Die Berufung von Markus Söder zum neuen bayerischen Finanzminister wurde in der Berliner CSU-Landesgruppe mit sorgenvollen Mienen quittiert. Ministerpräsident Horst Seehofer möge doch endlich mal einen Politiker zum Minister machen, der auch das zweite juristische Staatsexamen hat und damit als Volljurist gilt, hieß es. Söder, der sich als "letztes Alphatier der CSU" versteht, hat nur das erste Staatsexamen, aber später promoviert. Das müsste bei Seehofer alle Alarmglocken schrillen lassen, meinen die Berliner, denn schon Ex-Superman Karl-Theodor zu Guttenberg hatte versucht, mit dem "Dr." das unterlassene zweite Examen wettzumachen. Söder, der an der Uni Erlangen-Nürnberg seinen Doktor gebaut hat, muss sich nun auf Nachfragen gefasst machen. Bestimmt werde auch sein Werk nun auf Komma und Fußnote geprüft, fürchtet man in der CSU.
*
Wo steht Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble politisch in der Euro-Krise? Selbst für Experten ist das kaum genau auszumachen. Und wo Wolfgang Schäuble fußballerisch steht, ist zumindesten erklärungsbedürftig. Bevor ihn das Attentat in den Rollstuhl zwang, kickte er in der Elf des Bundestages. Seine Position: Linksaußen. Vor seinen Sturmläufen rief er den Verteidigern gerne zu: "Kommste mit?" Heute wird er oft als Fan von Bayern München bezeichnet, was sich für einen in Baden geborenen Fußball-Fan eigentlich nicht gehört. Aber das stimmt ja auch nur bedingt. stern.de versicherte er jetzt, sein Fußball-Herz gehöre unverändert dem badischen SC Freiburg. Aber wie erklärt es sich dann, dass er seiner Kollegin Christine Lagarde, Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), versichert hat: "Christine, ich bin Anhänger von Bayern München"? Aus Schäubles Sicht ist das kein Widerspruch: "Erst wenn es um das Champions-League-Finale geht, bin ich Bayern-Fan. Bei den Spielen in der Bundesliga stehe ich hinter dem SC Freiburg. Aber dazu braucht man badische Gelassenheit. Denn das ist ein Verein, der nach dem sechsten Spieltag sagt: Ich bin Abstiegskandidat." Gut, dass Fußball mit Finanzpolitik wenig zu tun hat. Oder hat Finanzpolitik mit Fußball vielleicht sehr viel zu tun?
*
FDP-Entwicklungsminister Dirk Niebel wollte einst sein Ministerium abschaffen. Weil das an seinem ausgeprägten Drang auf einen Ministerstuhl scheiterte, versucht er jetzt, wenigstens seine Vorgänger vergessen zu machen. So hat er es abgelehnt, zum 50. Geburtstag des Ministeriums am 14. November seinen SPD-Amtsvorgänger Erhard Eppler als offiziellen Redner auftreten zu lassen. Deshalb sagten auch Egon Bahr und die dienstälteste Entwicklungshilfeministerin, die "rote Heide" Heidemraie Wieczorek-Zeul, die Feinerlichkeiten ab. Ein Mitarbeiter des Hauses über Niebel: "Der scheut den rednerischen Vergleich mit seinen Amtsvorgängern."
*
Bei den Grünen sehen viele mit großem Unbehagen dem nächsten Parteitag in Kiel entgegen. Nicht nur wegen der stetig fallenden Zahlen in den Umfragen, sondern aus einem ganz spezifischen Grund: Der Parteitag findet am Tag nach dem Bundespresseball statt, auf dem Berliner Journaille und Politik meist bis in den frühen Morgen hinein und selten ganz nüchtern ihre schwierige Beziehung pflegen. Was tun, damit der grüne Parteitag auf die gewünschte und angemessene politische Linie findet? Die Parteiführung bietet einen Sonderzug nach Kiel an, der freilich schon um acht Uhr am Samstagmorgen gen Norden startet. Immerhin wird in ihm ein "angemessenes Katerfrühstück" serviert. Fragt sich nur, Parteichefin Claudia Roth, gewöhnlich eine besonders ausgelassene Ballbesucherin, bis dahin ausgeschlafen hat.
*

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick
Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!
"Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen" und "Lass mich mit so einer Scheiße in Ruh,", hat Kanzleramtsminister Ronald Pofalla unlängst seinen Parteifreund Wolfgang Bosbach lautstark angemacht. Jetzt erinnern sich seine Parteifreunde hohnlachend daran, dass er vor fünf Jahren in einem Interview mit dem "Hamburger Abendblatt" auf die Frage, ob er als damaliger CDU-Generalsekretär mit Kritikern nicht oft "zu sanft" umgehe, gesagt hat: "Ich habe nichts gegen eine schneidige Auseinandersetzung in der Sache. Sich aber als Politiker zu profilieren, indem man Konkurrenten erniedrigt oder boshaft verletzt, ist nicht mein Stil." Was einmal mehr die These belegt: Politikerinterviews sind oft nur so dahergeschwätzt.