Berlin vertraulich! Kauders Hafekäs

Von Hans Peter Schütz
Ein lustiges Rededuell haben sich jüngst die Buddys Kauder (CDU) und Struck (SPD) in Berlin geliefert. Ernster geht's in Baden-Württemberg zu: Ministerpräsident Mappus rüstet auf - er hat Roland Kochs Ex-Sprecher Metz engagiert.

Berlins Journalisten hat nicht überrascht, dass Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus seinen neuen Regierungssprecher Stefan Diehl schon nach einem halben Jahr gefeuert hat. Denn bei seinem Antrittsbesuch in der Hauptstadt hatte sich Diehl in der baden-württembergischen Landesvertretung an den Tisch gesetzt, der am weitesten von der Journaille entfernt war. Und so einer sollte ihnen künftig besser vermitteln, was landespolitisch im Bund laufen sollte, als es zu Zeiten von Ministerpräsident Günther Oettinger der Fall gewesen war? Diehl wusste nicht einmal, dass es in Berlin Journalisten-Kreise gibt, in denen Politiker ihre Botschaften dezent vermarkten können. Wie konnte Diehl, der bis dahin fern aller Politik im Wesentlichen die Daimler-Edelmarke Maybach verkauft hatte, zu dem Job kommen? Wie man hört, hat der frühere Lothar-Späth-Vertraute und spätere Daimler-PR-Chef Matthias Kleinert den politisch restlos unerfahrenen Diehl heiß empfohlen. Vor allem Kleinert hätte wissen müssen, dass es unendlich viel schwieriger ist, einen Mappus als einen Maybach in Berlin zu vermarkten. Mappus fährt bekanntlich mit Stuttgart 21 auf einem Zug, der ihn leicht ins politische Aus befördern könnte.

Nun hat Mappus allerdings einen guten Lokomotivführer für Stuttgart 21 gefunden: Dirk Metz, elfeinhalb Jahre Regierungssprecher von Roland Koch, steht dem Süddeutschen jetzt als Berater zur Seite. Der dienstälteste deutsche Regierungssprecher hat sich bei stern.de vor ein paar Tagen mit den Worten verabschiedet, er "empfinde reichlich Neugier auf das, was kommen mag. Ideen und Vorstellungen habe ich durchaus im Kopf". Und er zitierte den hessischen Fußball-Weltmeister Andreas Möller, der einst so treffend gesagt habe: "Vom Feeling her habe ich ein gutes Gefühl." Sagen wir es mit dem Gruß, den Metz immerzu benutzte: "Glückauf!" Mappus kann es brauchen.

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Höchsten Unterhaltungswert hatte die Buchvorstellung, bei der Volker Kauder (CDU) das Buch "So läuft das" von Peter Struck (SPD) vorstellte. Kauder sagte über die gemeinsame Zeit während der Großen Koalition, als Struck noch Fraktionschef war: "Es war für mich ein Glücksfall, dass ich auf Struck gestoßen bin - es hätte mich auch härter treffen können." Die beiden haben sich ab dem ersten gemeinsamen Abend zu schwarz-roten Zeiten geduzt. Als Kauder gefragt wurde, weshalb das Duzi mit der FDP-Fraktionsvorsitzenden Birgit Homburger erheblich längere Zeit auf sich warten ließ, provozierte er einen empörten Zwischenruf Strucks: "Was, du duzt dich mit der Homburger?" Kauders Antwort: "Ich hab' gar nicht gewusst, dass du so eifersüchtig bist." Strucks abschließender Buch-Appell an die Journalisten war unmissverständlich: "Kauft das Ding, nehmt es nicht umsonst mit."

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Kauder steckt im Normalfall politische Attacken locker weg. Jüngst warf ihm die CDU-Kollegin Erika Steinbach vor, er habe - in der Diskussion über die deutsch-polnische Kriegsschuldfrage und seiner Kritik am Vorstand des Bundes der Vertrieben - die Argumente von SPD, Linkspartei und Grünen "ungefiltert" übernommen. Bei Kauder sei "Hopfen und Malz verloren". Das trieb den CDU-Mann nun doch zum Gegenangriff. Zu stern.de sagte er: "Als gewählter Botschafter des Bieres fürs Jahr 2010 weise ich dies mit Abscheu und Empörung zurück." Den Parteiausschluss von Steinbach will er indes nicht anregen.

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Nicht leicht machte es Kauder diese Woche auch alt gedienten politischen Journalisten, die nicht den alemannischen Dialekt beherrschen. Nach der Sitzung des CDU/CSU-Fraktionsvorstands, auf dem es zum lautstarken Krach mit Erika Steinbach gekommen war, versuchte er, den Eklat klein zu reden und bat darum, "wägenem so en Hafekäs" doch nicht von einer "Großaktion" zu schreiben. Schulterzucken bei den Schreiberlingen. Es setzte Nachfragen. Was das denn sei ein "Haferkäs oder so ähnlich"? Hafekäs heißt Kleinigkeit, steht aber auch für "völligen Blödsinn". Ganz sicher, dass der Alemanne Kauder beim Gedanken an Steinbach den letztgenannten Sinn des Wortes gemeint hat. Den Journalisten gab er den Rat, sie sollten eben mal in einem alemannischen Wörterbuch nachsehen.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Wie konnte ein Thilo Sarrazin den Sprung vom Berliner Finanzsenator überhaupt in den Vorstand der Bundesbank schaffen? Sein politisches Renommee hielt sich sehr in Grenzen, in internationaler Geldpolitik brachte er null Erfahrung mit. Die Antwort, die Experten jetzt gerne geben: Sarrazin wurde es, weil der Job mit 220.000 Euro im Jahr für die ausgewiesenen Experten im internationalen Geldgeschäft viel zu schlecht bezahlt ist. Die kassieren in den Vorständen der Großbanken das Doppelte und weit mehr. Finanziell interessant wäre der Bundesbankvorstand allenfalls für Beamte wie Angela Merkels Leiter der Abteilung für Wirtschafts- und Finanzpolitik, Jens Weidmann, oder Finanz-Staatssekretär Jörg Asmussen, der trotz SPD-Parteibuch bei Finanzminister Wolfgang Schäuble als Staatssekretär arbeiten darf. Weidmann war schon einmal Leiter der Abteilung Geldpolitik bei der Bundesbank. Asmussen oder Weidmann würden bei einem Wechsel ihr Gehalt verdoppeln und müssten deutlich weniger Stress aushalten. Kein Zufall, dass spekuliert wird, einer der beiden Experten könnte als Nachfolger von Sarrazin in den Vorstand der Bundesbank einrücken. Doch auch sie können mit guten Angeboten aus der privaten Geldwirtschaft rechnen. Vorschlag der Experten daher: Die Bundesbank müsste viel mehr Spielraum bei der Bezahlung ihrer Vorstandsmitglieder bekommen.

Von Hans Peter Schütz