Wahlkampf Zweites TV-Triell: So hitzig war der Schlagabtausch zwischen Scholz, Baerbock und Laschet

Für diese drei ging es beim zweiten TV-Triell um alles: Olaf Scholz (l.), Annalena Baerbock und Armin Laschet
Für diese drei ging es beim zweiten TV-Triell um alles: Olaf Scholz (l.), Annalena Baerbock und Armin Laschet
© Michael Kappeler / DPA
Der Wahlkampf geht in die heiße Phase. Beim zweiten TV-Triell mussten sich die Kanzlerkandidat:innen den Fragen von ZDF-Moderatorin Maybrit Illner und ARD-Chefredakteur Oliver Köhr stellen. Die wichtigsten Streitpunkte im Überblick.

Zwei Wochen vor der Bundestagswahl haben sich die Kanzlerkandidat:innen von Union, SPD und Grünen bei einer weiteren Fernsehdebatte einen teilweise scharfen Schlagabtausch geliefert. Angesichts der Ermittlungen gegen die Geldwäsche-Zentralstelle des Zolls versuchten am Sonntagabend vor allem Armin Laschet (Union) und Annalena Baerbock (Grüne) den SPD-Bewerber Olaf Scholz unter Druck zu setzen. Außerdem ging es um mögliche Regierungsbündnisse, den Kampf gegen die Klimakrise und die Lehren aus der Corona-Pandemie.

Laschet attackiert Scholz zu Durchsuchung im Finanzressort

Scholz wurde von den Moderatoren gefragt, wie gefährlich die Durchsuchungen der Staatsanwaltschaft Osnabrück in seinem Ministerium im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen FIU-Verantwortliche sein könnten. Er antwortete, die Untersuchungen seien "zur Unterstützung dieser Erkenntnisgewinnung durchgeführt worden, und das hat gar nichts mit den Ministerien zu tun, wo das stattgefunden hat". Die Ministerien hätten "alles gemacht, was in dieser Frage notwendig ist".

Laschet warf Scholz umgehend Schönrednerei vor. "Sie haben die Aufsicht über (den Bereich) Geldwäsche", hielt er ihm vor. Es sei unangemessen, wie der Minister im Zusammenhang mit den Durchsuchungen über die Justiz geredet habe. "Wenn die kommen, müssen Sie sagen hier, ich lege alles offen, und denen nicht vorschreiben, wie sie zu arbeiten haben."

Der CDU-Kanzlerkandidat warf Scholz ebenfalls vor, Millionen Kleinanleger hätten im sogenannten Wirecard-Skandal viel Geld verloren, weil er als Minister die Finanzaufsicht nicht richtig ausgerichtet habe. Auch im sogenannten Cum-Ex-Skandal um Steuererlasse für die Hamburger Warburg-Bank in der Zeit von Scholz als Erstem Bürgermeister der Hansestadt attackierte Laschet den SPD-Konkurrenten.

Baerbock betonte zu den Durchsuchungen im Finanzministerium, sie könne von außen nicht sagen, was richtig oder falsch sei. Eines der größten Probleme auch mit Blick auf den Staatshaushalt sei aber, "dass dem Staat rund 50 Milliarden Euro jährlich durch Steuerbetrug, durch Geldwäsche, durch kriminelle Aktivitäten durch die Lappen gehen".

Kontroverse über Klimaschutz

Beim Thema Klimaschutz warfen sich Laschet und Scholz bei wichtigen Fragen gegenseitig eine Blockade vor. Scholz betonte, die Union habe lange bestritten, dass für den klimagerechten Umbau der Wirtschaft mehr Strom nötig sei. Laschet monierte, die SPD habe Beschleunigungen bei Planungs- und Genehmigungsverfahren verhindert.

Baerbock machte deutlich, mit dem aktuellen Tempo der schwarz-roten Koalition würden Klimaziele deutlich verfehlt. Die nächste Bundesregierung müsse den Kohleausstieg auf das Jahr 2030 vorziehen. Bisher ist das Jahr 2038 vorgesehen. Scholz sprach sich dafür aus, bei der CO2-Bepreisung im Verkehr moderat vorzugehen. Es kaufe sich niemand wegen eines steigenden Spritpreises am nächsten Tag ein neues Auto.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Baustelle Digitalisierung

Alle drei Kanzlerkandidat:innen benannten Fortschritte bei der Digitalisierung als dringliche Aufgabe der neuen Bundesregierung. "Wir haben viel gemacht, aber es reicht nicht", sagte Laschet. Er bekräftigte seinen Plan, im Fall einer Kanzlerschaft ein Digitalministerium einzurichten. Beispielsweise ärgere es ihn "maßlos, dass wir immer noch selbst auf Autobahnen kein Netz haben".

