Die USA wollen in der kommenden Woche die Entscheidung im Weltsicherheitsrat über eine zweite, einen Krieg legitimierende Irak-Resolution suchen. Sie haben jetzt 250.000 Soldaten einsatzbereit in der Umgebung des Persischen Golfes. Zusätzlich hat Verteidigungsminister Donald Rumsfeld 60.000 Mann den Marschbefehl erteilt. Zu diesen Truppen gehören 15.000 bis 17.000 Soldaten der in Wiesbaden stationierten 1. Panzerdivision. Wie Pentagonkreise am Dienstag mitteilten, werden die weiteren Einheiten allerdings nicht vor Ende April in der Region erwartet und damit wahrscheinlich nicht an einer möglichen Invasion teilnehmen.
Am Montag lief unterdessen der amerikanische Flugzeugträger "USS Nimitz" mit acht weiteren Kriegsschiffen vom kalifornischen Hafen San Diego in Richtung Persischer Golf aus. Die "Nimitz" hat 5500 Mann Besatzung und 70 F/A-18-Kampfflugzeuge an Bord. Der gesamte Flottenverband verfügt über rund 8000 Soldaten und Seeleute. Wenn er sein Zielgebiet in etwa einem Monat erreicht haben wird, soll er eine der fünf Flugzeugträger-Gruppen ablösen, die sich dort bereits befinden. Die fünf Gruppen verfügen über mehr als 350 Kampf-Jets.
Die USA und Großbritannien wollen nach Medienberichten in der kommenden Woche die Entscheidung über eine neue Irak-Resolution des Weltsicherheitsrats anstreben. Sie hielten es für sinnlos, noch länger darüber zu debattieren, berichtete die "Washington Post" am Dienstag. Der nächste Bericht des Chefwaffeninspektors Hans Blix voraussichtlich am Freitag werde der Beginn der Schlussphase sein. Die beiden Regierungen würden mutmaßlich keine Abstimmung beantragen, solange sie sich der notwendigen Mehrheit von neun Stimmen ohne ein Veto nicht sicher wären. Als unentschlossen gelten noch Angola, Kamerun, Chile, Guinea, Mexiko und Pakistan.
Für die USA ist "keine echte Abrüstung" ersichtlich
In einem BBC-Interview, das am Dienstagabend ausgestrahlt werden sollte, bekräftigte US-Verteidigungsminister Rumsfeld, dass Washington von den Abrüstungsschritten des Irak nicht überzeugt ist. Die Zerstörung von Al-Samoud-Raketen sei für ihn kein Beweis dafür, dass die UN-Inspektionen Präsident Saddam Hussein zur Entwaffnung zwängen. Wie die BBC vorab mitteilte, sagte Rumsfeld in dem Interview auch, dass der Irak jederzeit wieder neue Massenvernichtungswaffen herstellen könne, selbst wenn die Inspekteure noch im Land seien.
"Das ist keine echte Abrüstung", sagte auch Präsidentensprecher Ari Fleischer. Der Irak zerstöre lediglich Waffen, deren Existenz er anfangs geleugnet habe. "Wie sollen wir wissen, ob es nicht die Mutter aller Ablenkungs- und Täuschungsmanöver ist?" Nach den Worten von Fleischer hofft die US-Regierung weiterhin, dass im Fall eines Krieges auch die Türkei einer Stationierung amerikanischer Truppen zustimmen wird. Die USA könnten einen Krieg gegen den Irak aber auch ohne Unterstützung der Türkei gewinnen. "Welche Route auch immer eingeschlagen wird, die militärische Mission wird erfolgreich sein."
