Landtagswahlen Spannender Stimmungstest für Schröder

Bei den Landtagswahlen in Niedersachsen und Hessen geht es nicht nur um Sieg oder Niederlage für zwei Hoffnungsträger von SPD und Union, sondern auch um bundespolitische Konsequenzen.

Rund viereinhalb Monate nach der für Rot-Grün knapp siegreichen Bundestagswahl stellen sich die Parteien am 2. Februar in Niedersachsen und Hessen einem ersten Stimmungstest. Bei den Landtagswahlen geht es nicht nur um Sieg oder Niederlage für zwei Hoffnungsträger von SPD und Union, sondern auch um bundespolitische Konsequenzen. Insgesamt gut 10 Millionen Wähler - rund 6,1 Millionen Niedersachsen und 4,3 Millionen Hessen - entscheiden außerdem auf längere Sicht über die Zusammensetzung des Bundesrates.

Bildung, Beschäftigung und Abbau von Bürokratie


In Niedersachsen will der seit 1999 mit absoluter SPD-Mehrheit regierende Ministerpräsident Sigmar Gabriel sein Amt gegen den zum dritten Mal antretenden CDU-Herausforderer Christian Wulff verteidigen. Bei einer Großveranstaltung in Hannover rief Gabriel seine in den Umfragen zurückliegende Partei auf, für den Wahlsieg zu kämpfen: "Am 2. Februar wollen wir wieder die Regierung stellen."

Dies ist aber nach derzeitigem Stand nur mit einer rot-grünen Koalition möglich - falls die FDP nicht ins Parlament in Hannover zurückkehrt und die CDU daher ohne Partner bleibt. Die Liberalen haben sich festgelegt, mit der Union eine "Koalition für einen Neuanfang in Niedersachsen" zu bilden.

Gabriel, der bei seiner Vermögensteuer-Kampagne im Dezember von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) zurückgepfiffen wurde, will mit landespolitischen Themen punkten. Die Niedersachsen-SPD setzt im Wahlkampf auf drei Schwerpunkte: Bildung, Beschäftigung und Abbau von Bürokratie. Ziel ist es zum Beispiel, in der kommenden Wahlperiode eine 100-prozentige Unterrichtsversorgung zu erreichen.

In Hessen ist der vor vier Jahren als Chef einer schwarz-gelben Regierung gewählte Ministerpräsident Roland Koch (CDU) klarer Favorit - mit einem entscheidenden Unsicherheitsfaktor. Hier kommt es darauf an, ob die FDP den Wiedereinzug in den Landtag in Wiesbaden schafft - ansonsten könnte womöglich SPD-Herausforderer Gerhard Bökel mit den wieder erstarkten Grünen eine Koalition bilden. Koch warnte seine Partei vorige Woche angesichts guter Umfragewerte denn auch vor verfrühten Siegesgefühlen. "Hessen war immer ein enges Land."

Koch sieht die Landtagswahl - ähnlich wie sein niedersächsischer Parteifreund Wulff - auch als Abstimmung über den angeblichen "Wahlbetrug" der rot-grünen Bundesregierung. Auf dem Prüfstand stehe zudem die "Kontrollmehrheit" der Union im Bundesrat. Die Opposition aus SPD und Grünen kritisiert indes, der Ministerpräsident weiche auf Bundesthemen aus, weil er eine "dürftige Bilanz" vorzuweisen habe.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Revanche für die knappe Wahlniederlage


Hessens Regierungschef will nach eigenen Worten die wieder akute Zuwanderungsdebatte - anders als vor vier Jahren die Frage der doppelten Staatsbürgerschaft - nicht in den Vordergrund des Wahlkampfes rücken. Landespolitische Schwerpunkte seien die Themen Bildung, Innere Sicherheit und Wirtschaftspolitik. CDU und FDP haben in Wiesbaden derzeit zusammen 56 von 110 Sitzen.

Bundespolitisch will die Union Revanche für die knappe und bis heute nicht verschmerzte Wahlniederlage vom 22. September nehmen. Die Sozialdemokraten erhoffen sich nach dem schwierigen Start der rot- grünen Bundesregierung und einem verheerenden Absturz in allen Umfragen eine Wende durch die Verteidigung der Macht in Niedersachsen und eine Sensation in Hessen.

In Niedersachsen, der politischen Heimat von Kanzler Schröder, steht auch das Prestige des SPD-Chefs auf dem Spiel. Am Ende möglicher SPD-interner Streitereien und einer durch die Irak-Krise beförderten Auflösung des rot-grünen Bündnisses könnte nach Ansicht mancher Beobachter die große Koalition auf Bundesebene stehen.

Im Bundesrat hätte zunächst selbst eine Doppel-Pleite am 2. Februar für die SPD und Rot-Grün kaum Auswirkungen - hier fehlt den Berliner Regierungsparteien ohnehin eine Mehrheit. Die Stellung der Union in der Länderkammer würde zwar gestärkt. Dennoch bekäme sie keine Zwei-Drittel-Mehrheit zusammen, mit der sie praktisch alle Gesetze des Bundestages blockieren könnte. Derzeit verfügt der von CDU/CSU dominierte Block im Bundesrat über 35 der 69 Stimmen. Ginge Niedersachsen an die CDU, kämen weitere 6 Stimmen hinzu.

DPA