Gefangenenaustausch Geheimhaltung gehört zum Geschäft

Beim bevorstehenden israelisch-arabischen Gefangenenaustausch haben die Deutschen zwischen der libanesischen Hisbollah, Iran und Israel vermittelt. Erfahrung im komplizierten Interessengeflecht des Nahen Ostens haben deutsche Experten schon lange.

Geheimhaltung gehört zum Geschäft, und deshalb verbieten sich offene Zeichen der Genugtuung oder gar öffentliches Schulterklopfen. Doch in Berlin ist man mehr als zufrieden, nach jahrelangen schwierigen Gesprächen die nächste Runde des israelisch-arabischen Gefangenenaustauschs möglich gemacht zu haben. "Wir wollen uns nicht am Geschäft von Information und Desinformation beteiligen", heißt es in Regierungskreisen auf die Frage, was genau deutsche Diplomaten und Agenten für den am Donnerstag auf einem deutschen Flughafen bevorstehenden Austausch tun konnten.

Erfahrung im komplizierten Interessengeflecht des Nahen Ostens haben deutsche Experten allerdings schon lange. Anfang der 90er Jahre hatte der damalige israelische Ministerpräsident Izchak Rabin bei Bundeskanzler Helmut Kohl angefragt und die ersten geheimen Aktivitäten besprochen - was innerhalb der israelischen Regierung auf zum Teil heftige Ablehnung stieß. Schon damals ging es, wie heute, um den in Libanon verschleppten israelischen Navigator Ron Arad und die Rolle Irans als Förderer der Hisbollah. Schlüsselfigur war der damalige Geheimdienstkoordinator Bernd Schmidbauer. 1996 gab es zwar einen Austausch. Doch bei Ron Arad kam man nicht weiter.

Die Fäden laufen im Bundeskanzleramt zusammen

Die rot-grüne Regierung unter Gerhard Schröder setzte die "vertrauensvolle Vermittlungsarbeit" fort. Damals wie heute wurde der deutsche Auslandsgeheimdienst BND in Anspruch genommen. Und die Fäden liefen immer im Bundeskanzleramt zusammen. Dort koordiniert nun Ernst Uhrlau. Er war in den 90er Jahren oberster Verfassungsschützer und Polizeipräsident in Hamburg und scheute damals keinen öffentlichen Disput. Mit dem Wechsel ins Kanzleramt 1998 hielt sich Uhrlau in der Öffentlichkeit zurück.

Diskretion und Beharrlichkeit zahlten sich aus. 1999 kamen fünf libanesische Gefangene über Deutschland in ihre Heimat frei. Und nun steht nach "sehr detaillierten Absprachen mit beiden Seiten" ein umfassender Gefangenenaustausch bevor - wieder mit deutscher Begleitung und wieder auf deutschem Boden. Es gibt keine direkte Verbindung zwischen Israel und Libanon und zwischen Israel und Iran.

"Es tut sich was in der gesamten Region"

Diesmal waren wohl die Kontakte zu Iran entscheidend. "Teheran war in die Vermittlung mit einbezogen, um Druck auf die Hisbollah zu machen", bestätigen Regierungskreise. Aber warum gab es gerade jetzt den Durchbruch? "Es tut sich was in der gesamten Region", heißt es in Berlin. Neben der wachsenden Kritik in Israel am ungelösten Konflikt mit den Palästinensern dürften auch Veränderungen in der Hisbollah selbst eine Rolle spielen. Zumindest Teile der Hisbollah wollen von der Terrorgruppe zur politischen Partei mutieren. Der Gefangenenaustausch dürfte ihre "Strahlkraft als politische Bewegung erhöhen."

Auch der von Krisen erschütterten Regierung in Teheran kommt ein diplomatischer Erfolg gerade recht. Wenn schon die Forderung Deutschlands und der EU nach Anerkennung Israels nicht erfüllt werden kann, ist man zumindest Gesten der Entspannung nicht abgeneigt. "Iran hat an dieser reputierlichen humanitären Aktion durchaus Interesse", heißt es in Berlin. Dass der Druck Teherans auf die Hisbollah- Milizen aber so stark wäre, dass diese künftig von Terroranschlägen absehen, ist nicht zu erwarten.

DPA
Thomas Lanig/Ruppert Mayr