Unwetter in Südosteuropa Knappes Trinkwasser, Menschen auf Dächern: Lage in Griechenland spitzt sich weiter zu

Drohnenaufnahmen zeigen verheerende Folgen: "Es war entsetzlich" – Hochwasser-Alarm in Griechenland
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Wassermassen bahnen sich durch Straßen ihren Weg, reißen Menschen und Autos mit: Griechenland erlebt eine Regen-Katastrophe. Betroffen ist auch der Westen der Türkei und Bulgarien.

In den von schweren Unwettern betroffenen Regionen Südosteuropas bleibt die Lage angespannt. In Bulgarien, Griechenland und in der Türkei haben die heftigen Regenfälle bislang mindestens 14 Menschenleben gefordert. Besonders dramatisch ist die Lage in Mittelgriechenland. Dort barg die Feuerwehr am Mittwochabend die Leiche eines Mannes nahe der Stadt Karditsa. Das Opfer sei unter einem Auto entdeckt worden, teilte die Feuerwehr mit. EU-Politiker fordern derweil mehr Unterstützung für die betroffenen Länder.

Lage in Griechenland spitzt sich weiter zu

Die Hochwassersituation in den von Starkregen betroffenen Gegenden Mittelgriechenlands verschärft sich weiter. In der Region Thessalien regnete es weiterhin - das Wasser habe das Land in zwei geteilt, berichteten griechische Medien. So ist seit Dienstagabend die wichtigste Autobahn des Landes zwischen Athen und Thessaloniki auf einer Strecke von 200 Kilometern gesperrt. Die Hafenstadt Volos ist von der Umwelt fast völlig abgeschnitten. Zufahrtsstraßen sind zerstört oder überflutet, auch der Fährverkehr wurde eingestellt. Auch ging das Trinkwasser in Supermärkten zur Neige - Strom und damit Wasserversorgung gibt es seit Tagen nicht.

"Thessaliens Flachland ist ein riesiger See", sagte Feuerwehrsprecher Giannis Artopoios dem Sender ERTnews am Donnerstagmittag. Vielerorts stehe das Wasser höher als zwei Meter. Mittlerweile sei auch das Militär mit Schlauchbooten im Einsatz. In der gesamten Region Thessalien leben rund 700 000 Menschen - so gut wie alle seien von der Flut betroffen. "Wir hatten binnen 36 Stunden gut 5000 Notrufe, so etwas gab es noch nie", sagte Artopoios. Er bat die Menschen, weiterhin anzurufen - jene, die nicht unmittelbar gefährdet seien, rief er jedoch zu Geduld auf.

Die offizielle Zahl der Toten liegt weiterhin bei drei, über die Zahl der Vermissten hingegen konnten keine abschließenden Angaben gemacht werden. Zu viele Dörfer konnten noch nicht erreicht werden, auch haben die Menschen in den überfluteten Gebieten mittlerweile oft leere Handy-Akkus und können nicht mit der Außenwelt kommunizieren.

Zwar regnete und stürmte es am Donnerstag in der betroffenen Region weiterhin stark und die Pegel stiegen immer höher, insgesamt aber geben die Meteorologen vorsichtig Entwarnung: Bis zum Donnerstagabend sollen die Regenfälle aufhören.

Menschen müssen sich auf Dächer retten

Dann dürften die gewaltigen Schäden erstmals komplett sichtbar werden, die die schweren Unwetter verursacht haben. Die Bürgermeister der betroffenen Gegenden sprachen gegenüber griechischen Medien von eingebrochenen Straßen und Brücken, von gekappten Stromverbindungen, aber auch zerstörten Häusern und Unternehmen. Die Schäden dürften in die Milliarden gehen.

In der Stadt Karditsa reichte das Wasser vielerorts bis zu den Dächern der Häuser, so dass sich die Bewohner auf die Dächer retten mussten. "Das Wasser ist an manchen Stellen bis zu vier Meter hoch", sagte der Bewohner eines nahe gelegenen Ortes dem Sender Mega. Ihr Dorf sei unzugänglich, die ganze Ebene überflutet, Rettungskräfte könnten nicht kommen. "Vielleicht mit Hubschraubern, aber wo sollen sie landen? Es gibt kein Land!", sagte ein Mann. Der Einsatz aus der Luft sei wegen der schwierigen Wetterbedingungen und Sturmböen derzeit nicht möglich, sagte jedoch Feuerwehrsprecher Artopoios.

