Krieg in der Ukraine Russischer Hardliner stellt Unabhängigkeit Litauens in Frage – Kreml lässt das unkommentiert

Plakat an einem Haus in Vilnius
"Putin, Den Haag wartet auf dich", steht auf einem riesigen Transparent an einem Hochhaus in Vilnius, der Hauptstadt von Litauen. Ein russischer Hardliner stellt die Souveränität des Landes in Frage.
© Michael Kappeler / Picture Alliance
Ausländische Kämpfer in Diensten der Ukraine zum Tode verurteilt +++ Ukraine und Russland tauschen weitere Leichen aus +++ Polens Präsident kritisiert Scholz und Macron für Gespräche mit Putin +++ Die Nachrichten zum Krieg in der Ukraine im stern-Ticker.

Tag 106 der russischen Invasion in der UkraineDie russischen Truppen stehen möglicherweise kurz vor der Übernahme der Kontrolle im ostukrainischen Gebiet Luhansk. Das ist ein wichtiges Kriegsziel von Präsident Putin. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nennt den erbitterten Kampf um Sjewjerodonezk eine der vielleicht schwersten Schlachten des Krieges mit Russland. Nach den mehr als dreimonatigen Gefechten könnte die Einnahme der strategisch wichtigen Stadt eine Vorentscheidung bringen im Ringen um die Donbass-Region. Russland hatte das Nachbarland am 24. Februar angegriffen.

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22.46 Uhr: Macron sagt Ukraine weitere schwere Waffen zu

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat der Ukraine bei Bedarf die Lieferung weiterer schwerer Waffen für ihren Abwehrkampf gegen den russischen Angriffskrieg zugesichert. In einem Telefonat mit dem Präsidenten Wolodymyr Selenskyj habe Macron betont, dass sein Land weiter an der Seite der Ukraine stehe, teilte der Élyséepalast in Paris mit. Macron habe Selenskyj nach den Bedürfnissen in Bezug auf militärische Ausrüstung, politische und finanzielle Unterstützung sowie humanitäre Hilfe gefragt. Frankreich hat der Ukraine bereits rund ein Dutzend Caesar-Haubitzen geliefert und ukrainische Soldaten in Frankreich in der Bedienung der Geschütze trainiert. 

20.45 Uhr: Bekannter russischer Nationalist stellt Souveränität von Litauern in Frage

Der ultranationalistische Hardliner Jewgeni Fjodorow hat im russischen Parlament die Unabhängigkeit des Nato-Staates Litauen öffentlich in Frage gestellt. Als Rechtsnachfolger der Sowjetunion müsse Russland dem baltischen Staat die Souveränität aberkennen. Wie der "Spiegel" berichtet, fordert der 59-jährige Abgeordnete dies in einem Gesetzentwurf, den er der Staatsduma zur Prüfung vorgelegt habe. Schon den von Michail Gorbatschow eingesetzten Staatsrat der UdSSR hält der Ultranationalist für illegal. Da es 1990 zudem kein Referendum gegeben habe und eine angeblich vorgeschriebene Frist zur Klärung strittiger Frage einfach verstrichen sei, sei Litauens Unabhängigkeit illegal. Das Land müsse daher aus der Nato ausgeschlossen werden, so Fjodorow.

Der Zeitung "Komsomolskaja Prawda" sagte er zudem, Litauen habe im Vergleich zu den anderen baltischen Staaten "Priorität", da es zwischen Russland und der Enklave Kaliningrad liegt. Es sei möglich, dass man im Laufe des Konflikts einen Korridor nach Kaliningrad durch litauisches Gebiet schaffen müsse. Der Kreml kommentierte die Äußerungen des Hardliners nicht. Völkerrechtlich ist der Vorstoß unsinnig. Laut dem früheren litauischen Außenminister Audronius Azubalis hat das damalige russische Parlament den Vertrag über die Unabhängigkeit Litauens 1992 ratifiziert.

