FDP-Parteitag Guido Westerwelle im Glück

  • von Hans Peter Schütz
Die FDP hat in München den Bundestagswahlkampf 2009 eröffnet. Um im Fünf-Parteien-System mehr Koalitionsmöglichkeiten zu bekommen, hat ihr Chef Guido Westerwelle mehr Mumm auf neuen Themenfeldern verordnet. Farbig wie seit langem nicht mehr präsentierte er seine Partei.

So schön kann ein Parteitag sein: Guido Westerwelle tritt ans Pult. Der Chef der Liberalen redet 86 Minuten. 51 Mal unterbrechen ihn die 662 Delegierten mit rauschendem Beifall. "Solche Zustimmung habe ich noch nie erlebt", gesteht Westerwelle hinterher, was bei einem Mann, der wie er seit 14 Jahren an der FDP-Spitze vorturnt, erst als Generalsekretär, dann seit sieben Jahren als FDP-Chef, einiges bedeutet.

Vier Minuten Schlussbeifall

Einer seiner Pressesprecher misst vier Minuten Schlussbeifall. Die Parteifreunde unten im Parteitagssaal in der Neuen Messe München applaudieren stehend. Westerwelle knutscht glücklich die baden-württembergische FDP-Vorsitzende Birgit Homburger, rechts von ihm darf der FDP-Ehrenvorsitzende Walter Scheel sich auf seinen Spazierstock stützen, zur Linken muss der Ehrenvorsitzende Hans-Dietrich Genscher strahlen.

Alles war geglückt an diesem samstäglichen Auftakt eines Parteikonvents, der durchaus auch als Debakel für Westerwelle hätte enden können. Viele hatten zuletzt gemosert über ihn.

Er solle endlich aufhören, nur die Steuersparaktion "Mehr Netto vom Brutto" bejubeln zu lassen, die in München selbst auf den Bierdeckeln offeriert wurde. Es müsse endlich wieder richtig diskutiert werden in der liberalen Partei, maulten viele Landesverbände, der nordrhein-westfälische voran. Es müsse mal wieder über gerechte Sozialpolitik geredet werden, zum Thema Bildungspolitik und Chancengerechtigkeit für Kinder wenigstens ein Ton gesagt werden.

"Eine Unverschämtheit"

Noch mehr hatte den FDP-Chef beunruhigt, dass am gleichen Tag in Nürnberg eine SPD-Funktionärskonferenz einberufen worden war. "Eine Unverschämtheit", hatten die Westerwelle-Mitarbeiter geschimpft.

Vor zwei Jahren tagte die FDP in Rostock - und die SPD hatte ihr mit einem Sonderparteitag zur Wahl von Kurt Beck als neuem Parteichef die mediale Show vermasselt. Damals entschuldigte sich Beck.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Dieses Mal schickte die FDP ihren stellvertretenden Vorsitzenden Rainer Brüderle und Westerwelles Büroleiter zur SPD. "Wir wollen Brücken bauen zur FDP", hatte die gerade verkündet. Das führte zu einer Absprache. Beck redet in Nürnberg von elf Uhr bis zwölf, wurde vereinbart, Westerwelle in München ab fünf nach zwölf. So könne der Fernsehsender "Phoenix" beide Redner live einspielen. So geschah es.

Guido Westerwelle, neben Oskar Lafontaine ohnehin der beste Redner des Bundestags, gewann das Fernduell eindeutig. Natürlich knallte er die Forderung "mehr Netto für alle" auch in die Halle. Aber er sagte auch: "Nicht der Staat gewährt den Bürgern Freiheit, sondern die Bürger gewähren dem Staat Einschränkung ihrer Freiheit." Die Delegierten sprangen klatschend auf. Er machte die USA an: "Wer Demokratie für Kuba fordert, der darf Guantanamo nicht bauen". 100 Phon Beifall.

"Weg mit der Ökosteuer"

"Weg mit der Ökosteuer", forderte er. Glänzende Augen bei den Parteifreunden. Es folgte eine Attacke auf seine Duzfreundin Angela Merkel: "Das Abkassieren der Mitte geschieht durch die Sozis, die roten Sozis und die schwarzen Sozis."

Er bekannte sich zur Wiederwahl von Horst Köhler - lauter wurde an diesem Tag auf dem FDP-Parteitag nie mehr geklatscht.

