp 350 Millionen Dollar erforderlich.
Von Fortschritten in der humanitären Hilfe berichtet die Malteser Nothilfe und das internationale Kinderhilfswerk Unicef. In den bisher von der internationalen Hilfsgemeinschaft kaum erreichten ländlichen Gebieten des Norddafur südlich der Stadt Al Fasher wird am kommenden Sonntag Basisgesundheits- und Geburtshilfe-Pakete verteilen. Das medizinische Material stellt Unicef zur Verfügung. Die Verteilung findet in drei Gesundheitszentren in Shingil Tobaya und in Thabit statt.
Die medizinischen Hilfsgüter kommen rund 36.000 Menschen in der Region zugute. Sie leiden unter erheblichen Nahrungs- und Gesundheitsproblemen. Viele von ihnen waren Angriffen der Milizen ausgesetzt und mussten aus ihren Heimatdörfern fliehen. Die Malteser unterstützen mit dieser Verteilung die Arbeit der lokalen Gesundheitszentren, die die Medikamente und Verbandstoffe dringend benötigen.
Die Basisgesundheitspakete enthalten Antibiotika, Anti-Malaria-Medikamente, Schmerzmittel, Salz-Zucker-Lösungen zur Flüssigkeitsversorgung von Kindern sowie Verbandsmaterial. Die Geburtshilfe-Pakete stellen alles zur Verfügung, was eine Hebamme für ihre Arbeit braucht: Nadel, Faden, Klemmen etc.
Gleichzeitig warnte das Kinderhilfswerk davor, dass die Flüchtlinge in Darfur ohne massive zusätzliche Hilfe in einer tödlichen Falle säßen. Mit dem Beginn der Regenzeit drohten Durchfall und Malaria, sagte Unicef-Vertreter Christian Schneider. "ZDF-heute"- Moderator Steffen Seibert, der sich als Unicef-Botschafter sechs Tage im Sudan aufhielt, wies besonders die Gefährdung kleiner Kinder hin. Es gebe einen "tödlichen Dreisprung: Durchfall, Austrocknung, Tod".
Zehn bis 15 Kinder sterben am Tag
In dem Lager Mornei mit rund 90.000 Menschen sterben nach Seiberts Angaben jeden Tag 10 bis 15 Kinder. Dies, obwohl die Organisation Ärzte ohne Grenzen vor Ort arbeite und Hilfsorganisationen auch Wasservorräte zugänglich gemacht hätten. Ein bedeutendes Problem sei die Unterernährung. Die Nahrung komme zwar an. "Aber es reicht überhaupt nicht." Die sanitären Verhältnisse seien katastrophal. Spenden seien dringend nötig.
Bundesentwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) sagte, es handele sich "um eine ethnische Vertreibung" und nicht um einen religiösen Konflikt. Sowohl die arabischen Milizen als auch die schwarze Bevölkerung seien Muslime. Sie kritisierte, dass die sudanesische Zentralregierung in Khartum bisher ihre Verpflichtung nicht eingelöst habe, die Milizen zu entwaffnen. Sie begrüßte, dass die US-Regierung dem UN-Sicherheitsrat einen verschärften Entwurf mit der Ankündigung eines UN-Waffenembargos vorgelegt habe. Es sei unverständlich, dass es dieses Embargo noch nicht gebe.