Podcast "heute wichtig" Wie Wladimir Putins Propaganda die Russen zum Schweigen bringt

Wladimir Putin hört sich einen weiteren Rapport eines Untergebenen an.
Wladimir Putin hört sich einen weiteren Rapport eines Untergebenen an. Für die Kreml-Propaganda ist er stets der gute Zar. 
© Mikhail Klimentyev/Russian Presidential Press and Information Office/TASS PUBLICATION / Imago Images
Wladimir Putin hat am Wochenende mal wieder einen seiner Minister bloßgestellt, vor laufender Kamera. Das Narrativ, der starke Präsident kämpfe gegen die unfähigen anderen Politiker:innen, wird seit Jahrzehnten befeuert. Und die Kreml-Propaganda wirkt. 

Der russische Präsident Wladimir Putin gerät in Streit mit seinem Vize-Regierungschef und Handelsminister Denis Manturow – und führt ihn vor versammelter Runde vor. Dabei ging es um Aufträge für Helikopter und fehlende Verträge. Man hätte den Streit auch rausschneiden können, aber natürlich wurde die Auseinandersetzung in den russischen Nachrichten gezeigt. Putin, der Kümmerer. Putin, der Kämpfer fürs Volk, so wird er dargestellt – und viele Menschen glauben der Propaganda, sagt stern-Journalistin und Russland-Kennerin Ellen Ivits. Dabei kann man den Menschen oft gar keinen Vorwurf machen: "Wenn du eine Frau in den 60ern bist, in der russischen Provinz, hast du keinen Zugang zum Internet, zu den ganzen amerikanischen und europäischen Informationsquellen. Du kannst dich gar nicht anders informieren als das Staatsfernsehen einzuschalten", sagt Ellen Ivits im Gespräch mit "heute wichtig"-Redakteur Dimitri Blinski. 

Überlebenskampf statt Politikbeobachtung

Oft wird über die Politikverdrossenheit der russischen Bevölkerung gesprochen, doch für Ellen, die selbst viele Kontakte in Russland hat, hängt das auch mit der schwierigen Situation der Menschen zusammen: "Wenn dein ganzes Leben davon bestimmt wird, was du deinen Kindern am nächsten Tag auf den Tisch vorsetzt, du keinen Zugang zu Heizung, Warmwasser und Kanalisation hast, dann beschäftigen dich ganz andere Probleme und nicht die Weltpolitik. Dann ist es dir im Zweifelsfall egal, was in der Ukraine passiert, weil du dich mit deinen individuellen Problemen beschäftigst, die dich betreffen. Und das ist es auch, worauf Putin spekuliert", sagt Ellen Ivits in der 443. Ausgabe des Podcasts "heute wichtig”.  

Spirale des Schweigens  

Neben dem Überlebenskampf spielt auch die Masse an Propaganda im Staatsfernsehen eine große Rolle, irgendwann würde man eben an sich selbst zweifeln, so die stern-Journalistin: "Wenn dir von allen anderen permanent erzählt wird: Das ist die richtige Meinung, so sind wir alle, so denken wir alle. Du selbst denkst es vielleicht nicht, aber wenn du dir das 20, 30 Mal anhörst, dann kommst du irgendwann auf den Gedanken: Ich bin wahrscheinlich die Einzige, die da so denkt. In der Kommunikationswissenschaft gibt es eine Theorie, die das erklärt. Die nennt sich: Die Spirale des Schweigens. Mit einer einzigen überpräsenten Meinung, wird quasi alles andere ausgeblendet." 

Michel Abdollahi
© TVNOW / Andreas Friese

Podcast "heute wichtig"

Klar, meinungsstark, auf die 12: "heute wichtig" ist nicht nur ein Nachrichten-Podcast. Wir setzen Themen und stoßen Debatten an – mit Haltung und auch mal unbequem. Dafür sprechen Host Michel Abdollahi und sein Team aus stern- und RTL-Reporter:innen mit den spannendsten Menschen aus Politik, Gesellschaft und Unterhaltung. Sie lassen alle Stimmen zu Wort kommen, die leisen und die lauten. Wer "heute wichtig" hört, startet informiert in den Tag und kann fundiert mitreden.

"Putin ist Russland egal"

Der russische Staat hat im vergangenen Jahr wegen der hohen Kosten für den Krieg gegen die Ukraine rote Zahlen geschrieben. Das Defizit summiere sich auf rund 44 Milliarden Euro, wie Finanzminister Anton Siluanow mitteilte. Das entspricht 2,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Putin bringt Russland in eine, auch wirtschaftlich, schwierige Lage. Dass Gelder für den Krieg in der Ukraine an anderer Stelle gekürzt werden müssen, sei kein Problem, denn so Ellen Ivits: "Die einfache Bevölkerung spielt in dem Denken des Kremls eigentlich keine Rolle mehr." Und Putin? "Putin ist Russland egal. Der einzige Mensch, um den es Putin geht, ist Putin selbst." 

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