Postengeschacher Wie die CSU Berlin aufmischen will

  • von Hans Peter Schütz
Der bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein ist zurückgetreten, womöglich übernimmt Horst Seehofer auch dieses Amt. Damit wird ein Ministerposten in Berlin frei. Wer wird dann was im Bund? Derzeit kursieren in der CSU-Landesgruppe die aberwitzigsten Szenarien.

Günther Beckstein tritt als bayerischer Ministerpräsident zurück. Und Bundesverbraucherschutzminister Horst Seehofer könnte ihm folgen. Doch wenn der nach München geht, müsste Kanzlerin Angela Merkel ihr Kabinett umbilden. Soviel ist klar. Aber wie? Auf dem Berliner Polit-Markt kursierten sofort zwei Überlegungen.

Die kleine Lösung: Merkel ersetzt Seehofer auf dem Posten des Agrar- und Verbraucherschutzministers durch einen jüngeren CSU-Mann. Im Gespräch dafür ist zum Beispiel der Bundestagsabgeordnete Stefan Müller, der in Bayern die Junge Union führt, und besonders aggressiv die Ablösung von Erwin Huber und Günther Beckstein betrieben hat. Doch gilt diese Lösung in den Augen der CSU-Landesgruppe in Berlin als wenig attraktives Modell. Es würde nicht den Eindruck vermitteln, dass die CSU auch in der Bundespolitik wieder ein starker Partner der CDU ist. Vielmehr werde damit signalisiert, die CSU sei jetzt zu behandeln wie ein 16. CDU-Landesverband. Genau dies aber dürfe sich die CSU auf keinen Fall gefallen lassen, wenn sie die Wahlen im kommenden Jahr erfolgreich bestehen wolle.

Jung raus - Ramsauer rein?

Die große Lösung: Die Zahl der CSU-Minister im Kabinett der Großen Koalition wird von zwei auf drei Minister erhöht. Dies könne durch die Zerlegung des bisherigen Ministeriums Seehofers erfolgen.

Als Verbraucherschutzministerin ist die junge CSU-Bundestagsabgeordnete Daniela Raab im Gespräch, gerade 33 Jahre alt. Ihr gilt auch das besondere Wohlwollen des CSU-Ehrenvorsitzenden Edmund Stoiber, der im Augenblick alle Fäden im Machtkampf in der CDU zieht. Agrarminister könnte dann der jetzige Verteidigungsminister Franz Josef Jung werden, der dem Vernehmen nach amtsmüde ist, und gerne Bauernminister werden würde, da er auf einem Weingut aufgewachsen ist.

Jung könnte dann CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer ins Verteidigungsressort beordern. Er hat sich in der Vergangenheit stets um die Probleme der Soldaten im In- und Ausland intensiv gekümmert und bringt die notwendigen außenpolitischen Kenntnisse für dieses Ressort mit. Dann gäbe es zunächst drei CSU-Minister im Kabinett - wobei allerdings Bundeswirtschaftsminister Michael Glos gefährdet wäre. Denn die Kanzlerin könnte auf den Gedanken kommen, ihn durch Roland Koch ablösen zu lassen, sollte er aus dem Amt des hessischen Ministerpräsidenten gekegelt werden.

Neuer Job für Roland Koch?

Im Kanzleramt ist man sich darüber klar, dass die wirtschaftlichen Fragen im kommenden Bundestagswahlkampf eine zentrale Rolle spielen werden. Glos hält man für überfordert. Die Wirtschaft und der Mittelstand klagen seit langem darüber, dass nach dem Abgang von Friedrich Merz kein überzeugender CDU-Politiker mehr wirtschaftspolitisch für die Partei spreche. Dies sei eine Rolle, die Koch sehr gut auskleiden könne.

Bemerkenswert sei auch, heißt es in der CDU, dass mit Seehofer ein Sozialpolitiker an die Spitze der CSU aufrücke, der die Interessen der Wirtschaft bisher nicht vertreten habe. Vielmehr werde er eine Rolle wahrnehmen, wie sie schon der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers spiele: Die eines "sozialdemokratischen" CDU-Ministerpräsidenten.