Seit Russland die Ukraine überfallen, ist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj weit gereist. Er besuchte mit Washington, London, Paris, Brüssel, Warschau die wichtigsten Bündnispartner im Kampf gegen die feindlichen Truppen. Nur in Deutschland, ebenfalls ein wichtiger Partner, war Selenskyj noch nicht. Er hat lediglich, per Video zugeschaltet, eine Rede im Bundestag gehalten. Ein Grund für den bisherigen Verzicht liegt sicherlich an den Irritationen im Verhältnis der beiden Regierungen zu Beginn des Krieges. Scholz hatte in den ersten Monaten darauf verzichtet, nach Kiew zu reisen, unter anderem weil die ukrainische Führung damals Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ausgeladen hatte.
Doch mittlerweile dürfte die Zeit reif sein. Im Mai, heißt es, könnte der ukrainische Präsident endlich nach Deutschland kommen – zur Verleihung des Karlspreises an ihn und das ukrainische Volk im Krönungssaal des Aachener Rathauses am 14. Mai.
Die Veranstalter bereiten sich auf ein solches Szenario jedenfalls vor, wie die Stadt Aachen bereits kurz vor Ostern mitteilte. Eine persönliche Teilnahme hänge aber "stark von der dann vorliegenden Kriegslage und den entsprechenden Sicherheitskonzeptionen ab". Falls Selenskyj nicht persönlich teilnehmen kann, soll er per Video zugeschaltet werden. Auch für diese Variante laufen die Planungen.
Ursula von der Leyen ist als Rednerin angekündigt
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist als Rednerin bereits offiziell angekündigt. Die "Bild am Sonntag" berichtet nun, dass auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach Aachen kommen und die Laudatio halten wird. Zudem gibt es Spekulationen, dass aus Polen Ministerpräsident Mateusz Morawiecki oder Präsident Andrzej Duda sowie aus Frankreich Präsident Emmanuel Macron anreisen könnten.
Um den internationalen Gästen eine Teilnahme zu ermöglichen, wurde der Termin für die Verleihung bereits verschoben. Sie wird nicht wie sonst an Christi Himmelfahrt (18. Mai) stattfinden, sondern vier Tage früher. Damit solle "eine Überschneidung mit einer relevanten Veranstaltung am Folgetag" verhindert werden, teilte die Stadt Aachen mit. Gemeint ist der G7-Gipfel im japanischen Hiroshima, der am 19. Mai - dem Tag nach Christi Himmelfahrt - beginnt. Um pünktlich anzukommen, muss man aus Europa schon am Vortag abfliegen. An dem Gipfel nehmen unter anderen von der Leyen, Scholz und Macron teil.
Selenskyj war in den ersten zehn Monaten nach der Invasion gar nicht ins Ausland gereist. Erst kurz vor Weihnachten flog er dann nach Washington, um dort US-Präsident Joe Biden zu treffen. Die USA sind mit Abstand die wichtigsten Waffenlieferanten der Ukraine. Es folgten Besuche in London, Paris, Brüssel und zuletzt in Warschau.
Olaf Scholz hat Wolodymyr Selenskyj bereits getroffen
Scholz hatte Selenskyj im Juni zusammen mit Macron, dem damaligen italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi und dem rumänischen Präsidenten Klaus Iohannis in Kiew besucht. Im Februar trafen Macron und Scholz den ukrainischen Präsidenten gemeinsam in Paris. Zu der Frage, ob Scholz nun zur Karlspreis-Verleihung nach Aachen reisen werde, antwortete eine Regierungssprecherin am Sonntag nur: "Die Termine des Bundeskanzlers werden in der Regel am Freitag der Vorwoche im Rahmen der Regierungspressekonferenz bekanntgegeben."
Der Karlspreis der Stadt Aachen wird seit 1950 an Persönlichkeiten verliehen, die sich um die Einheit Europas verdient gemacht haben. Im vergangenen Jahr wurden die belarussischen Bürgerrechtlerinnen Swetlana Tichanowskaja, Veronika Zepkalo und Maria Kolesnikowa ausgezeichnet.