Es sind Aussagen, die selbst aus dem Munde von Donald Trump erschrecken und die schwerwiegende Folgen haben könnten: Bei einem Wahlkampfauftritt in Greenville im US-Bundesstaat North Carolina hat der US-Präsident seine Anhänger mit Hasstiraden gegen die Demokratin Ilhan Omar und deren drei Parteikolleginnen aufgehetzt.
Sie seien "hasserfüllte Extremisten, die ständig versuchen, unser Land zu zerstören", wetterte Trump gegen die Kongressabgeordneten Omar, Alexandria Ocasio-Cortez, Rashida Tlaib und Ayanna Pressley, die er seit Tagen mit rassistischen Anfeindungen überzieht. Die Politikerinnen, die in US-Medien auch "The Squad" (Die Truppe) genannt werden, würden dazu beitragen, den Aufstieg einer gefährlichen, militanten Linken in den USA zu fördern, die das Land nicht lieben. "Sie wollen unsere Verfassung zerstören. Die Werte, die dieses wunderbare Land aufgebaut hat, beseitigen", behauptete Trump. "Wenn sie es nicht mögen, lasst sie gehen."
"Schickt sie zurück!, schickt sie zurück!"
Über die Muslimin Omar, die als Kind mit ihrer Familie aus Somalia in die USA geflüchtet war, behauptete Trump sogar fälschlicherweise, sie habe sich mit Stolz über das islamistische Terrornetzwerk al Kaida geäußert. Das Publikum skandierte daraufhin lautstark: "Schickt sie zurück!, schickt sie zurück!".
Trumps ungehemmte Demagogie gegen die vier Politikerinnen, die US-Staatsbürgerinnen sind und bis auf Omar auch in den Vereinigten Staaten geboren wurden, ist nicht nur zutiefst rassistisch, sie ist für die Betroffenen auch eine ernsthafte Bedrohung.

"Das bringt mich jedes Mal in Gefahr. Fast jedes Mal, wenn diese unangebrachte Rhetorik von konservativen Gruppen hinausgeblasen wird, schießt die Zahl der Todesdrohungen, die wir an die Kapitol-Polizei weiterleiten, in die Höhe", beklagte sich Ocasio-Cortez bereits im April, nachdem die "College Republicans", eine nationale Vereinigung konservativer Studenten, sie als "Inlandsterroristin" diffamiert hatten. Und bei Drohungen gegen sie und auch Parteikolleginnen wie Omar, sei es nicht geblieben, twitterte AOC. "Mehrere Leute, die versucht haben, mir, Ilhan und anderen etwas zuleide zu tun, wurden festgenommen."
Die "College Republicans" entschuldigten sich damals angesichts der Empörung über ihre Diffamierung bei Ocasio-Cortez. Trump entschuldigt sich nie. Ihn stachelt der entsetzte Aufschrei seiner politischen Gegner und der Medien weiter an, wie sein Auftritt in North Carolina jetzt gezeigt hat. Ohnehin hat der Präsident immer bestritten, dass seine aggressive Rhetorik Auslöser für tatsächliche Gewalt sein könnte. Das aber ist ein gefährlicher Irrtum.
Donald Trump redet und die Gewalt nimmt zu
In seiner Amtszeit hat Trump die Grenzen des Denkbaren, des Sagbaren und auch des Machbaren in Bereiche verschoben, die zuvor sowohl in der politischen als auch der gesellschaftlichen Auseinandersetzung in den USA kaum vorstellbar waren. Auch Dank des "ohrenbetäubenden Schweigens" seiner republikanischen Partei hat der Mann im Weißen Haus längst das Gefühl, er könne sich alles erlauben, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen. Diese Haltung überträgt er auf seine Anhänger, wenn er ihnen auf seinen Veranstaltungen in Hinblick auf anwesende Gegendemonstranten zuruft: "Wenn du jemanden siehst, der sich bereit macht, eine Tomate zu werfen, dann prügel ihm die Scheiße aus dem Leib." Oder: "Ich würde ihm gerne ins Gesicht schlagen, das sage ich dir."
Niemanden darf es wundern, wenn sich angesichts solcher Gewaltaufrufe irgendwann einer seiner fanatischen Anhänger aufgefordert fühlt, das Land mit Waffengewalt vor der "Zerstörung" durch die "gefährlichen, militanten Linken" Omar, Ocasio-Cortez, Tlaib und Pressley zu retten.

Diese Befürchtung untermauert eine Studie der Universität von Nordtexas aus dem März dieses Jahres, über die unter anderem die "Washington Post" berichtete. Politikwissenschaftler der Uni hatten der Zeitung zufolge untersucht, ob die spaltenden Aussagen des Präsidenten im Wahlkampf eine Rolle dabei gespielt haben, weiße Nationalisten zu ermutigen. Dabei hätten sie herausgefunden, dass in Bezirken, in denen Donald Trump im Jahr 2016 als Hauptredner auf politischen Kundgebungen auftrat, die Zahl von Hassverbrechen im Vergleich zu Bezirken ohne eine derartige Kundgebung um 226 Prozent gestiegen sei.
Korrelation impliziere natürlich keine Kausalität, merken die Autoren der Studie der Zeitung zufolge an. Die Untersuchung könne deshalb nicht mit Sicherheit belegen, dass es Trumps Wahlkampfrhetorik war, die zu mehr Delikten führte. Dennoch kommen sie zu dem Ergebnis: "Trumps Rhetorik könnte Hassverbrechen fördern."
Glühender Trump-Fan verschickt Bomben
Einen weiteren Beleg dafür, dass Trump mit seinen Hasstiraden Gesundheit und Leben von Omar und ihren Parteikolleginnen in Gefahr bringt, liefert ein Blick in die jüngere Vergangenheit:
Es ist der 18. Februar 2017. In einem riesigen Hangar des Orlando Melbourne International Airports haben sich mehrere tausend Anhänger von Donald Trump versammelt, um dem US-Präsidenten bei einer Wahlkampfrede zuzuhören. Sie tragen "Make America Great Again"-Kappen, Schilder mit Aufschriften wie "Hillary ins Gefängnis" oder "CNN = Fake News" und brechen in Jubel aus, als Trump lautstark die Medien attackiert, den Bau seiner Mauer zu Mexiko ankündigt und verspricht dass Gangmitglieder und Drogenhändler aus dem Land geworfen werden.
Mitten in der aufgepeitschten Menge steht Cesar Altieri Sayoc, 56 Jahre alt, glühender Trump-Fan. Er hat Plakate mitgebracht. Auf einem steht: "Willkommen Präsident Trump", auf einem anderen: "Fake News und verlogene Medien - CNN ist Scheiße", darunter ein Sarg mit zwei Bildern der Schriftzüge "CNN" und "Buzzfeed". 20 Monate später bastelt Sayoc mehr als ein Dutzend Rohrbomben und verschickt sie an Trump-Kritiker wie Barack Obama, Hillary Clinton, Joe Biden, Hollywoodstar Robert de Niro und an CNN.

Die Empfänger von Sayocs Briefbomben hatten Glück: Keiner der Sprengsätze explodierte und alle blieben unverletzt.
Donald Trump sollte besser beten, dass auch "The Squad" so viel Glück hat.
Quellen: "Washington Post", ABC, CNN, "Vox", Rev, Deutschlandfunk, AFP, DPA