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Anatoly Gerashchenko Die Liste wird länger: wieder mysteriöser Todesfall in Russlands Elite

Anatoly Gerashchenko (schwarz-weiß Fotografie)
Anatoly Gerashchenko
© Moscow's Aviation Institute (MAI)
Todesfälle unter mysteriösen Umständen in der Elite Russlands haben sich seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gehäuft. Jetzt starb der frühere Leiter des Moskauer Luftfahrtinstituts, Anatoly Gerashchenko, durch einen Treppensturz.

Angehörige der russischen Elite sind in den letzten Monaten mit einer auffallenden Häufigkeit unerklärlicherweise ums Leben gekommen. Betroffen waren einflussreiche Personen aus Politik und Wirtschaft. Und es scheint nicht abzureißen.

Jüngst ist der ehemalige Leiter des Moskauer Luftfahrtinstituts (MAI), Anatoly Gerashchenko, unter mysteriösen Umständen zu Tode gekommen. Wie die russische Nachrichtenagentur Ria Novosti berichtet, starb der 73-jährige Gerashchenko bei einem Unfall. Weiteren Berichten zufolge soll der Wissenschaftler von einer Treppe gestürzt sein, wobei er tödliche Verletzungen erlitt.

Das MAI ist in Russland für die Entwicklung der Luft- und Raumfahrttechnologie zuständig und eng mit dem russischen Verteidigungsministerium verknüpft. An dem Institut werden etwa Drohnen entwickelt.

Todesfälle in Russland: Fensterstürze, erweiterte Suizide

Gerashchenko hatte mehrere Auszeichnungen der russischen Regierung erhalten, darunter die Medaille "Verdienste um das Vaterland", wie "Vice" berichtet.

Der Tod von Gerashchenko reiht sich ein in eine Liste weiterer Todesfälle in Russland. Wie das ZDF berichtet, starb vor einer Woche Wladimir Sungorkin, Chefredakteur der russischen Boulevardzeitung "Komsomolskaja Prawda". Laut russischer Nachrichtenagentur Tass starb der als Top-Propagandist geltende Mann im Alter von 68 Jahren an einem Schlaganfall. Die "Komsomolskaja Prawda" gilt als Sprachrohr des Kremls.

Weitere Todesfälle sind:

  • Iwan Peschorin, Chef der Russischen Gesellschaft für die Entwicklung des Fernen Ostens und der Arktis. Er war verantwortlich für die Erschließung von Bodenschätzen in der Arktis. Medienberichten zufolge stürzte er von seiner fahrenden Privatjacht.
  • Rawil Maganow, Vorstandsvorsitzender beim Öl-Giganten Lukoil, der Anfang September verstarb. Russischen Medienberichten zufolge stürzte er aus einem Krankenhausfenster, als er beim Rauchen stolperte. Im März hatte sich Lukoil öffentlich für ein Ende des Krieges in der Ukraine ausgesprochen.
  • Dan Rapoport stürzte im August vor seiner Wohnung in Washington. Der lettisch-amerikanische Unternehmer war ein bekannter Putin-Kritiker.
  • Der Milliardär und Ex-Vorstand bei Lukoil, Alexander Subbotin, starb im Mai. Er wurde tot in der Moskauer Wohnung eines "Schamanen" gefunden; angeblich starb er an einem gescheiterten Heilversuch wegen Alkoholsucht.
  • Wenige Tage vor Subbotin kam der Chef des Gazprom-Skiressorts Krasnaja Poljana, Andrej Krukowski, ums Leben. Er stürzte bei einer Bergwanderung.
  • Sergej Protosenja, Manager beim russischen Energieunternehmen Novatek, erhängte sich im April in seinem Ferienanwesen im spanischen Lloret de Mar. Seine Frau und Tochter wurden mit tödlichen Stichverletzungen gefunden. Die Ermittler gehen von einem erweiterten Suizid aus.
  • Einen Tag zuvor wurde die Leiche von Wladislaw Avayew gefunden, ehemaliger Vizepräsident der Gazprombank. Er wurde gemeinsam mit seiner Frau und seiner Tochter mit Schusswunden in einer Wohnung in Moskau gefunden. Auch hier ist von erweitertem Suizid die Rede, es gebe jedoch Zweifel.
  • Ende März wurde Wassili Melnikow, Besitzer eines russischen Arzneimittelunternehmens, tot aufgefunden. Auch hier wurden seine Frau und Kinder getötet; man geht von erweitertem Suizid aus.
  • Der russische Oligarch Mikhail Watford wurde Ende Februar erhängt in seiner Villa im britischen Surrey gefunden.
  • Einen Tag nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges, am 25. Februar, wurde die Leiche des stellvertretenden Generaldirektors von Gazprom, Alexander Tjuljakow, gefunden. Laut Medienberichten hatte er sich erhängt.
  • Ende Januar wurde der Gazprom-Manager Leonid Shulman tot in einem Landhaus entdeckt. Auch hier gehen die Behörden von Selbstmord aus.

Rat und Hilfe

Sie haben suizidale Gedanken? Hilfe bietet die Telefonseelsorge. Sie ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr unter (0800) 1110111 und (0800) 1110222 erreichbar. Auch eine Beratung über E-Mail ist möglich.  Eine Liste mit bundesweiten Hilfsstellen findet sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention.

Angehörige zweifeln an den erweiterten Suiziden. Der Sohn von Sergej Protosenja sagte der britischen Zeitung "Daily Mail", dass er glaube, seine Familienangehörigen seien ermordet worden. "Mein Vater ist kein Mörder", sagte Fedor Protosenja. "Er konnte ihnen niemals etwas anhaben. Ich weiß nicht, was in dieser Nacht passiert ist, aber ich weiß, dass mein Vater sie nicht verletzt hat."

Zweifel an Suiziden

Wie das ZDF berichtet, soll kein Abschiedsbrief gefunden worden sein und auf der Kleidung von Sergej Protosenja seien keine Blutspuren gefunden worden, obwohl Frau und Tochter blutüberströmt gewesen seien.

Auch im Fall Avayew wurden Zweifel angemeldet. Igor Volobuyev, ebenfalls ehemaliger Vizepräsident der Gazprombank, sagte in einem Interview mit der ukrainischen Nachrichtenseite "Liga": "Es ist schwer zu glauben, dass Avayev seine 13-jährige Tochter und seine Frau erschossen und Selbstmord begangen hat. Meiner Meinung nach ist dies ein inszenierter Selbstmord."

Quellen: Ria Novosti, "Vice", ZDF, Telegramkanal 112, "Liga", "Daily Mail"

rw

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