Afghanistan-Strategie Obama erntet Applaus für neue Pläne

Aufstockung und Abzug: So lässt sich die neue Afghanistan-Strategie von Barack Obama zusammenfassen. Danach sollen die ersten US-Soldaten schon im Juli 2011 aus dem Land am Hindukusch abgezogen werden. Aber: Zuvor werden 30.000 Mann mehr nach Afghanistan entsandt. Die Reaktionen auf seine neuen Pläne waren sehr positiv.

Nach acht Jahren Afghanistan-Krieg setzt US-Präsident Barack Obama auf eine massive Militäroffensive mit größerer Unterstützung durch die Nato. Um die erstarkten Taliban-Kämpfer zurückzuschlagen, schickt Obama bereits Anfang des Jahres 30.0000 zusätzliche US-Soldaten an die Front. Zugleich machte er bei einer feierlichen Rede in der traditionsreichen Militärakademie West Point deutlich, dass er ein stärkeres Engagement der Verbündeten erwartet.

"Jetzt müssen wir zusammenstehen, um diesen Krieg erfolgreich zu beenden. Auf dem Spiel steht nicht einfach nur die Glaubwürdigkeit der Nato - was auf dem Spiel steht, ist die Sicherheit unserer Alliierten und die kollektive Sicherheit der Welt", sagte Obama. Aufgabe der neuen Soldaten sei nicht nur der Kampf gegen die radikalislamischen Taliban, sondern auch die Ausbildung der afghanischen Armee. "Sie werden unsere Anstrengungen stärken, kompetente afghanische Sicherheitskräfte zu trainieren und zu einem Partner für sie zu werden, damit mehr Afghanen als bisher am Kampf teilnehmen. Sie werden dabei helfen, die Bedingungen dafür zu schaffen, damit die Vereinigten Staaten Verantwortung an die Afghanen übertragen können."

USA fordern offenbar 2000 deutsche Soldaten zusätzlich

Presseberichten zufolge fordern die USA auch von Deutschland eine massive Aufstockung des Bundeswehrkontingents in Afghanistan. Obama habe um die zusätzliche Entsendung von 2000 Bundeswehrsoldaten gebeten, berichtete die "Leipziger Volkszeitung" unter Berufung auf Regierungsvertreter in Berlin. Laut "Bild"-Zeitung hat sich die Bundesregierung auf Forderungen der USA nach bis zu 2500 zusätzlichen Bundeswehrsoldaten eingestellt.

Das US-Verteidigungsministerium teilte am Mittwoch mit, Zusagen in der Größenordnung von 5000 bis 7000 zusätzlichen Soldaten seien von Verbündeten bereits gemacht worden oder würden in den nächsten Wochen erwartet. Einige Aufstockungen würden in diesem Monat bekanntgegeben, andere erst bei der internationalen Afghanistan-Konferenz am 28. Januar in London. In der Zeitung "Le Monde" war die Rede von insgesamt 10.000 Soldaten, die die Alliierten nach dem Willen der USA zusätzlich stellen sollen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Dienstag mit Blick auf eine mögliche Ausweitung des deutschen Engagements auf die Afghanistan-Konferenz verwiesen. Erst danach werde Deutschland festlegen, "ob und gegebenenfalls was wir an zusätzlichen Anstrengungen machen", sagte die Kanzlerin.

"Beweis für seine Entschlossenheit"

Obama fasst in seiner neuen Strategei auch erstmals das Ende des Krieges ins Auge. Bereits im Sommer 2011 soll - abhängig von der Sicherheitslage vor Ort - der Rückzug der US-Soldaten beginnen. US-Medien sprachen von der wichtigsten sicherheitspolitischen Weichenstellung seit Jahren. Wenn die Truppenaufstockung im Sommer 2010 abgeschlossen sein wird, wird sich die Zahl der US-Soldaten auf rund 100.000 erhöht haben.

