Ein Regimewechsel im Irak soll nach dem Willen der US-Regierung der Beginn für eine Demokratisierung der ganzen Nahost-Region werden. Bundeskanzler Gerhard Schröder und der russische Präsident Wladimir Putin halten weiter an einer friedlichen Lösung der Irak-Krise fest. Der britische Premierminister Tony Blair hat mit starkem Widerstand gegen seine Irak-Politik zu kämpfen.
"Eine neue Regierung im Irak würde als dramatisches und leuchtendes Beispiel der Freiheit für andere Nationen der Region dienen", sagte US-Präsident George W. Bush am Mittwochabend vor dem Enterprise-Institut in Washington. Vor allem die Palästinenser würden davon profitieren, sagte Bush, der über einen neuen Irak nach der Beseitigung von Präsident Saddam Hussein in weiten Teilen seiner Rede als Fakt sprach. Von Israel erwarte er dann Unterstützung für die Einrichtung eines Palästinenserstaates. "Während Fortschritte auf dem Weg zum Frieden erzielt werden, müssen die Besiedlungsaktivitäten in den besetzten Gebieten aufhören", forderte Bush.
"Jede Regierung sei besser als die jetzige"
Den Irak nach dem Sturz von Saddam Hussein zu stabilisieren sei nicht einfach, sagte Bush. "Aber es gibt keine Entschuldigung dafür, die Folterkammern und Giftlabors des irakischen Regimes intakt zu lassen." Jede Regierung sei besser als die jetzige. Der Wiederaufbau des Irak verlange nach anhaltendem Einsatz zahlreicher Nationen. "Wir werden im Irak bleiben so lange es nötig ist, und keinen Tag länger."
"Wir müssen weiter an einer friedlichen Lösung arbeiten und alle diplomatischen Mittel anwenden", sagte Putin nach dem Gespräch mit Schröder im Kreml. "Bagdad muss die Fortsetzung der Inspektionen ohne weiteren Zeitverzug gestatten und alle Bedingungen erfüllen", fügte Schröder hinzu. Putin vertrat die Meinung, dass die Möglichkeiten der Resolution 1441 vom Weltsicherheitsrat zum Irak "bei weitem nicht erschöpft" seien. "Die Inspekteure müssen präzise Fragen an den Irak formulieren, diese müssen dann umgesetzt werden." Diese Position Deutschlands, Frankreichs, Russlands und Chinas werde sicherlich von der Mehrheit der Mitglieder des UN-Sicherheitsrates geteilt.
Gegenwind im Unterhaus
Mehr als ein Viertel von Blairs Labour-Abgeordneten stimmte am Mittwochabend gegen einen möglichen Irak-Krieg. Insgesamt 199 Abgeordnete meinten, die Beweise reichten für einen Krieg derzeit nicht aus. 393 Abgeordnete waren anderer Meinung. Die 121 Ja-Stimmen aus der Labour-Fraktion stellen jedoch die "bei weitem größte Rebellion" (BBC) seit Antritt der Regierung Blair vor knapp sechs Jahren dar. Seit etwa 100 Jahren habe eine britische Regierung nicht mehr so viele Gegenstimmen aus den eigenen Reihen bekommen, sagte ein BBC-Kommentator. Da die Konservativen die Irak-Politik der Regierung unterstützten, gewann Blair dennoch eine breite Mehrheit. In einer weiteren Abstimmung votierten 434 Abgeordnete für einen Antrag der Regierung, wonach Saddam Hussein nur noch eine "letzte Chance" zur Umsetzung der UN-Resolution 1441 bekommen soll. 124 Abgeordnete stimmten dagegen. Labour hält 412 der insgesamt 659 Unterhaus-Mandate.
Berlin will NATO-Bitte nicht nachkommen
Die Bundesregierung will nach den Worten von Außenminister Joschka Fischer den neuen NATO-Anforderungen nach weiterer Militärhilfe zum Schutz der Türkei nicht nachkommen. Fischer betonte, Deutschland habe zum Schutz der Türkei bereits Patriot-Raketen geliefert. Die deutschen Besatzungen der in der Türkei stationierten AWACS-Aufklärungsflugzeuge würden sich nicht an einem Angriff gegen den Irak beteiligen, sagte er. Verteidigungsminister Peter Struck sagte, Deutschland werde die Anfrage prüfen.
