UBitte recht freundlich: Die Damen haben auf den Sesseln Platz genommen, Carsten Maschmeyer und Ralf Dümmel haben sich auf die Kante gequetscht und Georg Kofler grinst über das ganze Gesicht. Es war das erste offizielle Bild zur fünften Staffel, im Hintergrund konnte der kundige DHDL-Fan schon erkennen, dass sich das Studio verändert hatte. Die Löwen lächelten in die Kamera - ohne zu wissen, ob ihnen nach der Staffel noch zum Lachen zumute ist. Denn auch wenn das Format "Die Höhle der Löwen" nun seit fünf Jahren eine Erfolgsgeschichte für den Fernsehsender Vox ist: Ob das auch so bleiben würde, war unsicher.
Denn die große Hoffnung auch anderer TV-Sender, dass das Thema Gründertum und Start-ups ein Garant für hohe Einschaltquoten sein muss, hat sich nicht bewahrheitet. Mit "Start-up!"hatte Sat.1 dem Löwen Carsten Maschmeyer eine eigene Gründer-Sendung konzipiert - und zog nach der Hälfte der Staffel die Notbremse. Zu schlecht waren die Quoten. Wer die Sendung weiter verfolgen wollte, konnte das noch im Netz.

Auch das von Stefan Raab produzierte "Ding des Jahres" schlug nicht ein, die Einschaltquoten schwankten stark. Dennoch: Pro7 gibt dem Format im kommenden Jahr noch eine Chance und schickt die Juroren Joko Winterscheidt, Lena Gercke und Rewe-Einkaufschef Hans-Jürgen Moog 2019 wieder auf Sendung. Und: Bereits im Sommer 2018 soll Pro7 mit dem Ex-Löwen Jochen Schweizer die Dreharbeiten zu "Der Traumjob" begonnen haben. In der Sendung will der Unternehmer einen Geschäftsführer für eine seiner Firmen suchen. Wann die Sendung ausgestrahlt wird, ist nicht bekannt.
Start-up im TV: DHDL bleibt erfolgreich
Nach singenden Unbekannten und tanzenden Promis schienen Gründer die neue Trägermasse für TV-Produzenten zu sein. Und dann stotterte plötzlich der Quoten-Motor. Daher wurde genau beobachtet, wie sich DHDL, die Mutter aller Gründershows, die in zig Ländern ähnlich funktioniert, nun schlagen würde. Denn hinter vorgehaltener Hand berichten Menschen aus dem DHDL-Umfeld, dass es Vox nicht verwundert hätte, wenn die Sendung nicht mehr ganz so erfolgreich gewesen wäre. Doch der Einbruch bei den Quoten blieb aus. Der Auftakt der fünften Staffel war so stark wie keine andere: 2,66 Millionen Zuschauer waren dabei. Auch im Verlauf der Staffel blieben die Quoten auf dem hohen Niveau der Vorjahre.
Dabei war Vox nahezu unverändert in die Staffel gestartet. Lediglich ein neues Studio hatte der Sender spendiert. Und Georg Kofler, 2017 noch als Krankheitsvertretung für Judith Williams eingesprungen, teilte sich nun hochoffiziell den Sitz mit ihr. Mit Frank Thelen, Carsten Maschmeyer, Ralf Dümmel und Dagmar Wöhrl blieb auch die Jury-Besetzung erhalten. "Sony hat bei der Auswahl der Löwen ein glückliches Händchen. Wir sind inzwischen ein eingespieltes Team", sagt Frank Thelen zum stern. "Und mit Ralf Dümmel im Team müssen wir uns keine Sorgen mehr machen, dass in einer Sendung gar kein Deal zustande kommt", setzt er augenzwinkernd nach. Das sei in der ersten Staffel noch durchaus möglich gewesen, erzählt Thelen. "Damals haben Judith, Vulgar und ich einen Pakt geschlossen, in das nächste Produkt zu investieren, egal was kommt, da es sonst gar keine Deals gegeben hätte."
DHDL punktet mit "Ehrlichkeit und Realitätsnähe"
Dass die Sendung weiterhin an der Spitze dieser TV-Nische steht, lag wohl auch an den Gründungsideen, die im Vergleich zur vorherigen Staffel noch einmal deutlich zugelegt haben. "Die Gründer waren insgesamt noch stärker als in den Staffeln zuvor. Das spricht für die Qualität ihrer Gründungsideen", sagt Ralf Dümmel dem stern. "Kurz gesagt: Es war mehr Abfluss-Fee und Rostschreck dabei." Auch Carsten Maschemeyer bestätigt gegenüber dem stern: "Schon während der Aufnahmen im Frühjahr spürte ich: Es wird in dieser Staffel alles noch besser. Höhere Summen, mehr Deals, mehr Kampf um die Startups."