Baerbock griff Laschet an und sprach sich gegen ein Ministerium aus, das Zukunftsthema Digitalisierung müsse in den Aufgabenbereich des Kanzlerinnenamtes, forderte sie. "Digitalisierung ist oder war, muss man deutlich sagen, die Aufgabe unserer Zeit", so Baerbock. Beim Glasfaserausbau müsse man staatlich mit eingreifen.

Scholz betonte, dass für die Breitbandinfrastruktur schon viel Geld zur Verfügung gestellt worden sei. "Ich glaube, es liegt schon längst nicht mehr am Geld." Es müsse sichergestellt werden, dass mit finanzieller Hilfe des Bundes die Länder und Gemeinden dafür sorgten, dass alle Schulen an das Netz angebunden seien.

Baerbock und Scholz für Begrenzung steigender Mieten

Scholz und Baerbock sprachen sich dafür aus, Schranken gegen steigende Mieten zu errichten. Für Städte mit explodierenden Mieten müsse man es auf Bundesebene ermöglichen, Obergrenzen einzuziehen, sagte Baerbock. Scholz erläuterte, neben dem Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr strebe die SPD ein "Mietmoratorium" an, damit bei Neuvermietungen Mieten nicht mehr so stark steigen könnten. Laschet legte den Fokus auf Anreize für Investitionen in zusätzliche Wohnungen. Nötig sei "mehr und schnelleres Bauen". Man müsse etwas machen beim Bauland und die Bauordnung vereinfachen.

Laschet gegen Bürgerversicherung

Bei Plänen für eine Bürgerversicherung zogen Scholz und Baerbock an einem Strang. Die Einführung einer solchen Versicherung, in die alle einzahlen, sei für ihn "eine Herzensangelegenheit schon seit langer Zeit", sagte Scholz. Besonders werde im Bereich der Pflege deutlich, dass eine solche Versicherung Sinn habe. Auf die Nachfrage, ob er als Kanzler eine Bürgerversicherung zur Bedingung für eine Koalition machen werde, sagte Scholz: "Alles, was in meinem Wahlprogramm steht, ist eine Bedingung. Und dann gucken wir mal, wie weit wir kommen."

Baerbock betonte: "Ja, ich will den Weg zu einer Bürgerversicherung gehen, die bedeutet, dass viel mehr Menschen einzahlen." Der erste Schritt sei, "dafür zu sorgen, dass Menschen, die jetzt privat versichert sind, in die Gesetzliche wechseln können." Laschet konterte, er lehne eine Bürgerversicherung ab. "Hier unterscheiden wir uns fundamental." Ihn wundere, dass Scholz als Finanzminister angesichts der Erfahrungen in Europa einen solchen Vorschlag mache. Die Einheitsversicherung habe in Dänemark oder Großbritannien ein schlechteres Gesundheitssystem zur Folge.

Breite Zurückhaltung bei Koalitionsfrage

Trotz hartnäckiger Nachfragen haben alle drei Kanzlerkandidat:innen mögliche Regierungsbündnisse nach der Wahl offengelassen. Laschet schloss eine Juniorrolle der Union in einer SPD-geführten Bundesregierung nicht generell aus. "Demokraten untereinander müssen nach der Wahl miteinander reden", sagte er. Zugleich betonte er: "Wir kämpfen um Platz 1." Laschet wich der Frage aber insgesamt aus. Man sei momentan nicht bei der Regierungsbildung, sondern "beim Werben um den richtigen Weg für unser Land".

Scholz legte sich erneut nicht eindeutig fest, ob er eine Koalition zusammen mit der Linken ausschließt. Er betonte aber: "Wer in Deutschland regieren will, muss klare Positionen haben, er muss sich bekennen zur transatlantischen Zusammenarbeit, er muss klar sagen, dass die Nato für unsere Sicherheit unverzichtbar ist, und dass wir unsere Verpflichtungen im Bündnis erfüllen müssen. Er muss sich klar zu einer starken, souveränen Europäischen Union bekennen."

Baerbock betonte, sie kämpfe mit aller Kraft für einen Aufbruch in Deutschland. "Das geht nur mit Grünen in führender Rolle." Sie sagte ebenfalls, nach der Wahl müssten alle demokratischen Parteien miteinander reden. Dabei schloss sie die Linke mit ein. Sie warnte vor einer Gleichsetzung der Linken mit der AfD. Das sei "brandgefährlich".

DPA
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