Sondersitzungen des UN-Sicherheitsrats, Krisengipfel der Arabischen Liga, schier endlose Konferenzen der "Freundesgruppe": Nach 15 Monaten Syrien-Konflikt mit mehr als 10.000 Toten weiß keiner mehr, wie viele internationale Beratungen dazu schon abgehalten wurden. Trotzdem gibt ein Treffen jetzt Grund zu neuer Hoffnung: Am Samstag tagt erstmals eine frisch gegründete "Aktionsgruppe" um die fünf Veto-Mächte der Vereinten Nationen. Vor allem aber sieht es so aus, als ob sich Russland bewegt.
Das Treffen auf UN-Gelände in Genf findet auf Einladung von Sondervermittler Kofi Annan statt, der sich seit drei Monaten um eine politische Lösung für Syrien bemüht - bislang ohne Erfolg. Nun hat der frühere UN-Generalsekretär ein Papier ausgearbeitet, mit dem "Leitlinien und Grundsätze für eine von Syrern geführte Übergangslösung" festgezurrt werden sollen. Außer den Veto-Mächten USA, China, Russland, Großbritannien und Frankreich sollen auch die Türkei, die Arabische Liga und die EU dabei sein.
In seinem Entwurf schlägt Annan nach Angaben von Diplomaten vor, dass in einer neuen Übergangsregierung nur Vertreter des jetzigen Machtapparats und der Opposition mitmachen dürfen, die glaubwürdig zu einem Versöhnungsprozess beitragen können. Vielfach wird dies schon als Absatzbewegung Moskaus von Machthaber Baschar al Assad interpretiert.
Russland hat Schuldzuweisungen satt
Denn erfahrungsgemäß kommen solche Konferenzen nur zustande, wenn man sich zuvor über die Beschlüsse einigermaßen einig geworden ist. Im Gegenzug könnte Russland Garantien bekommen, dass seine Interessen in der Region gewahrt bleiben. Im syrischen Tartus unterhält Moskau seine einzige Mittelmeer-Militärbasis. Allerdings ist noch nicht klar, wie die russische Haltung tatsächlich aussehen wird.
Zwar hat Moskau die internationalen Schuldzuweisungen für das andauernde Blutvergießen in Syrien satt. Aber Außenminister Sergej Lawrow versicherte vor einem Treffen mit US-Kollegin Hillary Clinton in St. Petersburg auch: "Wir sind keine launischen Leute." Moskaus Linie sieht so aus: Ja, konkrete Ergebnisse in Genf sind möglich. Doch Assads Abgang ins Exil darf nicht hoch-offiziell zur Bedingung gemacht werden.
Fast täglich wiederholt Lawrow, dass Moskau - seit langer Zeit Syriens Verbündeter und Waffen-Lieferant - keine militärische Einmischung zulassen werde. Stets erklärt er auch, dass es nicht um den amtierenden Präsidenten, wohl aber um die bisher vergleichsweise weltliche Politik der Führung in Damaskus gehe. Groß ist Moskaus Sorge, dass bei einem Sieg der Opposition dort radikale Islamisten die Macht ergreifen könnten.
Zug für diplomatische Lösung ist abgefahren
Entscheidend wird es nun darauf abkommen, wie genau der neue Plan formuliert wird. Deutlich warnte Lawrow den Westen davor, Regeln zu diktieren. "Die Konferenz sollte sich damit beschäftigen, die Bedingungen für ein Ende des Blutvergießens zu schaffen und nicht den Inhalt des innersyrischen Dialogs im Voraus festlegen." Dabei spielen die Erfahrungen des vergangenen Jahres aus dem Libyen-Konflikt mit, wo sich Russland vom Westen überrumpelt fühlt.
Auch deshalb sind Experten zurückhaltend, was die Chancen des Genfer Treffens angeht. "Der Zug für eine diplomatische Lösung ist eigentlich abgefahren. Daran dürfte auch das x-te Treffen nichts ändern", sagt Nahost-Experte Heiko Wimmer von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). "Aber wenn Russland tatsächlich seine schützende Hand über Assad wegzieht, hätte das massive Auswirkungen auf die Moral des Regimes."
Auch die Bundesregierung äußert sich vorsichtig. "Die Erwartungen sind groß, aber sie dürfen nicht überfrachtet werden", sagt Außenminister Guido Westerwelle (FDP), der in Genf nicht dabei sein wird. Angesichts der anhaltenden Gewalt hänge eine Lösung am "seidenen Faden". Fest steht jedenfalls schon, wann die nächste Syrien-Konferenz sein wird: am Freitag nächster Woche tagt die "Freundesgruppe" in Paris.