20.26 Uhr: Kiew kündigt Städtepartnerschaft mit Minsk

Weil Belarus den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine unterstützt, hat die ukrainische Hauptstadt Kiew der belarussischen Metropole Minsk die Städtepartnerschaft gekündigt. Dies habe der Stadtrat von Kiew so entschieden, teilte Bürgermeister Vitali Klitschko mit. "Minsk kann man kaum noch eine Partnerstadt von Kiew nennen. Also hindert uns nichts daran, die Entscheidung zur Aufhebung des Status' für die Hauptstadt von Belarus zu treffen", betont der frühere Box-Weltmeister. Von Belarus aus flögen Raketen in ukrainische Städte und Dörfer, zudem seien auch von dort aus russische Truppen in die Ukraine einmarschiert. Die Städtepartnerschaft war vor 25 Jahren geschlossen worden.

18.38 Uhr: Putin will wie Zar Peter der Große russische Erde "zurückholen"

Kremlchef Wladimir Putin stellt den von ihm befohlenen Krieg gegen die Ukraine auf eine Ebene mit dem Großen Nordischen Krieg unter Russlands Zar Peter I. und spircht von einer Rückholaktion russischer Erde . Peter habe das Gebiet um die heutige Millionenstadt St. Petersburg nicht von den Schweden erobert, sondern zurückgewonnen. "Offenbar ist es auch unser Los: Zurückzuholen und zu stärken", zieht Putin laut der Nachrichtenagentur Interfax Parallelen zum Krieg gegen die Ukraine.

Am 9. Juni ist der 350. Geburtstag von Peter dem Großen, der sich als erster russischer Zar den Titel Imperator gab und mit Eroberungen im Norden Russland einen Zugang zur Ostsee sicherte - als so genanntes "Fenster nach Europa". Seit dieser Zeit habe sich fast nichts geändert, behauptet Putin nun in einem Gespräch mit Jungunternehmen im Vorfeld des Internationalen Petersburger Wirtschaftsforums. Auch damals habe kein europäischer Staat das Gebiet als russisch anerkannt. "Dabei haben dort seit Jahrhunderten neben den finno-ugrischen Stämmen auch Slawen gelebt", sagte der Kremlchef.

18.30 Uhr: Ernte könnte drastisch einbrechen

 Wegen des russischen Angriffskriegs könnte die Ernte in der Ukraine im nächsten Jahr nach Einschätzung der Kiewer Regierung um bis zu 40 Prozent geringer ausfallen. "Wir haben 25 Prozent der Anbaufläche verloren", sagt der stellvertretende Minister für Agrarpolitik und Ernährung, Taras Wyssotzkyj, dem US-Sender CNN. "Was die Mengen angeht, ist es natürlich mehr." Er gehe davon aus, dass die Ernte um 35 bis 40 Prozent oder rund 30 Millionen Tonnen zurückgehen werde. Der Vizeminister beschuldigt Russland, in den von russischen Truppen besetzten Gebieten in der Ukraine 500 000 Tonnen Getreide gestohlen zu haben.

17.34 Uhr: Mindestens 13 Tote nach Beschuss von Separatistengebiet in Ukraine

Im ostukrainischen Separatistengebiet Luhansk sind in der Stadt Stachanow mindestens 13 Menschen durch Raketenwerferbeschuss getötet worden. "Es sind etwa 20 Raketen des Typs Uragan eingeschlagen", teilt Republikchef Leonid Passetschnik russischen Medien mit. Zudem seien mindestens sechs Verletzte aus den Trümmern geborgen worden.

Die moskautreuen Separatisten warfen der ukrainischen Armee vor, ein Wohngebiet beschossen zu haben. Ukrainische Stellungen befinden sich in etwa zwölf Kilometer Entfernung von der Industriestadt. Die Angaben der Kriegsparteien lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

16 Uhr: Separatisten verurteilen Ausländer in ukrainischer Armee zum Tod

Das Oberste Gericht der separatistischen selbsternannten Donezker Volksrepublik (DVR) verurteilt drei ausländische Kämpfer in den Reihen der ukrainischen Streitkräfte als Söldner zum Tode. Die Todesstrafe werde für "alle Verbrechen zusammengenommen" verhängt, heißt es laut der russischen Nachrichtenagentur Tass in der Urteilsbegründung. Bei den Angeklagten handelt es sich um zwei Briten und einen Marokkaner. Sie können innerhalb eines Monats gegen das Urteil noch Berufung einlegen.