Behörden warnen auch in Türkei und Bulgarien

In der Türkei gab es Stand Mittwoch sieben Todesfälle; weitere 31 Menschen seien verletzt worden, hieß es. An der bulgarischen Schwarzmeerküste gab es mindestens vier Tote, in Griechenland lag die Zahl der Opfer bis Mittwochabend bei drei. In der Türkei war von Überschwemmungen auch die Millionenstadt Istanbul betroffen. In Bulgarien wütete das Unwetter an der Schwarzmeer-Küste.

EU-Parlaments-Vizepräsidentin Katarina Barley forderte derweil EU-Hilfen für die betroffenen Länder. Wie bereits bei früheren Naturkatastrophen in anderen Mitgliedstaaten solle der EU-Solidaritätsfonds für den Wiederaufbau in Anspruch genommen werden, sagte die SPD-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Es wäre ein Fehler zu glauben, dass es sich nur um gewöhnliche Wetterphänomene handele.

Nach Angaben des EU-Klimawandeldienstes Copernicus war der Sommer 2023 in den Monaten Juni bis August global gesehen der mit Abstand heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen 1940. Die Durchschnittstemperatur habe in dem Zeitraum bei 16,77 Grad und damit 0,66 Grad über dem Durchschnitt gelegen, noch einmal deutlich höher als im bisherigen Rekordjahr 2019 mit 16,48 Grad.

Auch andere Teile der Welt kämpften mit den Folgen von Unwettern. Im Süden Brasiliens stieg die Zahl der Toten auf mindestens 28. Über Südchina fegte der Taifun "Haikui" hinweg und kostete mindestens zwei Menschen das Leben.

Lage in Bulgarien entspannt sich – Infrastruktur beschädigt

Die Lage an der bulgarischen Schwarzmeerküste hat sich inzwischen entspannt. "Die Situation in der von Überschwemmungen getroffenen Region normalisiert sich", sagte Regierungschef Nikolaj Denkow am Donnerstag nach einem Gespräch mit dem Krisenstab in der Schwarzmeerstadt Zarewo. Es gebe Angaben des Innenministeriums vom Donnerstagmorgen zufolge keine Hinweise auf Menschen in Not oder auf neue Todesopfer. In der betroffenen Region regnete es seit Mittwoch nicht mehr.

Beim Hochwasser infolge von Starkregen kamen in Bulgarien am Dienstag vier Menschen ums Leben – Mutter und Tochter und zwei Männer. Südlich der Hafenstadt Burgas hatte die Wasserflut Landstraßen und Brücken stark beschädigt. Da einige Brücken komplett einstürzten, mussten vielerorts Umleitungswege für den Verkehr gefunden werden.

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Urlauber würden nun mit Hilfe der Verkehrspolizei auf den Rückweg gebracht, sagte der Regierungschef Denkow weiter. Das Leitungswasser fließe wieder, könne allerdings nur für Haushaltszwecke benutzt werden.

Entwässert wurden soweit alle Häuser, für die es Hinweise gegeben habe, sagte Feuerwehr-Chef Aleksandar Dschartow dem bulgarischen Staatsradio. Am Donnerstag seien Hotels und Garagen an der Reihe. Der Wasserstand von Stauseen werde verringert, so dass sie nicht überlaufen.

Das Ausmaß aller Schäden konnte noch nicht beziffert werden. Einer ersten Schätzung von Regierungschef Denkow vom Mittwoch zufolge werden Schäden von mehr als zehn Millionen Lewa (rund fünf Millionen Euro) erwartet. Sozialarbeiter prüften am Donnerstag den Zustand der beschädigten Gebäuden. Die Menschen sollen vom Staat finanziell unterstützt werden.

Hinweis: Dieser Artikel wurde mehrfach aktualisiert.

DPA
ls

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