Die Reaktionen waren zumeist positiv. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen begrüßte die neue Strategie der US-Regierung. Die Entscheidung Obamas, die US-Truppen in Afghanistan deutlich aufzustocken, sei "Beweis für seine Entschlossenheit", teilte Rasmussen in der Nacht zum Mittwoch in Brüssel mit. Der von Obama aufgezeigte umfassende Ansatz sei eine Strategie für einen breiten politischen Erfolg. Zugleich äußerte Rasmussen die Hoffnung, dass auch andere Verbündete ihren Anteil am Afghanistan-Einsatz ausweiten werden.

Taliban kündigen noch heftigeren Widerstand an

Großbritanniens Premierminister Gordon Brown machte dem Dänen Mut. "Ich rufe alle unsere Verbündeten auf, sich hinter der Strategie von Präsident Obama zu vereinen", erklärte Brown am Mittwoch. Großbritannien wolle sich dafür einsetzen, dass auch andere Länder ihre Truppen verstärkten. Auch der Befehlshaber der US- und Nato-Truppen ist zufrieden. "Die Koalition ist ermutigt von Präsident Barack Obamas Entscheidung", erklärte General Stanley McChrystal am Mittwochmorgen in Kabul. Negativ reagierten wie gehabt die radikalislamischen Taliban. US-Präsident Barack Obama werde "Zeuge von vielen Särgen werden, die von Afghanistan in die USA gebracht werden", sagte ein Sprecher der Aufständischen am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP. "Die 30.000 zusätzlichen Soldaten, die nach Afghanistan kommen werden, werden nur heftigeren Widerstand und Kämpfe herausfordern."

Obama stellte bei seiner Rede unmissverständlich klar, dass er den Krieg zu einem "erfolgreichen Ende" bringen will. Die Sicherheitslage am Hindukusch sei prekär, es mangele an Fortschritte. "Afghanistan ist nicht verloren, aber es hat sich seit einigen Jahren zurückbewegt", sagte er. Das Terrornetz El Kaida habe Unterschlupf an der Grenze zu Pakistan gefunden. "Kurz gesagt: Die gegenwärtige Lage kann nicht beibehalten werden."

"Die Sicherheit der USA steht auf dem Spiel"

Ausdrücklich betonte Obama, die Lage in Afghanistan habe nicht nur regionale Auswirkungen. "Wenn ich nicht denken würde, dass die Sicherheit der Vereinigten Staaten und des amerikanischen Volkes auf dem Spiel stünde, würde ich frohen Mutes jeden einzelnen Soldaten schon morgen nach Hause befehlen." Er habe seine Entscheidung nicht leichten Herzens getroffen. Aber die Sicherheit der USA sei in Afghanistan und in Pakistan Gefahren ausgesetzt. "Dies ist das Epizentrum des gewalttätigen Extremismus, wie ihn El Kaida praktiziert", sagte Obama.

Besonderes Gewicht legte der Präsident auf eine engere Zusammenarbeit mit Pakistan. "Wir werden die Möglichkeiten Pakistans stärken, jene Gruppen zu bekämpfen, die unsere Länder bedrohen." Eine "effektive Partnerschaft" mit dem Nachbarland Afghanistans sei eines der drei Kernelemente der neuen amerikanischen Strategie - neben den Bemühungen, die Verantwortung für die Sicherheit auf die Afghanen zu übertragen und den Aufbau ziviler Strukturen voranzutreiben.

Eindringlich rief Obama die Regierung in Kabul zu größeren Anstrengungen beim Aufbau des Landes und im Kampf gegen die Korruption auf. Kabul müsse eine verbesserte Sicherheitslage auch nutzen, forderte der Präsident. "Die Zeiten, in denen es Blankoschecks gab, sind vorbei." Korrupte und ineffektive Beamte in Kabul müssten zur Verantwortung gezogen werden. "Wir werden sehr klar machen, was wir von denen erwarten, die unsere Hilfe in Anspruch nehmen."

DPA · Reuters
mad/DPA/Reuters/AFP