In Russland gilt ein Moratorium auf die Todesstrafe. In den Separatistenrepubliken gilt dieses Moratorium hingegen nicht. Laut Medienberichten könnte die Hinrichtung durch Erschießen vollzogen werden.

15.32 Uhr: VW stellt Co-Fertigung in Russland ein – Abfindung für Beschäftigte

Der VW-Konzern zieht sich aus der Produktion im russischen Montagewerk Nischni Nowgorod an der Wolga zurück und bietet den Beschäftigten eine Abfindung, wenn sie selbst kündigen. Hintergrund ist, dass am Standort bisher eine gemeinsame Fertigung mit dem Autobauer Gaz lief – dessen Miteigentümer Oleg Deripaska steht im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg auf westlichen Sanktionslisten. Zunächst gab es eine befristete Ausnahmegenehmigung für den Weiterbetrieb, die zuletzt aber nicht verlängert wurde, wie es aus Wolfsburg hieß. Zuvor hatte auch die russische Tageszeitung "Kommersant" über die jüngste Entwicklung berichtet.

15.29 Uhr: Stoltenberg begrüßt Aufstockung der Bundeswehrtruppe in Litauen

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat in einem Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die geplante Entsendung weiterer deutscher Soldaten nach Litauen und das 100-Milliarden-Programm zur Aufrüstung der Bundeswehr begrüßt. Das twitterte Stoltenberg nach einer Videokonferenz mit dem Kanzler zur Vorbereitung des Nato-Gipfels vom 28. bis 30. Juni in Madrid. Der deutsche Regierungssprecher Steffen Hebestreit teilte zu dem Gespräch mit: "Der Bundeskanzler und der Generalsekretär waren sich einig, dass vom Gipfel ein Signal der Entschlossenheit und Geschlossenheit der Allianz ausgehen müsse."

15.02 Uhr: Von der Leyen fordert nachhaltigen Wiederaufbau der Ukraine

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat einen nachhaltigen Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg gefordert. "Wir werden die Ukraine wieder aufbauen. Das ist nicht nur in unserem Interesse, sondern auch unsere moralische Pflicht", sagte die 63-Jährige in Rom in einer Diskussionsrunde anlässlich des Auftakts zum Festival "Neues Europäisches Bauhaus". "Aber wenn wir das machen, dann machen wir es auch richtig." Von der Leyen zufolge stand am Donnerstagnachmittag eine Debatte mit dem Bürgermeister der vom Krieg schwer zerstörten Stadt Mariupol und ukrainischen Architekten an. .

14.33 Uhr: EU-Kandidat Ukraine? Empfehlung der EU-Kommission wohl am 17. Juni

Die EU-Kommission wird voraussichtlich kommende Woche Freitag (17. Juni) ihre Empfehlung darüber abgeben, ob der Ukraine der EU-Kandidatenstatus gewährt werden sollte. Bereits am Montag werde das Kollegium der Kommissare eine Orientierungsdebatte darüber halten, sagte ein Sprecher der Brüsseler Behörde. Dabei werde es auch um die Beitrittsanträge von Moldau und Georgien gehen. Der Sprecher betonte, dass die Planung noch nicht endgültig sei. Nach der Empfehlung der EU-Kommission will der EU-Gipfel am 23. und 24. Juni über den Antrag der Ukraine beraten.

13.45 Uhr: Fast fünf Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine in Europa registriert

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine sind nach UN-Angaben in ganz Europa fast fünf Millionen Ukrainer als Flüchtlinge registriert worden. "Der Krieg in der Ukraine hat eine der größten Flüchtlingskrisen der Welt ausgelöst", teilte das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR in Genf mit. Ein Datenportal der UN-Organisation zur Lage in der Ukraine zeigt, dass seit dem 24. Februar insgesamt 4.816.923 Ukrainer in 44 europäischen Ländern als Flüchtlinge gezählt wurden. Tatsächlich haben aber vermutlich weitaus mehr Menschen das Land verlassen: Den Daten des UNHCR zufolge fanden bis zum 7. Juni mehr als 7,3 Millionen Grenzübertritte aus der Ukraine statt, weitere 2,3 Millionen Grenzübertritte in das Land hinein wurden aufgezeichnet. Den UN-Beamten zufolge reisten Menschen aus verschiedenen Gründen wieder ein, etwa, um ihre Angehörigen zu treffen, ihren Besitz zu überprüfen, um anderen bei der Flucht zu helfen oder auch um an ihre Arbeitsstelle zurückzukehren.