Westerwelle machte genau das, was der Altliberale Gerhart Baum zuvor verlangt hatte. Die Partei müsse sich neue Themenfelder erschließen, um mit anderen Parteien koalitionsfähig zu sein, hatte Baum ihm geraten. Und mit keinem Halbsatz wiederholte er seine ursprüngliche Forderung, die Mehrwertsteuer für Benzin, Strom und Gas mehr als zu halbieren. Das hatte die Parteifreunde ihrem Vorsitzenden schon am Vortag verboten, der dies lange Zeit öffentlich vertreten hatte.

Linke haben Spielfeld verändert

So sehr der Parteitag den Vorsitzenden auf neuem Kurs bejubelte, so unverblümt ließen sie FDP-Generalsekretär Dirk Niebel ihre Geringschätzung spüren. Nur kleckernder Pflichtbeifall war zu hören, als Westerwelle seinen Namen kurz in seiner Rede erwähnte.

Niebel habe im Gegensatz zu Westerwelle, so die parteiinternen Kritiker, noch immer nicht begriffen, wie sehr das Auftreten der Linkspartei das ganze politische Spielfeld verändert habe. Der träume immer noch von einer schwarz-gelben Mehrheit nach der Bundestagswahl. Daher hätten jetzt andere Politiker in der FDP die Aufgabe übernommen, neue Themen und Gedanken in die FDP einzubringen.

Guido Westerwelle, neben Oskar Lafontaine ohnehin der beste Redner des Bundestags, gewann das Fernduell eindeutig. Natürlich knallte er die Forderung "mehr Netto für alle" auch in die Halle. Aber er sagte auch: "Nicht der Staat gewährt den Bürgern Freiheit, sondern die Bürger gewähren dem Staat Einschränkung ihrer Freiheit." Die Delegierten sprangen klatschend auf. Er machte die USA an: "Wer Demokratie für Kuba fordert, der darf Guantanamo nicht bauen". 100 Phon Beifall.

"Weg mit der Ökosteuer"

"Weg mit der Ökosteuer", forderte er. Glänzende Augen bei den Parteifreunden. Es folgte eine Attacke auf seine Duzfreundin Angela Merkel: "Das Abkassieren der Mitte geschieht durch die Sozis, die roten Sozis und die schwarzen Sozis." Er bekannte sich zur Wiederwahl von Horst Köhler - lauter wurde an diesem Tag auf dem FDP-Parteitag nie mehr geklatscht.

Westerwelle machte genau das, was der Altliberale Gerhart Baum zuvor verlangt hatte. Die Partei müsse sich neue Themenfelder erschließen, um mit anderen Parteien koalitionsfähig zu sein, hatte Baum ihm geraten. Und mit keinem Halbsatz wiederholte er seine ursprüngliche Forderung, die Mehrwertsteuer für Benzin, Strom und Gas mehr als zu halbieren. Das hatte die Parteifreunde ihrem Vorsitzenden schon am Vortag verboten, der dies lange Zeit öffentlich vertreten hatte.

Linke haben Spielfeld verändert

So sehr der Parteitag den Vorsitzenden auf neuem Kurs bejubelte, so unverblümt ließen sie FDP-Generalsekretär Dirk Niebel ihre Geringschätzung spüren. Nur kleckernder Pflichtbeifall war zu hören, als Westerwelle seinen Namen kurz in seiner Rede erwähnte.

Niebel habe im Gegensatz zu Westerwelle, so die parteiinternen Kritiker, noch immer nicht begriffen, wie sehr das Auftreten der Linkspartei das ganze politische Spielfeld verändert habe. Der träume immer noch von einer schwarz-gelben Mehrheit nach der Bundestagswahl. Daher hätten jetzt andere Politiker in der FDP die Aufgabe übernommen, neue Themen und Gedanken in die FDP einzubringen.

Dirk Niebel war allerdings auf dem Parteitag nicht nur politisch gehandicapt. Er humpelte auf zwei Krücken durch die Reihen der Delegierten, ein Bein dick bandagiert. Auf einer Gartentreppe ist er ausgerutscht. "Es war ein klassischer Fehltritt", erzählte er. "Und meine Frau war auch noch dabei - deshalb hat es sich nicht gelohnt."

Glänzend abgeschnitten

"Zum Glück steht die FDP auf besseren Beinen als ihr Generalsekretär", sagte ein FDP-Mann aus Schleswig-Holstein, wo die Liberalen gerade bei den Kommunalwahlen glänzend abgeschnitten haben. Der Niebel sei ja intellektuell allenfalls einer FDP gewachsen, die als Ein-Punkt-Partei auftrete.