Frankreichs Präsident Jacques Chirac lehnt eine neue UN-Resolution weiter ab. Nach einem Gespräch mit dem spanischen Regierungschef José María Aznar in Paris sagte er, Frankreich sei "gegen jede neue Entschließung". Aznar, ein Unterstützer des harten US-Kurses, betonte dagegen die Zweckmäßigkeit einer neuen Resolution, die "einen starken Druck auf Saddam Hussein" ausüben würde und "«das beste Mittel" für eine friedliche Lösung des Konflikts sei.
Saddam Hussein bestreitet jegliche Verbindung zu Osama bin Laden
Iraks Präsident Saddam Hussein hat in dem am Mittwochabend erstmals in ganzer Länge ausgestrahlten Interview mit dem US-Fernsehsender CBS jegliche Verbindung mit Terroristenführer Osama bin Laden bestritten. Zugleich erklärte er, dass er lieber sterben werde als ins Asyl zu gehen.
"Ich werde Ihnen jetzt ganz klar antworten. Wir hatten nie irgendeine Beziehung zu Osama bin Laden, und der Irak hatte nie eine Beziehung zu El Kaida", antwortete Saddam Hussein auf die Frage von CBS-Korrespondent Dan Rather in dem Interview. Die US-Regierung hatte mehrfach von Kontakten zwischen El Kaida und dem Irak gesprochen und die Befürchtung geäußert, dass Saddam Terroristen mit Massenvernichtungswaffen ausstatten könnte.
Saddam Hussein wies zugleich die Vermutung zurück, er sei auf Bin Laden neidisch, weil dieser nach den Anschlägen vom 11. September auf den Straßen vieler arabischer Städte verehrt werde. Nur Frauen seien eifersüchtig, antwortete der irakische Staatschef, der sich selbst als ein Führer der arabischen Nationen betrachtet.
Eher im Irak sterben, als ins Asyl zu gehen
Saddam Hussein wirkte bei dem Interview entspannt und gelassen und ließ sich auch durch Nachfragen Rathers nicht aus der Ruhe bringen. Während des Gesprächs saß er im dunklen Anzug an einem runden Tisch, in der Hand einen Stift. Gegenüber saß Rather, daneben noch zwei Übersetzer. Bei einer Gelegenheit zeigte der irakische Staatschef, dass er die Worte seiner Übersetzer genau verfolgte. Als dieser den ehemaligen Präsidenten George Bush nur mit dem Namen nannte, wurde er von Saddam unterbrochen. Saddam wies den Übersetzer darauf hin, dass er Mr. Bush hätte sagen sollen. Dies sei eine Sache des Respekts, erklärte er dem CBS-Korrespondenten.
Auf die Frage, ob er jemals ins Asyl gehen würde, um seinem Land einen Krieg zu ersparen, antworte der irakische Staatschef, dies komme nicht in Frage. Er würde eher im Irak sterben. Saddam bezeichnete auch schon das Angebot eines Asyls als eine moralische Beleidigung des irakischen Volkes, das ihn gewählt habe, um es zu führen.
In bereits bekannt gewordenen Auszügen des am Montag geführten Gesprächs hatte Saddam bestritten, dass die umstrittenen Al-Samoud-2-Raketen die von den UN erlaubte Reichweite von 150 Kilometern überschreiten. Auf die konkrete Frage, ob er die Raketen zerstören lasse, antwortete Saddam Hussein: "Welche Raketen, was meinen Sie? Wir haben keine Raketen, die gegen die Bedingungen der Vereinten Nationen verstoßen."
Hussein fordert Bush zur Fernsehdebatte auf
In dem Interview erklärte Saddam Hussein zugleich, der Irak habe sich zur Erfüllung der UN-Resolution 1441 verpflichtet. Saddam betonte aber, dass es dem Irak unter den UN-Bedingungen erlaubt sei, Boden-Raketen mit einer bestimmten Reichweite zu produzieren. Raketen, mit größeren Reichweiten seien zerstört worden, sagte Saddam Hussein.
Zugleich forderte er US-Präsident George W. Bush zu einem Dialog und zu einer Fernsehdebatte auf. Saddam erklärte, er wolle vor dem amerikanischen Publikum seine Position erläutern und ihm versichern, dass das irakische Volk nicht der Feind des amerikanischen Volkes sei.