13.24Uhr: Selenskyj fordert Ausschluss Russlands aus Welternährungsorganisation

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert den Ausschluss Russlands aus der Welternährungsorganisation (FAO). Während einer Sitzung des Ministerrats der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sagte Selenskyj: "Was hat Russland dort verloren, wenn es mindestens 400 Millionen und möglicherweise bis zu einer Milliarde Menschen in den Hunger treibt?" Kiew wirft Russland vor, mit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine den weltweiten Anstieg der Preise für Getreide verursacht zu haben. Moskau macht dafür hingegen die westlichen Sanktionen gegen Russland verantwortlich.

In ukrainischen Häfen liegen infolge des Ukraine-Kriegs derzeit dutzende Container-Schiffe fest, die vom russischen Militär blockiert werden. Damit können die ukrainischen Exporte von Weizen, Sonnenblumenöl, Dünger und anderen Gütern nicht wie gewohnt abgewickelt werden. Erschwert wird die Ausfuhr zudem durch Seeminen im Schwarzen Meer. Nach Angaben Selenskyjs liegen derzeit bis zu 25 Millionen Tonnen Getreide auf Halde. Im Herbst könnte die Zahl auf 75 Millionen Tonnen steigen.

Bericht aus Moskau über Getreidekrise und verschobene Putin-Fernsehshow
Bericht aus Moskau über Getreidekrise und verschobene Putin-Fernsehshow
"Die Häfen bleiben vermint" – Reporter über Lawrow-Gespräche und mögliches Ende der Getreidekrise

12.58 Uhr: Kiew – Jeden Tag "bis zu hundert getötete ukrainische Soldaten"

Die Ukraine verzeichnet in den Kämpfen mit der russischen Armee Tag für Tag "bis zu hundert getötete Soldaten und bis zu 500 verwundete" Soldaten. Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow erklärte am Donnerstag, die Lage an den Frontlinien in der östlichen Donbass-Region sei schwierig. "Der Kreml übt weiter Druck mit schierer Masse aus, gerät ins Stolpern, stößt auf starken Widerstand und erleidet hohe Verluste", hieß es in der in Onlinediensten veröffentlichten Erklärung Resnikows.

12.10 Uhr: Deutschland könnte russische Oligarchen in bestimmten Fällen enteignen

Bundesjustizminister Marco Buschmann hat sich offen dafür gezeigt, russische Oligarchen zu enteignen und deren Vermögen für den Wiederaufbau der Ukraine zu nutzen. Man müsse einen Unterschied zwischen staatlichem und privatem Vermögen machen, sagt der FDP-Politiker am Rande eines EU-Treffens in Luxemburg. Bei Privatvermögen bestehe die Möglichkeit, Vermögensgegenstände "abzuschöpfen". Voraussetzung sei, dass vor Gericht nachgewiesen werde, dass Verdächtige etwa an Kriegsverbrechen oder der illegalen Kriegsführung beteiligt waren. Russland sei für schreckliche Kriegsschäden in der Ukraine verantwortlich, sagt Buschmann. Der Wiederaufbau des Landes werde viel Geld kosten. "Das wird die Ukraine nicht alleine machen können." Deshalb müsse darüber diskutiert werden, wie man Russland daran beteilige. Die EU-Kommission hatte im vergangenen Monat vorgeschlagen, das Umgehen von Sanktionen in allen EU-Staaten als Straftat zu definieren. In derlei Fällen sollten Oligarchen enteignet werden können.

