Streit um den Haushalt Kanzleramt, Finanzministerium und Co.: Bund plant mit 2,1 Milliarden Euro für eigene Bauprojekte

Bagger bereiten die Baustelle für den Erweiterungsbau des Bundeskanzleramts vor,
Bagger bereiten die Baustelle für den Erweiterungsbau des Bundeskanzleramts vor, es soll rund 777 Millionen Euro kosten
© Michael Kappeler / DPA
2,1 Milliarden Euro könnte die Ampel-Koalition für eigene Bauprojekte ausgeben, darunter ist auch das vielfach kritisierte Kanzleramt. Gleichzeitig will Finanzminister Christian Lindner im neuen Haushalt sparen.

Kanzleramt, Finanzministerium, Umweltministerium, Besucherzentrum des Bundestags plus weitere Gebäude: Der Bund hat eine ganze Reihe teurer Neubauprojekte in Planung, die nach Recherchen des Nachrichtenportals t-online zusammen mindestens 2,1 Milliarden Euro kosten. Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums sagte dem Portal, der Bedarf müsse neu geprüft werden, weil seit der Corona-Pandemie mehr mobil und zuhause gearbeitet werde. Daher sollten "auch alle Raumplanungen aus der Zeit vor der Pandemie sinnvollerweise überprüft werden".

Die CSU pflichtete bei. "Es ist nicht die Zeit für protzige Prestigebauten der Ampel", erklärte Generalsekretär Martin Huber. "Während viele Menschen am Monatsende nicht wissen, wie sie ihren Kühlschrank füllen, verprasst die unersättliche Schulden-Ampel Milliarden für unnötige Protz-Projekte."

Der Erweiterungsbau des Kanzleramts wurde 2016 noch unter dem damaligen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geplant. Die Kosten stiegen in den vergangenen Jahren aber von 485 Millionen Euro auf 600 Millionen, nun auf 777 Millionen Euro an. Heute spricht sich die Union gegen den Bau aus.

Fünf Bauprojekte soll der Bund neben dem Kanzleramt planen

Die haushaltspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Gesine Lötzsch, wies darauf hin, dass schon jetzt ein großer Teil der Beamten im Homeoffice arbeite. "Diese Entwicklung muss zu einer Reduzierung der Bürofläche führen", sagte sie t-online. Nötig sei daher ein Moratorium für weitere Bundesbauten. Auch stelle die Bundesregierung immer mehr Personal ein. "Das geht so nicht weiter. Wir brauchen einen Personaldeckel."

Die Projekte im Einzelnen:

  • Neben dem Bundeskanzleramt soll ein bogenförmiger Neubau aus Sandstein mit etwa 400 Büros für rund 777 Millionen Euro entstehen. Dieses Projekt, für das erste Arbeiten schon begonnen haben, stellte Finanzminister Christian Lindner (FDP) aber jüngst infrage.
  • Auch an den Plänen für einen Erweiterungsbau seines eigenen Finanzministeriums an der Wilhelmstraße will Lindner nicht festhalten und dort eher "bezahlbare Wohnungen" bauen lassen. Es sollte zwischen 600 und 800 Millionen Euro kosten und ab 2025 gebaut werden.
  • Wie t-online unter Berufung auf den Bundeshaushalt 2023 berichtet, kommen dazu noch 113 Millionen Euro für ein Bürogebäude an der Spree. Dort soll für etwa fünf Jahre der Bundespräsident mit seinen Mitarbeitern einziehen, während das Schloss Bellevue grundsaniert wird. Wer anschließend dort einziehen solle, ist unklar.
  • Ein Erweiterungsbau des Umweltministeriums soll für rund 240 Millionen Euro entstehen. Dort sollen auch Mitarbeiter des Berliner Abgeordnetenhauses und "noch nicht festgelegte Nutzer" unterkommen, wie t-online berichtet.
  • Ebenfalls an der Wilhelmstraße soll laut Bundesanstalt für Immobilienaufgaben zudem der Südteil des sogenannten Postblocks bebaut werden. Laut Ausschreibung wird dort ein Ministerialgebäude für 200 Millionen Euro geplant. Der Bundesanstalt zufolge sollen hier weitere 980 Arbeitsplätze entstehen. "Ein endgültiger Nutzer steht zurzeit noch nicht fest", zitierte das Nachrichtenportal die Behörde.
  • Darüber hinaus steigen die Kosten für das neue Besucherzentrum des Bundestags. Mittlerweile werden sie Medienberichten zufolge auf 200 Millionen Euro geschätzt.

Lindner will Ausgaben im Bundeshaushalt prüfen

Gleichzeitig will Finanzminister Lindner im anhaltenden Haushaltsstreit in der Koalition sämtliche Ausgaben des Bundes auf Sparpotenzial prüfen. "Wir werden jede einzelne Ausgabe im Bundeshaushalt auf ihre Begründung und ihre Höhe hin beraten", sagte er der "Rheinischen Post" vom Samstag. Es gebe eine Finanzlücke, die "durch Verzicht" gestopft werden müsse. Die Linksfraktion warf Lindner eine falsche Prioritätensetzung vor.

"Wir werden, Stand jetzt, im kommenden Jahr bei Einnahmen von 424 Milliarden ein Defizit von 14 bis 18 Milliarden Euro haben", prognostizierte der Minister. "Diese Haushaltslücke muss erwirtschaftet werden durch Verzicht." Wenn zugleich "zusätzliche Ausgabenschwerpunkte" gesetzt werden sollten, etwa in den Bereichen Verteidigung oder Bildung, "dann muss man umso mehr woanders kürzen".

Die Koalition streitet seit Wochen über die Haushaltsplanung für nächstes Jahr. Die sonst übliche Verabschiedung von Etat-Eckpunkten Mitte März hatte Lindner abgesagt; inzwischen wird davon ausgegangen, dass sie ganz ausfällt. Stattdessen soll ein detaillierter Haushaltsplan im Juni verabschiedet werden. 

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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DPA · AFP
mkb