Saddam Hussein sagt den USA deren Niederlage voraus
In einem Brief zum islamischen Neujahr hat sich der irakische Präsident Saddam Hussein an das Volk gewandt und den USA eine Niederlage bei einem Angriff vorausgesagt. Unter Bezug auf die Vereinigten Staaten erklärte er am Dienstag, "der Tyrann" wolle das irakische Volk versklaven und ihm seine Freiheit nehmen. Irak werde jedoch aus jedem Krieg siegreich hervorgehen. Mit einer Abstimmung über eine UN-Resolution, die einen Angriff ermöglichen würde, wurde in Diplomatenkreisen am 13. März gerechnet.
"Der Tyrann dieser Zeit denkt, er sei eine Alternative zu Gott", zitierte ein Sprecher des staatlichen Fernsehens aus dem Brief des Präsidenten. Irak werde jedoch triumphieren, hieß es. Trotzdem setzte Bagdad am Dienstag die Zerstörung seiner Kurzstreckenraketen vom Typ El Samud 2 fort, wie UN-Sprecher Hiro Ueki erklärte. Nach irakischen Angaben wurden zwei weitere Raketen von Planierraupen vernichtet. Seit Samstag hat Bagdad 16 Raketen unbrauchbar gemacht.
Im Sicherheitsrat weiterhin keine mehrheitliche Unterstützung der USA
Das Weiße Haus erklärte am Montag, Irak kooperiere immer noch nicht mit den UN-Waffeninspekteuren. Bagdad versuche weiterhin zu täuschen und sei zur Abrüstung nicht bereit. Die USA haben einen Resolutionsentwurf erarbeitet, in dem es heißt, Irak habe versäumt, die letzte ihm in der Resolution 1441 eingeräumte Chance zur friedlichen Entwaffnung zu ergreifen. Der Entwurf wird von Großbritannien und Spanien unterstützt, im 15 Mitglieder starken Sicherheitsrat zeichnet sich jedoch bisher noch nicht die notwendige Mehrheit von neun Stimmen ab.
Die USA rechnen trotzdem in der kommenden Woche mit einer Abstimmung über ihre Resolution. Voraussichtlich werde der Weltsicherheitsrat bereits einige Tage nach dem neuen Bericht der UN-Waffeninspekteure am Freitag über den Entwurf abstimmen, sagte der US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, John Negroponte, am Montag. "Wir sind der Ansicht, dass keine Debatte notwendig ist über diese sehr einfache und direkte Resolution", erklärte er.
Die USA bemühen sich für ihren Entwurf um Unterstützung von Angola, Kamerun, Chile, Guinea, Mexiko und Pakistan, die derzeit einen Sitz im Sicherheitsrat innehaben. Einige noch unentschlossene Staaten erklärten, sie wollten vor einer Entscheidung den Bericht der Waffeninspekteure abwarten.
Die USA sperren sich gegen kanadischen Kompromiss
Mitglieder des Sicherheitsrats berieten am Montagabend in New York über einen kanadischen Kompromissvorschlag. Danach sollen Irak eine Reihe von Vorgaben gemacht werden, die Bagdad bis zum Ende des Monats erfüllen muss. Die US-Regierung lehnte den Vorschlag ab. Der australische Ministerpräsident John Howard sagte, eine einstimmige Resolution des Sicherheitsrats mit Unterstützung der arabischen Länder könnte Irak möglicherweise zu einer verstärkten Kooperation bewegen.
Russland kritisierte den Inhalt des Resolutionsentwurfs am Dienstag als unbegründet und ohne Beziehung zu den tatsächlichen Umständen. In russischen Medienberichten hieß es, der stellvertretende Außenminister Juri Fedotow habe dies während eines Telefongesprächs mit seinen Kollegen aus Deutschland und Frankreich, Joschka Fischer und Dominique de Villepin, zum Ausdruck gebracht. Die drei Außenminister hielten weiter an den diplomatisch Mitteln zur Lösung der Krise fest, hieß es in einer Stellungnahme.
Das albanische Parlament stellte sich hinter den Irak-Kurs der amerikanischen Regierung und gewährte den US-Streitkräften Überflugrechte für einen Angriff auf Irak.