Nach monatelanger Gewalt gegen das syrische Volk hat sich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf eine Verurteilung des Regimes in Damaskus einigen können. Der Präsident des Gremiums, in diesem Monat der indische UN-Botschafter Hardeep Singh Puri, verlas am Mittwoch eine Erklärung, in der die Haltung der Regierung kritisiert und zur Mäßigung aufgerufen wird. Gleichzeitig wurde von den Demonstranten ein Stopp von "Angriffen auf staatliche Einrichtungen" gefordert.
Allerdings hat das Papier nur den Status einer Präsidentiellen Erklärung und ist damit weniger gewichtig als eine Resolution. Zudem ist es nicht mit Strafandrohungen verbunden. Die Erklärung ist der kleinste gemeinsame Nenner. Insbesondere Russland und China, beide als ständige Mitglieder mit Vetorecht ausgestattet, hatten keine schärfere Kritik an Syrien zugelassen. Auch der unter starkem syrischen Einfluss stehende Libanon war bis zuletzt gegen Kritik an seinem Nachbarland.
Der Sicherheitsrat verurteilt in dem Papier eine "weitreichende Verletzung der Menschenrechte und die Gewalt gegen Zivilisten". "Wir rufen zum sofortigen Ende der Gewalt auf und fordern von allen Seiten größtmögliche Zurückhaltung und Abstand von Repressalien, einschließlich der Angriffe auf staatliche Institutionen." Die Regierung müsse die Menschenrechte achten und die Verantwortlichen für Verbrechen zur Rechenschaft ziehen. "Wir begrüßen die Ankündigung von Reformen, sehen aber Mängel bei deren Durchsetzung und fordern diese nun mit Nachdruck." UN-Generalsekretär Ban Ki Moon soll innerhalb einer Woche Bericht über die Situation in Syrien erstatten.
Westerwelle begrüßt Papier
"Das ist ein guter Text. Wir haben gezeigt, dass wir mit einer Stimme sprechen können", sagte Puri. "Mit dem einstimmigen Votum haben wir ein deutliches Signal nach Damaskus geschickt." Sein britischer Amtskollege Mark Lyall Grant sagte, dass "die barbarischen Akte" in Syrien aufhören müssten. "Das Volk hat das Recht auf Freiheit, Sicherheit und Gerechtigkeit." Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle begrüßte das Papier. "Die internationale Gemeinschaft hat eine wichtige Botschaft an die syrische Regierung gesendet", erklärte er in Berlin.
Westerwelle und Deutschlands amtierender UN-Botschafter Miguel Berger forderten von der Regierung in Damaskus, jede Gewalt sofort zu stoppen. "Wir hoffen, dass Damaskus das klare Signal dieser Erklärung verstanden hat", sagte Berger. Er erinnerte aber auch daran, dass schon seit zwei Monaten ein Resolutionsentwurf der vier europäischen Ratsmitglieder - Frankreich, Großbritannien, Portugal und Deutschland - vorliege. "Erst jetzt, Hunderte Tote später, konnte der Widerstand überwunden werden."
Human Rights Watch pocht auf UN-Resolution
Human Rights Watch forderte erneut eine Resolution, in der der Regierung in Damaskus Strafen angedroht werden müssten. "Bei der Eskalation der Gewalt in den vergangenen Tagen muss der Sicherheitsrat das deutlichste Signal an Präsident Machthaber Baschar al-Assad senden, dass er die Attacken auf sein Volk beenden muss. Und dieses Signal kann nur eine Resolution sein", sagte Peggy Hicks von der Menschenrechtsorganisation.
Panzer vor Hama und Deir Essor
Die syrischen Sicherheitskräfte gehen seit Monaten gewaltsam gegen die Protestbewegung im Land vor, wobei seit Mitte März mehr als 1400 Menschen getötet worden sein sollen. Mit dem Sturm der Armee auf die Stadt Hama hatte die Gewalt am Wochenende mit rund 140 Todesopfern einen neuen brutalen Höhepunkt erreicht.
Am Mittwoch gingen nach Angaben eines syrischen Bürgerrechtlers hunderte Panzer um die Städte Hama und Deir Essor in Stellung. Zudem seien in anderen Orten drei Demonstranten getötet worden, sagte Rami Abdel Rahman von der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Alle Telefon- und Internetverbindungen nach Hama seien unterbrochen. Mehrere Viertel seien bombardiert worden, sagte ein anderer Bürgerrechtler, der von einem "wahren Krieg" sprach.