Das zeigen auch die Summen, die investiert wurden: Mittlere sechsstellige Beträge als Investment, auch mal eine Million Euro, sind keine Seltenheit mehr. Wurden in den Anfangsstaffeln eher Beträge im fünfstelligen Bereich gefordert, können die Gründer inzwischen mehr rausholen. Weil ihre Ideen ausgereifter sind, größeren Erfolg versprechen, einen größeren Markt bedienen. Das hält auch die Zuschauer bei Laune. "Je besser die Erfindungen und je stärker die präsentierenden Personen, umso lieber greifen wir Löwen zu", sagt Maschmeyer. "In dieser Staffel waren einfach noch mehr überzeugende Gründer und noch faszinierendere Produkte dabei, wo man dann auch logischerweise besonders gerne investieren will. Was mich besonders gefreut hat: Dass immer mehr digitale Produkte, sogar mit künstlicher Intelligenz, in der Höhle präsentiert werden, wie zum Beispiel die Banking-App Finanzguru. Oder technische Innovationen wie der elektrische Rollator ello." Laut Frank Thelen gehe es aber um mehr, als nur gute Gründerideen: "Was man nicht vergessen darf: Alle, die dort sitzen, investieren ihr eigenes, hart erarbeitetes Geld. Kein Wunder also, dass auch mal um einen guten Deal gekämpft wird." Die Ehrlichkeit und Realitätsnähe mache die Show einzigartig

Mehr Kampf zwischen den Löwen
Aber nicht nur die Gründer selbst waren stark - auch die Löwen mussten in dieser Staffel ein dickeres Fell mitbringen. Denn der Kampf um die besten Gründer wurde eiskalt ausgefochten. So sorgte Georg Kofler für einen Aufreger, als er der Gründerin der Kokoschips-Firma Pook ein Angebot unterbreitete, das "nur die nächsten 60 Sekunden" galt. Zuschlagen, ohne die anderen Löwen zu hören? Und möglicherweise ein besseres Angebot verpassen? Medienprofi Kofler verzockte sich, der Deal ging an Dümmel. Doch solche Aktionen sorgen für Spannung, findet Dümmel. "Für die Löwen ist es noch einmal härter geworden, der Konkurrenzkampf war groß." Auch der Deal um die Hundeleine GoLeyGo entwickelte sich zu einem harten Kampf. Denn während sich Maschmeyer, Wöhrl und Kofler im hinteren Bereich des Studios noch berieten, tüteten Thelen und Dümmel den Deal vorne ein. "Scheiße" fand Maschmeyer die Aktion, "ein klarer Regelbruch". Insider der Sendung berichten, dass es nach dem Pitch im Studio hoch hergegangen sein soll, Vox musste die Wogen glätten. Maschmeyers dicke Krawatte lässt sich aber wohl auch anders erklären: An dem Tag, als der Pitch gedreht wurde, erfuhr er, dass seine Start-up-Sendung bei Sat.1 aus dem Programm fliegt.
Top-Gründer und kampflustige Löwen - das System scheint zu funktionieren. Dabei schafft die Sendung den schmalen Grat zwischen dreistündiger Werbesendung und ehrlicher Gründershow. Denn dass sich ein Auftritt in der Höhle zu einem machtvollen Marketingsinstrument entwickelt hat - ganz unabhängig von einem Deal - haben die Gründer längst begriffen. Finden Investor und Gründer dann zusammen, können die Zuschauer davon ausgehen, dass sie das Produkt in ihrem Supermarkt um die Ecke bald entdecken werden. Dafür ist Ralf Dümmel verantwortlich, der seine Deals mit enormer Power in den Handel drückt. Und die anderen Löwen haben nachgezogen: Soll das Start-up erfolgreich werden, muss der Schwung aus der Show genutzt werden. Vertriebskanäle und Kooperationen mit Onlineshops und dem Einzelhandel sind nicht mehr wegzudenken.
Änderungen in der "Höhle der Löwen"
Also alles bestens in der Löwenhöhle? Nicht ganz! "Ein großer Teil unserer Arbeit ist es, das Format 'Die Höhle der Löwen' von Jahr zur Jahr vorsichtig aber energisch weiterzuentwickeln", so Vox-Chefredakteur und Unterhaltungschef Kai Sturm. "Jedes Jahr wird deutlicher, dass 'Die Höhle der Löwen' die optimale Win-win-Situation für alle Beteiligten ist. Die Sendung kann Leben komplett verändern und hat es erwiesenermaßen schon oft getan." Damit hat Sturm recht, dennoch steht der Sendung ein Umbruch bevor.