11.21 Uhr: Gouverneur – Ukraine könnte Kämpfe in Sjewjerodonezk mit neuen Waffen schnell beenden

Die Ukraine könnte die umkämpfte Stadt Sjewjerodonezk im Osten des Landes nach Einschätzung des Regionalgouverneurs mit westlichen Waffensystemen schnell wieder unter ihre Kontrolle bringen. Sobald die ukrainische Armee über Artillerie mit großer Reichweite verfüge, "um Duelle mit russischer Artillerie austragen zu können, können unsere Spezialkräfte die Stadt in zwei bis drei Tagen säubern", sagt der Gouverneur von Luhansk, Serhij Gajdaj, in einem veröffentlichten Interview. Die USA und Großbritannien hatten kürzlich die Lieferung von Mehrfachraketenwerfern an die Ukraine angekündigt, mit denen Ziele in bis zu 80 Kilometern Entfernung angegriffen werden können. Die ukrainischen Streitkräfte in Sjewjerodonezk seien weiterhin "hoch motiviert", die Einheiten hielten "alle ihre Positionen", so Gajdaj. Russland greife die von den ukrainischen Truppen kontrollierten Gebiete ununterbrochen mit Artillerie an. 

10.35 Uhr: Russische Armee beschießt Chemiefabrik in Sjewjerodonezk

Im Osten der Ukraine setzen russische Truppen nach ukrainischen Angaben ihre Angriffe auf Wohn- und Industriegebiete in der schwer umkämpften Stadt Sjewjerodonezk fort. Durch den Beschuss der Chemiefabrik Azot seien vier Menschen getötet worden, schrieb der Gouverneur des Gebiets Luhansk, Serhij Hajdaj, im sozialen Netzwerk Telegram. Die Anlage wird nach ukrainischen Angaben von Hunderten Zivilisten als Luftschutzbunker genutzt. Eine vergleichbare Einkesselung durch russische Truppen wie bis vor kurzem in der Hafenstadt Mariupol drohe derzeit jedoch nicht. Von russischer und prorussischer Seite wird immer wieder der Vorwurf geäußert, die Ukrainer hätten die Zivilisten in die Azot-Keller gelockt und das Gelände dann vermint. Belege dafür gibt es nicht. Mehr als 90 Prozent des Luhansker Gebiets, in dem Sjewjerodonezk liegt, ist von Russland bereits besetzt. Die Angaben der Kriegsparteien können oft nicht von unabhängiger Seite überprüft werden.

9.01 Uhr: Nato-Generalsekretär sagt Besuch in Berlin kurzfristig ab

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat seinen für heute geplanten Besuch in Berlin kurzfristig abgesagt. Dies teilte das Bundesverteidigungsministerium mit. Ein Nato-Sprecher in Brüssel sagt auf Anfrage, Stoltenberg sei erkrankt und werde den geplanten Besuch in Deutschland "nicht persönlich, sondern aus der Ferne" absolvieren. Im Gespräch ist eine Video-Konferenz. Das Bundespresseamt sagt eine geplante Pressekonferenz von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Stoltenberg vor dem ursprünglich geplanten Treffen am Mittag in Berlin ab. Am Nachmittag hätte Stoltenberg auch mit Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht zusammenkommen sollen. Dem Nato-Sprecher zufolge leidet Stoltenberg an Gürtelrose, die nach einer Covid-19-Erkrankung auftreten könne. Stoltenberg arbeite deshalb von zuhause. Gürtelrose ist eine ansteckende Viruserkrankung mit Hautausschlag. Stoltenberg hatte sich Mitte Mai mit Corona infiziert.

8.45 Uhr: Lauterbach will Schwerverletzten in Ukraine helfen

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will heute bei einem Besuch in der Ukraine deutsche Hilfe bei der Versorgung von Verletzten anbieten. Dies kündigte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk an. Dabei gehe einerseits um Behandlungen in Deutschland, aber auch um die Versorgung Verletzter in dem kriegsgeplagten Land selbst. Lauterbach nannte konkret Hilfen für Menschen mit schweren Verbrennungen sowie für Menschen, die im Krieg Gliedmaßen verloren haben. Die Reise findet demnach auf Einladung des ukrainischen Gesundheitsministers statt.

Kriegsbeginn waren dort auch schon Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), Entwicklungsministerin Swenja Schulze (SPD) und Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) zu Besuch.

