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Zweifelhafte Empfehlungen Wodka und Sauna: Weißrussischer Diktator gibt Tipps gegen das Coronavirus

Weißrusslands Machthaber Alexander Lukaschenko will die Grenzen weiter geöffnet halten
Weißrusslands Machthaber Alexander Lukaschenko will die Grenzen weiter geöffnet halten
© Hans Punz / Picture Alliance
Volle Cafés, Fußball in ausverkauften Stadien und Schulbetrieb - inmitten eines allgemeinen Lockdowns in Europa gibt sich Weißrussland als Insel der Freiheit. Diktator Lukaschenko hat außerdem ein paar zweifelhafte Tipps gegen das Coronavirus parat.

Kämpferisch zeigte sich der 65-jährige Alexander Lukaschenko dieser Tage in Eishockey-Montur im Stadion in Minsk bei einer Partie. Wintersport sei das beste Mittel im Kampf gegen das Coronavirus, meinte der Staatschef von Weißrussland (Belarus) launig. Während in Europa das Leben zum Stillstand kommt, wettert Präsident Lukaschenko fast täglich gegen die "Corona-Panik" allerorten. Und er warnt immer wieder, dass der wirtschaftliche Schaden durch den Lockdown überall größer sein werde als die Virus-Gefahr.

"Es ist besser, im Stehen zu sterben, als auf den Knien zu leben", erklärte er in einem Interview mit dem staatlichen Fernsehen. Seinen Landsleuten empfahl er, Wodka zu trinken, um "das Virus zu vergiften", oder in die traditionelle Sauna zu gehen. 

"Ich habe bereits erwähnt, dass die Leute in die Sauna gehen sollten, um verschiedene Viren zu bekämpfen, einschließlich des Coronavirus. Die Covid-19-Erreger mögen keine hohen Temperaturen und bei 60 Grad Celsius sterben sie laut Experten ab", sagte Lukaschenko. "Und wenn sie aus der Sauna kommen, sollten Sie nicht bloß die Hände waschen, sondern ein Glas Wodka trinken." Er trinke zwar selbst keinen Alkohol und befürworte dies sonst auch nicht, aber in den kommenden Tagen sei es ok. 

In Weißrussland wird noch Fußball gespielt 

Ausgerechnet der als "letzter Diktator Europas" verschriene Lukaschenko setzt also in diesen Krisenzeiten auf beispiellose Freiheiten statt auf Verbote und Strafen. Der Schulbetrieb? Läuft. Die Restaurants und Cafés in der Hauptstadt Minsk? Gut besucht. Geschäfte und Büros? Geöffnet. Dabei gelten die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation im Kampf gegen die Pandemie auch für Belarus, das zum Wochenstart 152 Infizierte meldete.

Weltweit für Aufsehen sorgte zuletzt auch, dass Weißrussland als einziges Land seine erste Liga noch Fußball spielen lässt. Der Ball in der nationalen Meisterschaft rollt - in den Stadien jubeln Zuschauer auf den Tribünen. Selbst beim Nachbarn Russland - oft das Maß der Dinge für das Leben in Belarus - steht das öffentliche Leben fast still. Aber Lukaschenko betont, dass er sich von niemandem abbringen lasse von seinem Kurs. Er sieht den Höhepunkt der Corona-Krise erreicht.

Weißrussland besser aufgestellt als Italien oder USA

Dabei bemerken auch unabhängige Medien, dass das Land mit seinen 9,5 Millionen Einwohnern medizinisch durchaus besser aufgestellt sei als etwa die Krisenpunkte Italien, Spanien oder die USA. Demnach gibt es mehr als 2000 Beatmungsmaschinen in der Ex-Sowjetrepublik - ein deutlich höherer Pro-Kopf-Anteil als anderswo. Vor allem aber die Staatsmedien zeichnen das Bild eines Landes, das in der weltweiten Krise alles im Griff hat.

So erklärt das etwa Irina Glinskaja, die stellvertretende Chefärztin des nationalen Zentrums für Hygiene und Epidemiologie, dass Coronavirus-Patienten sofort im Krankenhaus isoliert würden. Epidemie-Brigaden würden dann ausrücken, um Wohnung, Arbeitsplatz und andere Aufenthaltsorte des Betroffenen zu desinfizieren. "Die Kollegen in Deutschland etwa verfolgen nur die engsten Kontakte (.) dieser Menschen. Sie werden dort nicht auf Station isoliert, sondern können in Selbstisolation. Das ist auch eine Möglichkeit. Aber unsere Maßnahmen gehen weiter", sagt Glinskaja der Staatsagentur Belta. 

Lukaschenko will die Grenzen weiter offen halten

Das von Menschenrechtlern als Überwachungsstaat kritisierte Belarus macht nach Darstellung von Präsident Lukaschenko mithilfe von Polizei, KGB-Geheimdienst und Videokameras jeden ausfindig, der mit einem Infizierten Kontakt hatte. "Wir kümmern uns. Aber ohne Lärm und ohne Staubaufwirbeln", sagt er. 

"Wegen dieser Psychose ist heute die Wirtschaft praktisch der ganzen Welt zum Erliegen gekommen", meint Lukaschenko. Und er kritisiert auch, dass alle Nachbarn - die EU-Staaten Polen, Litauen und Lettland sowie die Ukraine und Russland ihre Grenzen geschlossen haben. Belarus werde trotzdem seine Funktion als Transitland für den Warenverkehr weiter erfüllen, betont er.

Noch kann Belarus sein Vorgehen mit vergleichsweise wenigen Coronavirus-Fällen begründen. Doch die Opposition wirft Lukaschenko Fahrlässigkeit vor. Auch in Belarus sähen die Menschen, was überall auf der Welt los ist - deshalb fruchte die Beschwichtigung nicht, meinte die christlich-konservative Partei Belarussische Volksfront. Die Menschen hätten Angst. Bildungs- und Vergnügungseinrichtungen müssten geschlossen, Veranstaltungen mit mehr als 30 Menschen verboten werden, fordert die Partei.

Doch Lukaschenko, der seit mehr als 25 Jahren regiert - so lange wie niemand sonst in Europa - schlug Bedenken auch am Dienstag wieder in den Wind. Schon gar nicht, sagte er, sehe er einen Grund, die Präsidentenwahl im August abzusagen. Da will er noch einmal antreten.

ivi DPA

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