Umstrittener Richterkandidat Showdown im Fall Brett Kavanaugh - ein Mann spaltet die USA

Donald Trump bei einer Rally in Mississippi
Die Zeiten werden immer turbulenter in Amerika. Brett Kavanaughs mögliche Ernennung als Richter in den Obersten Gerichtshof spaltet die Nation. Bis diese Woche hielt sich Trump mehr oder weniger zurück. Christine Blasey Ford, die Frau, die Kavanaugh sexuellen Missbrauch vorwirft – sei eine glaubwürdige Zeugin, sagte Trump. Er tat so, als wolle er ihre Seite hören.Doch wie ich in der letzten Folge vermutet habe, war das alles nur Show. Bei einer Rally in Mississippi verschwindet seine vorgespielte Empathie. Trump verspottet die Aussagen der Psychologieprofessorin und hinterfragt damit ihre Glaubwürdigkeit. "Ich hatte ein Bier. Denken Sie, dass es mehr waren? Nein. Ich hatte ein Bier. Wie sind Sie nach Hause gekommen? Ich weiß nicht mehr. Wie sind sie dort angekommen? Ich weiß nicht mehr. Wo hat es stattgefunden? Ich weiß nicht mehr. Vor wie vielen Jahren war es? Ich weiß nicht." Wie krass ist das denn: Ein US-Präsident verhöhnt ein mutmaßliches Opfer sexueller Gewalt, um bei seinen Anhängern zu punkten. Was ist aus Trumps Strategie geworden, sich nicht zu sehr auf Kavanaughs Seite zu schlagen, falls die Nominierung scheitert? Gloves off (Jetzt wird’s ernst), Amerika. Donald der Wahlkampfboxer ist wieder da. Und er zeigt seine hässlichste Seite. Trump: "In welchem Stadtteil war die Party? Ich weiß nicht. Wo ist das Haus? Ich weiß nicht. Erster Stock, Erdgeschoss, wo war es? Ich weiß nicht. Aber ich hatte ein Bier. Nur daran kann ich mich erinnern. Und das Leben eines Mannes ist ruiniert." Trump verteidigt Kavanaugh, weil er sich mit ihm identifiziert. Beide Männer kommen aus privilegierten, weißen Familien, denen die Welt immer zu Füßen lag. Nun sehen sich beide mit sexuellen Missbrauchsvorwürfen konfrontiert und verstehen die Welt nicht mehr. "Ich habe viele falsche Vorwürfe gehabt. Ich hatte alles – ich hatte so viele. Wenn ich sage, dass es nicht passiert ist, glaubt mir keiner." "Man ist schuldig bis man für unschuldig erklärt wird. Das ist sehr gefährlich für unser Land. Ich erfahre das ständig. Für mich ist es aber doch teil der Jobbeschreibung. Lasst es mir passieren. Doch nicht Kavanaugh." Ich glaube nicht, dass sexuelle Belästigungsvorwürfe mit dem Amt des US-Präsidenten automatisch einhergehen. Trump kapiert die MeToo-Bewegung nicht. Nun soll es plötzlich Konsequenzen für Männer geben, die andere Menschen sexuell missbraucht haben? "Wir leben in einer Zeit, wenn Ihr Vater, Ihr Ehemann, Ihr Bruder, Ihr Sohn Erfolg haben könnten. Mama, ich war ein Musterschüler ... Dann: Mama, eine Person, die ich nicht kenne, sagt, dass ich etwas Grausames gemacht haben soll. Nun werde ich gefeuert. Ich weiß nicht, was ich machen soll." Für Trump steht fest: Die Opfer der MeToo-Bewegung sind die Männer. "Es ist eine beängstigende Zeit für junge Männer in Amerika, wenn man für schuldig gehalten wird, obwohl man unschuldig ist." Ich würde lieber in einer Welt leben, in der Frauen selbstverständlich sexuellen Missbrauch anzeigen. Ich bin auch dafür, dass keiner als "Guilty" angesehen wird, bevor der Fall vor Gericht verhandelt wurde. Aber wir dürfen die Stimmen der Opfer nicht verstummen lassen. Und vor allem dürfen wir uns nicht über sie lustig machen. Wir müssen eine Gesellschaft schaffen, wo Opfer frei sprechen können – ohne Angst vor negativen Konsequenzen. Trump will eine solche Gesellschaft offenbar nicht, in der Männer sich für ihre Taten verantworten müssen. Der Senat soll am Wochenende abstimmen – und Kavanaugh wird wahrscheinlich durchkommen. Trotz der Tatsache, dass mehrere republikanische Senatoren Dr. Ford für "glaubwürdig" halten. Das wäre das schlimmste Ergebnis, das es geben könnte: Nun wird eine Frau angehört, es wird ihr sogar geglaubt – und trotzdem ändert sich nichts. Vielen Dank fürs Zuschauen. Wir sehen uns nächste Woche bei "The Trump of the Week". 
Der Streit um den Richterkandidaten Brett Kavanaugh ist wohl eine der heftigsten innenpolitischen Schlachten in Donald Trumps Präsidentschaft. Beide Männer verbindet eine Eigenschaft.

Brett Kavanaugh ist nicht nur der Wunschkandidat von US-Präsident Donald Trump, er teilt mit ihm auch eine grundlegende Eigenschaft: Seine Persönlichkeit spaltet die USA. Wochenlang stritten Republikaner und Demokraten erbittert über Kavanaughs Ernennung zum Obersten Richter. Der 53-Jährige, der wegen seiner konservativen Ansichten ohnehin umstritten ist, geriet durch Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs unter Druck. Dennoch dürfte Kavanaugh am Samstag zum Richter am Supreme Court ernannt werden.

