Es gibt nicht viele Menschen, deren Geburtstag weltweit gefeiert wird. Wenn aber Südafrikas Nationalheld Nelson Mandela an diesem Donnerstag 95 Jahre alt wird, kommen zu seinen Ehren der amerikanische Ex-Präsident Bill Clinton und der Sänger Harry Belafonte zu einer Mandela-Sondersitzung der UN-Vollversammlung in New York.
Millionen Menschen in aller Welt, Politiker, Prominente und einfache Bürger, Firmenbelegschaften, Schulklassen und Gemeinden werden sich am "Internationalen Nelson-Mandela-Tag" der UN 67 Minuten lang sozial engagieren. Denn 67 Jahre war Mandela, der erste schwarze Präsident Südafrikas, politisch aktiv. 27 Jahre davon saß er wegen seines Kampfes gegen das rassistische Apartheidsystem im Gefängnis.
Seit fast sechs Wochen liegt Mandela schwer krank in der Klinik. Groß sind die Sorgen um seine Gesundheit. Peinlicher Streit in der Familie über Mandelas Erbe kommt hinzu. "Die diesjährige Ehrung kommt zu einer schwierigen Zeit für Mandela und seine Familie", sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. "Wir fordern alle Menschen auf, ihn mit guten Taten in seinem Sinne zu ehren."
Millionen Kinder singen "Happy Birthday"
Angesichts der dramatischen Umstände scheint ein ganz besonderer Mandela-Tag bevorzustehen. In Südafrika ist eine Flut von Aktionen geplant. Millionen Schulkinder werden morgens zu Ehren des Vaters der "Regenbogennation" singen. Radio- und Fernsehstationen senden ein "Happy Birthday"-Lied. Aus der Ferne gratulierte bereits US-Präsident Barack Obama. Er erklärte nach Angaben des Weißen Hauses, seine Familie sei tief bewegt vom Besuch auf der ehemaligen Gefangeneninsel Robben Island gewesen, wo Mandela viele Jahr lang inhaftiert war.
Das Hospital in Pretoria ist schon seit Wochen eine Art Wallfahrtsort. Südafrikaner unterschiedlichster Herkunft und Hautfarbe bringen Blumen, Stofftiere, Luftballons, Genesungswünsche und selbstgemalte Bilder. Oft wird gemeinsam gebetet und gesungen. Am Geburtstag Mandelas werden hier Tausende erwartet. Präsident Jacob Zuma, Oppositionschefin Helen Zille und viele andere Politiker werkeln und helfen in armen Townships. Auch die deutsche Botschaft und deutsche Unternehmen nutzen den Tag für soziale Aktivitäten - wie die Ausstattung von Schulen.
Der britische Milliardär Richard Branson möchte "67 Minuten verwenden, um aus der Welt einen besseren Ort zu machen". Der Boss der Fluglinie Virgin will junge Unternehmer beraten. Vom Eiffelturm in Paris soll ein Mandela-Gratulationsbanner wehen. In vielen US-Städten sind Aktionen geplant. In New York wollen UN-Mitarbeiter helfen, vom Hurrikan Sandy zerstörte Häuser wieder aufzubauen. In Boston wollen der Gouverneur von Massachusetts, Deval Patrick, und andere Politiker an einem Kirchenkonzert zu Mandelas Ehren teilnehmen. Im australischen Melbourne ist ein Mandela-Musikkonzert geplant.
Ist es der letzte Mandela-Tag?
Viele Südafrikaner fürchten, dass es der letzte Mandela-Tag sein wird, an dem der Nationalheld noch lebt. Wie sonst wären die zahlreichen Besucher zu erklären, die seit Wochen nach Pretoria eingeladen werden, damit sie am Krankenbett Abschied nehmen können. Es kommen Angehörige, Freunde, Politiker, alte Kampfgefährten, Vertreter des Königshauses der Xhosa, Mandelas Volk.
Zwar gibt es neue Hoffnung. Mandelas Ehefrau Graca Machel meinte, sie habe jetzt nicht mehr so viel Angst um sein Leben wie noch vor einer Woche. Doch nach wie vor ist Mandelas Gesundheitszustand "kritisch, aber stabil", wie es heißt.
Unwürdiges Schauspiel der Familie
Obwohl er noch lebt, schwelt der Streit um sein Erbe unvermindert weiter. Viele Südafrikaner verfolgen angewidert die Grabenkämpfe in Mandelas Familie. Im Gerichtsstreit um die künftige Grabstätte schrieb Tochter Makaziwe Mandela offenbar wahrheitswidrig, ihr Vater befinde sich in einer Art Wachkoma. Wo immer Mandela einmal bestattet sein wird: An diesem Ort dürften Besucher aus aller Welt für dauerhaft sprudelnde Einnahmen sorgen.
Glaubwürdige Zeugen wie der ehemalige Kampfgefährte Dennis Goldberg berichten indes, bei jüngsten Besuchen hätten sie einen zwar von Lungenentzündung und Schwäche gezeichneten Mandela angetroffen, der aber durchaus lebendig sei. Auch ein Enkel, Ndaba Mandela, betonte: "Der alte Mann ist ausgesprochen lebendig", er nehme sichtlich seine Umgebung und die Besucher wahr.