7.40 Uhr: Scholz und Lambrecht empfangen Nato-Generalsekretär Stoltenberg in Berlin

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) empfängt heute (12.00 Uhr) Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg im Bundeskanzleramt. Im Mittelpunkt des Treffens steht die Vorbereitung des Nato-Gipfels Ende Juni in Madrid. Nach Angaben der Bundesregierung wird es dabei auch um die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine auf die euro-atlantische Sicherheit gehen. Zu Beginn des Treffens ist ein gemeinsames Pressestatement geplant.

Am Nachmittag (15.00 Uhr) trifft Stoltenberg Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD). Ihrem Ministerium zufolge geht es in dem Gespräch um eine Vielzahl aktueller Themen, darunter die geplante Verstärkung der Nato-Ostflanke, das neue strategische Konzept der Nato sowie der Nato-Beitritt von Finnland und Schweden. Vor Beginn des Gesprächs ist ein ebenfalls ein Pressestatement vorgesehen.

6.35 Uhr: Militärexperten – Russland beherrscht Cyber-Krieg überraschend schlecht

Russland hat in der Ukraine mit Methoden der digitalen Kriegsführung bislang deutlich weniger Erfolg, als von vielen erwartet. Cybersicherheitsexperten hätten mit verheerenden, großflächigen Cyberangriffen auf die Ukraine gerechnet, sagt General Karol Molenda, Leiter des polnischen Nationalen Cybersicherheitszentrums. Aber die Ukraine sei vorbereitet gewesen und "hat den Angriffen Russlands standgehalten".

Der litauische Chef für Cybersicherheit, Oberst Romualdas Petkevicius, sagt der Nachrichtenagentur AFP, Russland sei offenbar nicht in der Lage, "einen koordinierten Cyber- und kinetischen Krieg zu führen". Derzeit gebe es überall in der Ukraine Cyber-Aktivitäten, "aber ich glaube nicht, dass sie sehr gut geplant sind".

Waffenlieferungen: Militärexperte über Aufnahme der Ukraine in Nato und EU
Waffenlieferungen: Militärexperte über Aufnahme der Ukraine in Nato und EU
© Carsten Rehder/ / Picture Alliance
"Ukrainische Mafia verkauft Waffen, die wir liefern": Wie sinnvoll ist die Aufnahme der Ukraine in Nato und EU?

5.10 Uhr: Gouverneur von Luhansk – Russland kontrolliert Großteil der Stadt

Nach schweren Kämpfen kontrolliert die russische Armee den größten Teil von Sjewjerodonezk. Das teilte der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, in seinem Telegramkanal mit. "Was das Industriegebiet (von Sjewjerodonezk) anbelangt: Dort halten sich unsere Verteidiger. Aber die Kämpfe gehen nicht nur in der Industriezone weiter – die Kämpfe finden eben in der Stadt statt." Die Lage im Industriegebiet sei jedoch nicht wie in der Stadt Mariupol, wo die Kämpfe direkt im Azovstal-Werk stattgefunden hatten. "Stand heute besteht keine Gefahr der Einkesselung", meinte Hajdaj. Über 90 Prozent des Luhansker Gebiets sei von Russland besetzt.

4.20 Uhr: Selenskyj – Sjewjerodonezk entscheidet über den Donbass

Präsident Selenskyj bezeichnet die Schlacht um Sjewjerodonezk als richtungsweisend für den Kampf im Osten des Landes. "Sjewjerodonezk bleibt das Epizentrum der Auseinandersetzungen im Donbass", sagt er in einer Videobotschaft. Das ukrainische Militär füge dem Gegner dort spürbare Verluste zu. "Das ist eine sehr brutale und schwere Schlacht. Vielleicht eine der schwersten dieses Krieges (...) In vielem entscheidet sich dort das Schicksal unseres Donbass."

3.05 Uhr: Polens Präsident kritisiert Scholz und Macron für Gespräche mit Putin

Der polnische Präsident Duda kritisiert, dass Kanzler Scholz und Frankreichs Präsident Macron weiter mit Putin Gespräche führen. "Diese Gespräche bringen gar nichts", erklärt Duda in einem "Bild"-Interview. Die Situation sei ähnlich wie mit Adolf Hitler im Zweiten Weltkrieg. "Und hat jemand während des Zweiten Weltkrieges auf diese Weise mit Adolf Hitler gesprochen?", fragt Duda. "Sagte jemand, dass er sein Gesicht bewahren muss? Dass man es so machen müsse, dass es nicht erniedrigend ist für Adolf Hitler?" Solche Stimmen kenne er nicht.

