Rechtskonservatives Netzwerk "Ordo luris": Christliche Fundamentalisten verändern Polen. Längst haben sie ganz Europa im Blick

Rosenkranzgebete in der Innenstadt Warschaus: Strenger Katholizismus galt lange als Teil "polnischer Identität"
Rosenkranzgebete in der Innenstadt Warschaus: Strenger Katholizismus galt lange als Teil "polnischer Identität"
© Kasia Strek
In Polen hat das ultrarechts-konservative Netzwerk "Ordo luris" bereits die Justiz unterwandert. Der Mitbegründer sitzt am obersten Gerichtshof, der Justizminister ist eng mit der Organisation verdrahtet. Jetzt nutzen sie ihre Beziehungen zu rechten Kreisen in ganz Europa, um auch die EU zu verändern. Der Kulturkampf um die Zukunft der Union hat schon längst begonnen.

Warschau, im Februar 2021. Für den stern berichteten wir über die Massenproteste gegen das polnische Abtreibungsverbot. Dazu gehörte auch, dass wir Klementyna Suchanow, eine Journalistin und Mitbegründerinnen des "Frauenstreiks", abends zur Polizeiwache um die Ecke begleiteten. Ein Mal die Woche musste sie sich dort melden. Im Vorraum des Reviers standen bereits andere Frauen, junge und ältere, sie trugen Strickmützen und Wollmäntel, einige hatten ihre Einkäufe dabei. Dem jungen Polizeibeamten am Schalter schien die Situation unangenehm zu sein. Fast entschuldigend hakte er die Anwesenheit der Frauen ab und wünschte ihnen einen schönen Abend. Das Vergehen der Frauen: Sie hatten in Warschau vor dem Verfassungsgericht demonstriert und waren dabei "auffällig" geworden. Klementyna Suchanow ist bei einer Kundgebung über den Zaun geklettert und hat am Gebäude ein regierungskritisches Plakat aufgehängt. "Es geht bei den Protesten um viel mehr als um Abtreibung", sagte Klementyna Suchanow nach unserem Interview zum Abschied. "Wir verteidigen die Werte des freien Europas gegen eine Bande von Fundamentalisten. Wir kämpfen hier auch für eure Rechte."