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Eklat um Präsidenten-Tweets So heuchlerisch verteidigt das Weiße Haus die Baltimore-Beschimpfung von Donald Trump

Donald Trump
Donald Trump
© Carolyn Kaster / DPA
Angesichts der Empörung über Donald Trumps Beleidigung des schwarzen Abgeordneten Elijah Cummings und der Ostküstenstadt Baltimore hat das Weiße Haus den US-Präsidenten in Schutz genommen – mit absurden Argumenten.

Donald Trumps Stabschef Mick Mulvaney wähnte sich vermutlich in Freundesland, als er auf Fox News versuchte, die Schimpfkanonade zu rechtfertigen, die sein Chef am Wochenende gegen den mächtigen schwarzen Vorsitzenden des Kontrollausschusses im Repräsentantenhaus, Elijah Cummings, und die Ostküstenmetropole Baltimore losgelassen hatte.

Trump habe sich einfach nur gegen seinen Kritiker gewehrt, von Rassimuss keine Spur, so die Botschaft des Chief of Staff an das Publikum des Haus- und Hofsenders der Republikaner. Doch so leicht wollte Moderator Chris Wallace den US-Präsidenten und seinen Verteidiger nicht vom Haken lassen.

Fox-Moderator grillt Trumps Stabschef

Trump hatte Cummings als "brutalen Tyrannen" beschimpft und dessen mehrheitlich von Schwarzen bewohnten Wahlkreis im US-Bundesstaat Maryland, zu dem auch ein großer Teil der Stadt Baltimore gehört, ein "widerliches, von Ratten und Nagern verseuchtes Drecksloch" genannt. In einer Reihe von Tweets, teilweise mit mehreren Stunden Abstand, schrieb der US-Präsident über den Wahlbezirk seines prominenten Widersachers, er sei der "schlimmste" und "gefährlichste" Ort der USA. "Kein menschliches Wesen würde dort leben wollen."

Trumps Aussagen "scheinen die schlimmste Art von Rassenstereotypisierung zu sein. Schwarzer Abgeordneter, mehrheitlich von Schwarzen bewohnter Wahlbezirk", hielt Wallace Mulvaney am Sonntag in der Sendung "Fox News Sunday" vor. "Sagt er, dass Menschen, die in Baltimore leben, keine menschlichen Wesen sind?" 

Medien berichten, dass Trumps eigene Immobilien von Ratten befallen sind

Statt auf die Frage zu antworten, beklagte Mulvaney sich über einen angeblich unfairen Umgang der Medien mit dem Präsidenten. Wenn Trump, wie vor einigen Tagen geschehen, die als "The Squad" (die Truppe) bekannten demokratischen Abgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez, Omar Ilhan, Rashida Tlaib und Ayanna Pressley angreife, werde er als Rassist bezeichnet, wenn die ranghöchste Demokratin Nancy Pelosi das gleiche mache, werde sie dafür nicht kritisiert.

Trumps Angriffe haben "absolut null mit Rasse zu tun"

Was Mulvaney dabei unterschlägt: Donald Trump hatte die vier Frauen, die allesamt US-Staatsbürgerinnen mit Migrationshintergrund sind, nicht einfach nur kritisiert, er hatte sie mehrfach aufgefordert, in ihre vermeintlichen Heimatländer zurückzugehen, wenn es ihnen in den USA nicht gefalle, und sein Publikum auf einer Wahlkampfveranstaltung so lange angestachelt, bis es "Schickt sie zurück!" skandierte. Das demokratisch dominierte Repräsentantenhaus hatte seine "rassistischen Kommentare" daraufhin scharf verurteilt. 

Für Mulvaney spielt das alles keine Rolle. Trumps Angriffe hätten "absolut null mit Rasse zu tun", behauptete er. Doch Moderator Wallace lässt ihm das nicht durchgehen und weist auf ein "klares Muster" im Verhalten des 73-Jährigen hin: "Vor seiner Amtseinführung twitterte der Präsident über John Lewis, einen schwarzen Kongressabgeordneten ... dass er Zeit in seinem "von Verbrechen verseuchten" Wahlbezirk verbringen solle. Dann, vor zwei Wochen, attackiert er diese vier Squad-Mitglieder - alles dunkelhäutige Frauen - und sagt, sie sollten in die 'von Verbrechen verseuchten Länder, aus denen sie kommen', zurückkehren. Dann spricht er über Elijah Cummings und sagt, dessen Wahlbezirk sei 'mit Ratten und Nagetieren verseucht'. Verseucht. Es klingt nach Ungeziefer. Es klingt nach Untermenschen. Und das sind alles Mitglieder des Kongresses, die Menschen mit dunkler Hautfarbe sind."

"Ich denke, Sie verbringen viel zu viel Zeit damit, zwischen den Zeilen zu lesen", versuchte Mulvaney sich herauszureden, woraufhin Wallace entgegnet: "Ich lese nicht zwischen den Zeilen, ich lese die Zeilen."

Ausgerechnet Trump prangert angebliche Lüge an

Noch fragwürdiger argumentierte Mulvaney in einem Interview mit dem US-Sender CBS. Auf die Frage von Moderatorin Margret Brennan, was der US-Präsident mit seinen Beschimpfungen bezweckt habe, antwortete der Stabschef, Trump habe sich damit gegen das, "was er als er Ungenauigkeiten und Lügen ansieht gewehrt". Cummings habe kürzlich im Kontrollausschusses des Repräsentantenhauses über die Situation an der Grenze zu Mexiko gesagt, "dass die Kinder an der Grenze in ihrem eigenen Kot saßen. Das ist falsch, in der Tat ist es irreführend falsch. Es ist die Art von Sache, die eine zivilisierte Debatte darüber, wie man die Krise an der Grenze angeht, wirklich kaputt macht. Und dem Präsidenten gefiel es nicht."

Cummings hatte tatsächlich von Kindern, die in ihrem Kot sitzen, gesprochen, aber seine Behauptung ist weder falsch noch irreführend. Wie die Kinderärzte-Vereinigung American Academy of Pediatrics nach einem Besuch von US-Internierungslagern für Migranten Ende Juni feststellte, sind die Zustände dort "wirklich schockierend" und vergleichbar mit "Folter-Einrichtungen". Ein Gestank von Urin, Kot und Schweiß habe die Mediziner getroffen, als sie eines der Lager betraten. Eine Gruppe von Anwälten befragte im Juni vor Ort 60 Kinder im Alter von fünf Monaten bis 17 Jahren. Diese hätten Körperflüssigkeiten wie Muttermilch, Urin und Schleim auf ihrer Kleidung gehabt und berichtet, dass Müttern die Windeln für ihre Babys weggenommen worden seien und es weder eine Waschmöglichkeit noch Ersatz für Kinderkleidung gäbe, wenn diese sich in die Hose gemacht hätten.

Das absurdeste an Mulvaneys Argument ist aber, dass Trump eine "zivilisierte Debatte" verlangt und "Ungenauigkeiten und Lügen" anprangert. Nur zur Erinnerung: Donald Trump bepöbelt, bedroht, und beschimpft seit Jahren seine Gegner auf Twitter und hat in seiner Amtszeit die ethischen Maßstäbe der amerikanischen Politik ins Wanken gebracht. Und was "Ungenauigkeiten" betrifft: Ende April wurde der US-Präsident bei seiner 10.000 Lüge erwischt, sein Rekord bis dato: 171 Lügen in nur drei Tagen.
 

Quellen: Fox News auf TwitterCBS News; SlateAmerican Acadamy of Pediatrics; "Newsweek"; "Washington Post"; "Huffington Post"Donald Trump bei Twitter

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