2.15 Uhr: Arktischer Rat – Russland bleibt isoliert

Wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine bleibt Russland im Arktischen Rat isoliert. "Wir beabsichtigen eine begrenzte Wiederaufnahme unserer Arbeit im Arktischen Rat in Projekten, die keine Beteiligung der Russischen Föderation beinhalten", teilen die restlichen Mitglieder Schweden, Dänemark, Finnland, Island, Kanada, Norwegen und die USA mit.

Anfang März hatten die Regierungen der Länder mitgeteilt, dass sie ihre Teilnahme an Aktivitäten des Rats aussetzen. Russland hält derzeit den Vorsitz im Arktischen Rat. Das Gremium gilt als wichtigstes Forum zur Zusammenarbeit in der Region rund um den Nordpol. Deutschland hat einen Beobachterstatus. "Entscheidungen im Namen des Arktischen Rates, die ohne unser Land angenommen werden, sind illegitim und verletzen das vorgesehene Konsensprinzip", kritisierte Russlands Botschafter in den USA, Anatoli Antonow.

1.50 Uhr: Gesandter Selenskyjs rechnet mit EU-Kandidatenstatus für Ukraine

Selenskyjs Sondergesandter für eine EU-Beitrittsperspektive zeigt sich nach Gesprächen in Berlin zuversichtlich, dass sein Land den Kandidatenstatus für die Europäische Union erhalten wird. Wenn die EU-Kommission in der kommenden Woche eine entsprechende Empfehlung abgebe, gehe er von einer Zustimmung der 27 Mitgliedstaaten bei ihrem Gipfeltreffen am 23. und 24. Juni in Brüssel aus, sagt der Minister für regionale Entwicklung, Oleksij Tschernyschow, der dpa. Er rechne auch mit einer Zustimmung Deutschlands. Die Bundesregierung war bisher noch zurückhaltend. Vom Kandidatenstatus bis zur EU-Mitgliedschaft dauert es in der Regel noch viele Jahre.

1.08 Uhr: Berichte über Tote und Verletzte bei russischen Angriffen

Bei Angriffen auf ukrainische Orte sind den Behörden zufolge mehrere Zivilisten getötet oder verwundet worden. Der Gouverneur des Gebiets Donezk, Pawlo Kyrylenko, macht Russland für vier Tote und fünf Verletzte in dem von Regierungstruppen kontrollierten Teil der Region im Osten des Landes verantwortlich. "Die Lage bleibt schwierig. Die Frontlinie steht unter ständigem Beschuss", teilte Kyrylenko mit. Die ukrainische Armee spricht von sieben abgewehrten russischen Angriffen im Donbass. Dabei seien 31 Kämpfer getötet und mehrere gepanzerte Fahrzeuge zerstört worden. Das russische Militär habe beim Beschuss ukrainischer Orte etwa 20 Häuser sowie zwei Schulen und eine Bahnstation zerstört. Die Angaben sind nicht unabhängig zu prüfen.

0.30 Uhr: Ukraine und Russland tauschen weitere Leichen aus

Die Ukraine und Russland übergaben nach Behördenangaben aus Kiew der jeweils anderen Seite die Leichen von 50 Soldaten. Unter den getöteten Ukrainern seien 37 "Helden", die sich an der Verteidigung des Azovstal-Werks beteiligt hätten, teilt das ukrainische Ministerium für die Wiedereingliederung der vorübergehend besetzten Gebiete in Kiew mit. Die Kämpfer hatten im Stahlwerk Azovstal in Mariupol die Stellung gehalten, bis Kiew die Stadt im Mai aufgab. Der Austausch fand nach ukrainischen Angaben entlang der Frontlinie im Gebiet Saporischschja im Süden des Landes statt.

DPA · AFP
mth / fs / wue

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