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Berliner IS-Terrorist Denis Cuspert - der lebende Tote

Es scheint, als habe er sieben Leben: Deutschlands bekanntester IS-Terrorist Denis Cuspert ist doch nicht, wie im Oktober behauptet, getötet worden, räumte das US-Verteidigungsministerium ein. Es ist nicht seine erste "Wiederauferstehung".
Von Marc Drewello

Denis Cuspert ist tot! Diese Nachricht sorgt regelmäßig für Wirbel in Sicherheitskreisen. Mal wird sie von undurchsichtigen Quellen über die sozialen Netzwerke verbreitet, mal taucht sie in islamistischen Internetforen auf und zuletzt wurde sie hochoffiziell vom US-Verteidigungsministerium in die Welt getragen. Eines hatten diese Meldungen über den IS-Terroristen aus Berlin-Kreuzberg bislang alle gemeinsam: Sie waren falsch. Auch das Pentagon musste seine Todesnachricht nach einem Luftschlag in Syrien im Oktober vergangenen Jahres nun zurücknehmen: "Es scheint jetzt, dass diese Einschätzung inkorrekt war und Denis Cuspert den Luftangriff überlebt hat", zitierte die "New York Times" am Mittwoch einen Ministeriumssprecher.

Cuspert wurde wohl mehrmals schwer verletzt

Tatsächlich scheint Denis Mamadou Gerhard Cuspert, wie der Sohn einer Deutschen und eines Ghanaers mit vollem Namen heißt, sieben Leben zu haben. So entkam der Dschihadist, der in Syrien unter dem Namen Abu Talha al Almani (al Almani = "der Deutsche") für den IS aktiv ist, im September 2013 einem vermutlich syrischen Luftangriff mit einer Kopfwunde. Auch damals gab es Berichte, Cuspert sei tot. Nach eigener Aussage erlitt er bei der Attacke jedoch nur schwere Verletzungen und lag zunächst in einer türkischen Klinik im Koma.

Im April 2014 kamen erneut Meldungen von Cusperts Ende auf. Der Deutsche sei unter den Opfern eines Selbstmordanschlags der verfeindeten Al-Nusra-Front, hieß es in mehreren islamistischen Internetforen. Auch die den Aufständischen nahestehende Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, der Deutsche sei getötet worden. Eindeutige Belege dafür gab es nicht.

Stattdessen trat Cuspert in den folgenden Monaten in weiteren Videos auf. Ein Film aus dem Juli 2014 zeigt ihn laut Berliner Verfassungsschutz östlich der syrischen Stadt Homs bei der Schändung einer Leiche. Anfang November 2014 tauchten Aufnahmen auf, die Cuspert mit anderen IS-Kämpfern zeigen, die mehrere Männer umbringen. Es ist nicht erkennbar, ob er selbst jemanden tötete, er hält aber einen abgeschnittenen Kopf in der Hand. Im August 2015 erschien ein nahe Rakka gedrehter Propagandafilm, in dem Cuspert gemeinsam mit fünf weiteren IS-Terroristen um Rekruten aus den Unruhegebieten im Nordkaukasus wirbt.

Denis Cuspert singt von "Bomben in Berlin"

Im Oktober 2015 wurde Cuspert dann schließlich vom Pentagon für tot erklärt: "Ich kann bestätigen, dass Denis Cuspert bei einem Angriff nahe Rakka am 16. Oktober getötet wurde", verkündete Ministeriumssprecherin Elissa Smith damals in Washington. Dass diese Nachricht falsch war, wurde schon früh vermutet: Der Deutsche sei "in der Vergangenheit schon so oft tot gemeldet worden", kommentierte ein Sprecher des Innenministeriums in Berlin die Erklärung aus den USA. "Und wie bei den vergangenen Totmeldungen können wir das auch dieses Mal weder bestätigen noch dementieren." Kurz danach berichtete der auf die Beobachtung der islamistischen Szene spezialisierte Internet-Blog "Erasmus Monitor" unter Berufung auf mehrere IS-Anhänger sowie den IS-Propagandakanal "Al Mourabitoun Media", Cuspert sei am Leben, habe bei dem Luftangriff allerdings schwerste Verletzungen erlitten und liege im Koma.

Im Frühjahr 2016 gab es dann wieder Neues von Cuspert im Internet. In einem Naschid, ein Lied, das die Taten der Dschihadisten verherrlicht, ruft er zu Terroranschlägen in Europa auf und singt von "Bomben in Berlin". Der Deutsche ist in der Aufnahme nicht zu sehen, doch seine Stimme ist gut zu erkennen und auch Geheimdienstler ordnen sie Cuspert zu. Das Kampflied könnte auch eine alte Konserve sein, doch es mehrte die Zweifel am Tod des 40-Jährigen.

Im Juni 2016 widersprach dann auch der Berliner Verfassungsschutz dem Pentagon. Cuspert sei zwar bei Kampfhandlungen verletzt, aber nicht getötet worden, erklärte Behördenchef Bernd Palenda nach Angaben des Rundfunks Berlin-Brandenburg, als er den Verfassungsschutzbericht 2015 vorstellte. In dem Bericht selber heißt es: "Mehrfach kursierende Informationen über den Tod Cusperts, zuletzt im Oktober, konnten bislang nicht bestätigt werden."

Am Mittwoch revidierten schließlich auch die Amerikaner ihre Meldung vom Ende Abu Talha al Almanis.

Rätselhaft bleibt, warum Cuspert sich nicht mehr persönlich in Videos oder auf Fotos zeigt, wenn er doch am Leben ist. "Er plant vielleicht was", zitiert "Erasmus Monitor" eine ungenannte Quelle aus der militanten Szene. Was das sein könne, wisse man aber nicht. Vielleicht ist er aber auch zu schwer verletzt, um vor eine Kamera zu treten. Vielleicht wartet er nur auf den perfekten Zeitpunkt für seine "Auferstehung". Oder vielleicht stimmt ja doch, was bislang niemand beweisen kann: Denis Cuspert ist tot.

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