Mit Nils Glagau, dem Chef der Vitaminpräparatefirma Orthomol, kommt 2019 ein ganz neuer Löwe dazu - ohne dass zuvor ein Investor die Jury verlassen hat. Der Investor ist mit 42 Jahren zwar nicht wesentlich jünger als Judith Williams (46 Jahre) oder Frank Thelen (43). Dennoch vermuten einige Personen, die sich mit den Abläufen der Show gut auskennen, dass der sportbegeisterte und gesundheitsbewusste Investor auch ausgewählt wurde, um die junge Zielgruppe besser zu erreichen. Das wäre nicht ganz unwichtig, schließlich räumt die Sendung regelmäßig den Tagessieg bei den Einschaltquoten der 14- bis 49-Jährigen ab.
Zoff zwischen Georg Kofler und Judith Williams
Neben dem neuen Gesicht in der Jury ändert sich auch für die Alt-Löwen etwas: Georg Kofler und Judith Williams haben sich beruflich getrennt. Williams war bei der aktuellen Staffel besonders zögerlich mit Deals, nur zwei Mal schlug sie zu, einer davon platzte nach der Sendung, ein anderer wurde so abgeändert, dass sie selbst nicht investiert ist. Bislang erfolgten die Williams-Investments über das gemeinsame Unternehmen mit Georg Kofler. Wie das in Zukunft geregelt werden soll, ist unklar. Ob sich die Show für Williams überhaupt noch lohnt, ist ebenfalls unsicher. Dennoch: Sie und alle Löwen haben unterschrieben, die Jury wird samt dem Neu-Löwen auch 2019 Deals machen. Allerdings lässt ein Statement von Frank Thelen aufhorchen. Zur "BamS" sagte er kürzlich: "Ich kann nur so viel sagen, dass ich nicht für ewige Zeiten bei der ,Höhle der Löwen‘ dabeibleiben werde." Das klingt schon sehr nach Abschied. "Für die Außenwelt läuft DHDL nur an 12 Wochen im Jahr, aber mein Team und ich beschäftigen uns seit nun 5 Jahren rund um die Uhr mit den Startups aus der Sendung und bauen die Unternehmen mit auf", sagt Thelen zum stern.
Mehr "Shark Tank" statt "DHDL"
Nun also sieben Löwen. Dass die zeitgleich vor der Kamera zu sehen sein werden, ist nicht zu erwarten. Stattdessen gibt es ein Konstrukt wie beim US-Vorbild "Shark Tank": Dort sitzt die Jury immer in unterschiedlicher Konstellation zusammen.Das macht es spannend: Für die Gründer, die sich nicht auf einen Wunschlöwen fixieren können, sondern je nach Zusammensetzung auch andere Argumente für ihr Geschäft vorbringen müssen. Aber auch der Zuschauer profitiert, denn eine sich ständig verändernde Jury birgt neue Reibungspunkte - aber auch neue Allianzen. "Sony und Vox sind in der Vergangenheit einen guten Weg gegangen, an der einen oder anderen Stelle immer mal eine spannende Veränderung oder kreative Anpassung vorzunehmen. So wie es für die sechste Staffel geplant ist, dass es erstmals sieben Löwen geben wird, die unterschiedlich oft als Investoren dabei sein werden", sagt Maschmeyer.
DHDL künftig zwei Mal im Jahr?
Doch das sollen nicht die einzigen Änderungen sein, die Vox für die kommende Staffel plant. Insider berichten hinter vorgehaltener Hand, dass sich auch an der Taktung der Ausstrahlung etwas ändern könne. Bislang bekommen die Zuschauer zwölf Folgen im wöchentlichen Rhythmus serviert, ab September und am Stück. Die Produktionsfirma Sony und der TV-Sender Vox sollen darüber verhandeln, diese Struktur auszuweiten. Laut Insidern könnten mehr Sendungen dazukommen und künftig zwei Mal im Jahr eine neue Staffel DHDL ausgestrahlt werden. Doch noch würden Verhandlungen geführt. Vox selbst will die Gerüchteküche nicht kommentieren und verweist darauf, dass derzeit intensive Gespräche für die neue Staffel geführt würden.
Klar ist, dass die Zuschauer sich nach fünf Jahren erfolgreicher Löwenhöhle auf Änderungen freuen können. Oder anders gesagt: Die Zuschauer werden sich umstellen müssen. Denn mit neuem Löwen und wechselnder Jury wird die Sendung sich verändern. Ob das den Zuschauern gefällt,
