"Anne Will" zu den Sondierungen Laschet als Kanzler? Bei der K-Frage druckst CDU-Mann Röttgen wortreich herum

Von Andrea Zschocher
Die Gesprächsrunde bei "Anne Will"
Bei "Anne Will" ging es am Sonntagabend um die laufenden Sondierungsgespräche nach der Bundestagswahl
© NDR / Wolfgang Borrs
Die Parteien sprechen miteinander, auch bei "Anne Will". Der Erkenntnisgewinn der Gesprächsrunde am Sonntagabend aber tendiert gen Null. 

"Scholz und Laschet auf Partnersuche – für wen entscheiden sich FDP und Grüne?" – das wollte Anne Will von ihren Gästen wissen. Und natürlich erwartete niemand ernsthaft eine Antwort darauf, dafür sind die ersten Sondierungsgespräche noch viel zu vage. Das Problem an einem solchen Titel für die Sendung ist, dass diese dann nur recht inhaltsleer werden kann, weil einfach niemand wirklich etwas Neues zum Gespräch beitragen kann. So werden also Worte wie "progressiv", "Aufbruch", "Auftrag der Wähler" und "Veränderung" immer und immer wieder in den Raum geworfen, in der Hoffnung, dass diese Stunde Politiktalkshow einfach irgendwann auch vorbei sein möge. 

Zu Gast bei "Anne Will" waren:

  • Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin in Mecklenburg-Vorpommern
  • Christiane Hoffmann, Journalistin im Hauptstadtbüro des "Spiegel"
  • Tina Hassel, Leiterin ARD-Hauptstadtstudio per Liveschalte
  • Norbert Röttgen (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag
  • Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen), Mitglied des Bundestages
  • Otto Fricke (FDP), Mitglied des Bundestages 

Und dann kam Norbert Röttgen

Auf die Frage ob Armin Laschet bei einer möglichen Jamaika-Koalition der neue Bundeskanzler wäre, gab Norbert Röttgen eine sehr weit ausschweifende Antwort, die genau diesen Themenpunkt unberührt ließ. Er sprach davon, dass vor den Personalfragen erst die Sondierungsfragen geklärt werden müssten, vom Redebedarf innerhalb der Partei und schweren Entscheidungen. Ein Armin Laschet als Kanzler hieße für ihn aber auch "das Wahlergebnis ignorieren". Und während Röttgen sich einerseits recht deutlich gegen einen Kanzler Laschet aussprach, wollte er andererseits auch am liebsten überhaupt nicht über Personalien reden. Denn das würde den ganzen Koalitionsverhandlungen ja auch im Wege stehen. 

Koalition braucht Vertrauen

Wobei ihm auch klar ist, dass FDP und Grüne nicht wissen, mit wem sie denn da überhaupt verhandeln, wenn die Personalfrage ungeklärt sei. Weil in diesen Tagen ja alle zu allen Brücken bauen, warf Otto Fricke aber bestätigend ein, dass ja auch bei einer möglichen Ampel-Koalition nicht klar sei, wie viel Olaf Scholz oder Saskia Esken man da nun letztlich bekäme. "Vertrauen", so Fricke, sei "das Wichtigste". Aber genau damit täten sich gerade alle auch ein bisschen schwer.

Wobei Konstantin von Notz durchblicken ließ, dass er der SPD vielleicht doch einen Ticken mehr Vertrauen schenken würde, auch, weil ihm nicht klar sei, in welche Richtung die CDU sich entwickeln wird. Wird sie eher konservativer, um die Stammwählerschaft zurückzugewinnen oder progressiver, wie von Notz auch Norbert Röttgen lobte? Würden die Gespräche mit dem Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag geführt, die Voraussetzungen wären ganz andere und vermutlich auch das Angebot für Jamaika interessanter. 

Erneuerung auf allen Seiten

Bei der Union ist unbestreitbar viel im Umbruch, ein "Machtvakuum" sei laut der Journalistin Christiane Hoffmann durch den Rückzug Merkels entstanden, um das aber alle drumherum reden würden. Sie geht aber davon aus, dass die Zeichen ganz klar auf Ampel stehen, die Körpersprache der Beteiligten an den Gesprächen am Wochenende hätte da eine eindeutige Sprache gesprochen. Und auch, dass Scholz die Rhetorik von Grünen und FDP im Hinblick auf Erneuerung und Aufbruch schon übernehmen würde, sei für sie ein Zeichen. Dabei ist Olaf Scholz nun kein Ausbund an Erneuerung, egal wie sehr Manuela Schwesig bei "Anne Will" auch versuchte, dieses Bild zu zeichnen.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Dauerwerbesendung für die SPD

Neben der Dauerwerbesendung für Olaf Scholz war Schwesig vor allem damit beschäftigt, die Augen zu rollen über die Aussagen Norbert Röttgens. "Was Sie hier erzählen, ist ein Witz in Tüten", kommentierte sie dessen Hinweis, dass die CDU ja nur deswegen noch einen Regierungsauftrag für sich sehe, weil die Grünen und die FDP Gespräche führen möchten. Als der CDU-Politiker dann auch noch mehrfach wiederholte, dass die Union die letzte Volkspartei des Landes sei, rollte Schwesig genervt mit den Augen. Beim Thema Nord Stream 2 gab sie sich dann extrem schmallippig, es sei nicht der Rahmen für diese Gespräche, und betonte stattdessen gebetsmühlenartig wie wichtig es sei, nicht nach Unterschieden zu schauen sondern nach Gemeinsamkeiten. Und wenn man Unterschiede findet, dann in denen nach Gemeinsamkeiten zu suchen. 

Weitere Themenpunkte:

  • Gesprächskreis Grüne & FDP: Anne Will wollte mit Konstantin von Notz gern über den Gesprächskreis sprechen, den der nach den gescheiterten Koalitionsverhandlungen 2017 ins Leben gerufen hatte. Während sie über Whiskey und Interna plaudern wollte, erwiderte von Notz lediglich, dass es diesen Kreis gibt, um über die Jahre im Gespräch zu bleiben.
  • Wer kann was verändern? FDP und Grüne waren sich an diesem Abend einig, dass für sie vor allem relevant ist, in welcher Koalition sie die meisten ihrer Themen platzieren können. Ob Ampel oder Jamaika sei da nicht ganz so wichtig, so der Tenor. Allerdings zeigte zumindest Konstantin von Notz im Verlauf der Sendung dann doch eine Präferenz für die Ampel. 

Klar ist im Moment, was auch vor der Sendung galt: Bis eine Regierung steht, ist es noch ein weiter Weg. Während für die SPD als einzige der Weg klar sein dürfte, außer der Ampel gibt es eigentlich keine Alternative, halten sich alle anderen jede Tür offen. Das ist aus taktischen Gründen nachvollziehbar, aber vielleicht könnte immerhin Anne Will da einfach eine Runde aussetzen.