Flugzeuge der Nato haben ihre Angriffe auf Stellungen von Truppen des libyschen Machthabers Muammar al Gaddafi fortgesetzt. Nach Angaben einer Nato-Sprecherin in Brüssel nahmen Kampfjets am Mittwoch Munitionslager im Westen Libyens ins Visier. Vor den Beratungen der Nato-Außenminister am Donnerstag in Berlin forderten Paris und London erneut, den "militärischen Druck" auf Gaddafi zu erhöhen.
Der Luftangriff galt den Angaben zufolge Bunkern mit Munition etwa 13 Kilometer südöstlich der Stadt El Asisija etwa 50 Kilometer von der libyschen Hauptstadt Tripolis entfernt. Zuvor hatten AFP-Reporter aus Tripolis von zwei lauten Explosionen berichtet, die in mehreren Vierteln der Hauptstadt zu hören gewesen seien. Woher die Explosionen stammten, war zunächst nicht klar.
Katar liefert Waffen an Rebellen
Die libysche Regierung warf Katar vor, es habe die Rebellen mit Panzerabwehrraketen beliefert. Vize-Außenminister Chaled Kaim sagte am Mittwochabend, Katar habe den Aufständischen in der östlichen Stadt Bengasi französische Milan-Raketen zur Verfügung gestellt. Zudem trainierten katarische Experten vor Ort die Rebellen in der rund 1000 Kilometer östlich von Tripolis gelegenen Stadt.
Katar und Frankreich beteiligen sich an dem internationalen Militäreinsatz unter Führung der Nato in Libyen. Eine mögliche Bewaffnung der Rebellen ist in der Koalition umstritten. Frankreich und Großbritannien fordern, die Militäreinsätze des Bündnisses zu verstärken, die Bundesregierung will den Blick hingegen auf eine politische Lösung des Konflikts lenken.
Am Vorabend des Treffens der Nato-Außenminister bekräftigten der französische Präsident Nicolas Sarkozy und der britische Premierminister David Cameron ihre Forderungen. "Alle Mittel müssen zur Verfügung gestellt werden", hieß es aus dem Elysée-Palast nach den Beratungen in Paris.
Misrata unter Mörserbeschuss
US-Außenministerin Hillary Clinton verurteilte die fortdauernden Angriffe der Gaddafi-Truppen auf Zivilisten. Die "brutalen Attacken" verstießen gegen die UN-Resolution 1973, die ein Ende solcher Angriffe auf Zivilisten fordere, erklärte Clinton, die am frühen Donnerstagmorgen in Berlin eintraf. Washington habe "verstörende" Berichte erhalten, wonach Gaddafis Truppen Wohngebiete in der Stadt Misrata mit Mörsergranaten angriffen und die Wasser- und Stromversorgung gekappt hätten. Zivilisten auf der Suche nach medizinischer Hilfe würden von Scharfschützen beschossen, sagte Clinton. Angeblich hätten Gaddafis Soldaten auch ein wichtiges Lebensmittellager zerstört.
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) verteidigte die Bereitschaft der Bundesregierung, Hilfslieferungen nach Libyen möglicherweise durch Bundeswehrsoldaten militärisch zu schützen. Das sei kein Widerspruch zur deutschen Haltung, sich von dem Nato-Einsatz in dem Land fernzuhalten, sagte Westerwelle der "Frankfurter Rundschau" von Donnerstag. "Die militärische Absicherung einer humanitären Hilfslieferung zum Beispiel auf dem Mittelmeer ist etwas völlig anderes als die Beteiligung an einem Kriegseinsatz. Humanitäre Hilfe ist neutral, sie schaut nur auf Opfer."
"Gaddafis Spiel ist aus"
Die Libyen-Kontaktgruppe hatte bei ihrem Treffen in Doha am Mittwoch auf einem Rückzug Gaddafis beharrt. Zudem zeigten sich die mehr als 15 Delegationen überzeugt, dass nur eine politische Lösung die Zukunft des nordafrikanischen Landes sichern könne, und sicherten den Aufständischen in Libyen finanzielle Hilfen zu.
Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sagte, von der Kontaktgruppe gehe eine klare Botschaft an Gaddafi aus: "Das Spiel ist aus. Das gegenwärtige libysche Regime hat keine Zukunft." Er plädierte für einen "politischen Prozess". "Es ist offensichtlich, dass es keine militärische Lösung gibt."
Die Kontaktgruppe sprach sich dafür aus, die Einrichtung eines Fonds zur Unterstützung der Rebellen zu prüfen. Darin könnte Geld aus Öl-Einnahmen aus den Rebellengebieten sowie dem eingefrorenen Milliardenvermögen des Gaddafi-Regimes einfließen.
Mahmud Schammam, ein Sprecher des libyschen Übergangsrates, sagte am Rande des Treffens: "Mehrere Staaten haben sich bereiterklärt, den Revolutionären Militärhilfe zukommen zu lassen, aber sie sind noch dabei, die rechtliche Seite abzuklären." Für die Aufständischen sei es momentan sehr frustrierend, mit inadäquaten Waffen zu kämpfen, "während Gaddafi immer weiter Waffen und neue Söldner ins Land bringt".