Der konservative Jurist stand im Zentrum einer der wohl heftigsten innenpolitischen Schlachten in Trumps Präsidentschaft. Wenn der Senat Kavanaughs Kandidatur wie erwartet bestätigt, kann Trump dies als einen wichtigen Erfolg für sich verbuchen. Die Besetzung des freien Richterpostens entscheidet über den Kurs des mächtigen Supreme Court und damit letztlich des gesamten Landes - und dies potenziell für Jahrzehnte. Denn die obersten Richter werden auf Lebenszeit ernannt. Und Kavanaugh ist mit seinen 53 Jahren ein vergleichsweise junger Richter.

Donald Trump hatte Brett Kavanaugh nominiert

Trump hatte den Juristen im Juli nominiert. Er hielt auch in den vergangenen Wochen unbeirrt an seinem Kandidaten fest, als dieser wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs in große Bedrängnis geriet und die hauchdünne Mehrheit der Republikaner im Senat zu bröckeln drohte.

Kavanaugh selbst wehrte sich zornig gegen die Anschuldigungen dreier Frauen, sie während seiner High-School- und Studienzeit sexuell belästigt zu haben. Bei einer Anhörung im US-Senat Ende September trug er im zornigem Tonfall, mit verzerrtem Gesicht und manchmal schluchzend seine Verteidigungsrede vor, nachdem die Psychologieprofessorin Christine Blasey Ford im Detail geschildert hatte, wie Kavanaugh sie vor 36 Jahren während einer Teenager-Party zu vergewaltigen versucht habe.

Zahlreiche US-Amerikaner protestierten in den vergangenen Wochen gegen die Nominierung von Brett Kavanaugh
Zahlreiche US-Amerikaner protestierten in den vergangenen Wochen gegen die Nominierung von Brett Kavanaugh zum Richter am Obersten Gerichtshof
© Jim Watson / AFP

"Meine Familie und mein Name sind durch diese bösartigen und falschen Anschuldigungen zerstört worden", sagte Kavanaugh. Er bezeichnete die Vorwürfe gegen ihn als politisch motiviert und sprach von einem "Zirkus". Kritiker zogen deswegen seine Eignung für das Amt eines Obersten Richters auf Lebenszeit in Zweifel.

Eine weitere FBI-Untersuchung verzögerte anschließend den Nominierungsprozess, brachte Kavanaugh aber nicht zu Fall. Die Schlussabstimmung am Sonntag gilt als Formsache, da sich die erforderliche Mehrheit von 51 Senatoren öffentlich für Kavanaugh ausgesprochen hat.

Kavanaugh: "Ich bin unabhängig und unparteiisch"

Eine größere Herausforderungen dürfte es für ihn werden, sein Image in der Öffentlichkeit zu korrigieren. Im "Wall Street Journal" machte Kavanaugh diese Woche Werbung in eigener Sache. "Ich bin ein unabhängiger, unparteiischer Richter", schrieb er in einem Meinungsbeitrag für die US-Zeitung. Er verteidigte auch seinen Auftritt bei der Anhörung im Senat. Zudem betonte Kavanaugh: "Ich entscheide Fälle nicht auf Grundlage von persönlichen oder politischen Vorlieben."

Aus seiner Zugehörigkeit zum konservativen Lager besteht indes kein Zweifel. Kavanaugh war von einer erzkonservativen Lobbyistengruppe auf eine Liste potenzieller Supreme-Court-Kandidaten gesetzt worden. Diese Liste machte sich Trump zu eigen, um sein Wahlkampfversprechen zu erfüllen, dem Obersten Gericht eine stramm rechte Ausrichtung zu verpassen. Zum Liebling konservativer Kreise wurde Kavanaugh durch eine Vielzahl von Entscheidungen und Stellungnahmen. Seit elf Jahren ist der Absolvent der Eliteuniversität Yale an einem Bundesberufungsgericht in Washington tätig. Dort bezog er etwa Stellung gegen die von Trumps Vorgänger Barack Obama eingeführte allgemeine Krankenversicherung. 

Schon am Anfang seiner Laufbahn war Kavanaugh am Supreme Court tätig - als Assistent des Richters Anthony Kennedy, dessen Platz er nun einnehmen soll. Er arbeitete für den Sonderermittler Kenneth Starr, der die Sexaffäre zwischen Präsident Bill Clinton und der Praktikantin Monica Lewinsky untersuchte, sowie im Rechtsberaterteam von Präsident George W. Bush. 

Später nominierte Bush Kavanaugh dann für das Berufungsgericht. Schon damals geriet der praktizierende Katholik und Vater zweier Kinder zwischen die politischen Fronten. Die Demokraten blockieren seine Ernennung, weil Kavanaugh am erbitterten Kampf um die Stimmenauszählungen in Florida nach der Präsidentschaftswahl 2000 beteiligt war, der im umstrittenen Sieg Bushs über Al Gore resultierte. Erst mit drei Jahren Verzögerung bekam Kavanaugh schließlich grünes Licht für den Richterposten. Auch dieses Mal scheint die Nominierungsschlacht zu seinen Gunsten auszugehen.

Im Video: "Diese fünf Momente brachten Kavanaugh während der Anhörung aus der Fassung" 

Anhörung zu Missbrauchsvorwürfen: Diese fünf Momente brachten Kavanaugh aus der Fassung
Diese fünf Momente brachten Kavanaugh aus der Fassung
AFP
fin / Sébastien Blanc

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