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Israel Hunderttausende wehren sich gegen Netanjahus Justizreform

Im Dunkeln steht eine Menschenmenge mit vielen israelischen Flaggen auf einem Platz
Sehen Sie im Video: Hunderttausende protestieren gegen Justizreform in Israel.




Eine geplante Justizreform hat die Menschen in Israel am Samstagabend erneut auf die Straße getrieben. Die Demonstranten forderten die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf, das umstrittene Vorhaben aufzugeben. Die Proteste verliefen Augenzeugen zufolge überwiegend friedlich. Seit Wochen wird das Land von Massenprotesten gegen die Reformpläne erschüttert. Netanjahus Gegner werfen ihm und seiner Koalition vor, mit der Reform gezielt die Judikative schwächen zu wollen und damit die Demokratie zu untergraben. Auch die USA und die Bundesregierung äußerten sich bereits besorgt. Die israelische Regierung will mit der Reform unter anderem ihren Einfluss bei der Auswahl von Richtern stärken sowie die Befugnisse des Obersten Gerichtshofs einschränken, Gesetze zu kippen.

In Israel plant die Regierung Netanjahu eine Justizreform, die das Oberste Gericht und die Gewaltenteilung schwächt. Allein in Tel Aviv sind etwa 200.000 Menschen gegen das Vorhaben auf die Straße gegangen – auch andernorts reißen die Proteste nicht ab.

Vor einem Berlin-Besuch von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu haben in Israel erneut Hunderttausende gegen eine Justizreform demonstriert. Allein in der Küstenmetropole Tel Aviv zogen am Samstagabend etwa 200.000 Demonstranten mit blau-weißen Flaggen durch die Straßen. In Haifa waren es nach Medienberichten etwa 50.000. Auch in Städten wie Jerusalem, Beerscheba und Eilat gab es Kundgebungen. Nach Plänen der rechts-religiösen Regierung soll es dem Parlament künftig möglich sein, mit einfacher Mehrheit Entscheidungen des Höchsten Gerichts aufzuheben. Außerdem soll die Politik mehr Einfluss bei der Ernennung von Richtern erhalten.

Netanjahu ist nach Angaben seines Büros von Mittwoch bis Freitag in Berlin, zum ersten Mal seit seiner Rückkehr an die Regierung. Geplant ist auch ein Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Demonstranten wollen nach Medienberichten am Mittwoch versuchen, die Abreise des konservativen Regierungschefs aus Israel zu stören. Am Donnerstag ist erneut ein "Tag des Zorns" mit Protesten geplant. Auch in Berlin muss Netanjahu mit Kritik rechnen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich bereits besorgt geäußert.

Justizreform schon bald im Parlament von Israel?

Die Polizei nahm Medienberichten zufolge am Samstag kurzzeitig einen Reporter der Zeitung "Haaretz" fest, der sich auf den Weg zu der Kundgebung in Tel Aviv machen wollte. Demnach gab es Beschwerden über einen Tweet, in dem der Journalist Netanjahu als "Diktator" bezeichnete und ihm abriet, nach Berlin zu reisen. Israels Präsident Izchak Herzog hatte sich vor wenigen Tagen erstmals öffentlich gegen die Pläne ausgesprochen. Trotzdem könnten Kernelemente der Reform bereits in den nächsten Tagen das Parlament passieren.

Kritiker sehen die Gewaltenteilung in Gefahr und warnen, Israel könnte sich in eine Diktatur verwandeln. Der Historiker Yuval Noah Harari ("Eine kurze Geschichte der Menschheit") warf der Netanjahu-Regierung vor, einen "Staatsstreich" zu planen. Das Gesetzesvorhaben könnte Netanjahu auch in einem Korruptionsprozess in die Hände spielen, der seit längerer Zeit gegen ihn läuft. Die Regierung argumentiert dagegen, das Höchste Gericht übe derzeit zu viel politischen Einfluss aus. Die Reform stärke die Demokratie.

tkr DPA

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