Konjunkturhilfen Konsumgutscheine spalten die Koalition

Die Große Koalition ringt um weitere Maßnahmen zur Belebung der stockenden Konjunktur. Intensiv diskutiert wird dabei die Ausgabe von Konsumgutscheinen. Während die SPD sich der Idee gegenüber aufgeschlossen zeigt, stößt das Konzept bei der CDU und in Teilen der deutschen Wirtschaft auf wenig Gegenliebe.

Die Große Koalition arbeitet nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" an weiteren Maßnahmen zur Konjunkturbelebung. Wie das Blatt unter Berufung auf Unions- und SPD-Kreise berichtet, wächst in der Regierung die Sorge, dass die bislang eingeleiteten Maßnahmen im Kampf gegen die Rezession nicht ausreichen. Deshalb werde in Fraktionen und Ministerien über mögliche weitere Schritte nachgedacht.

Im Gespräch ist unter anderem auch die Ausgabe von sogenannten Konsumgutscheinen. Laut der "Süddeutschen Zeitung" hat der Abgeordnete Karl Lauterbach in der SPD-Fraktion ein nicht mit der Führungsspitze abgestimmtes Konzept für derartige Papiere vorgelegt.

Demnach sollten alle erwachsenen Bürger einen Gutschein über 500 Euro erhalten, mit dem innerhalb von acht Wochen Konsumgüter gekauft oder Handwerkerrechnungen beglichen werden könnten. Wirksam soll der Gutschein allerdings nur werden, wenn er mit einem Eigenanteil von 200 Euro aufgestockt wird. Für Sozialhilfe- und Hartz-IV-Empfänger soll die Zuzahlung entfallen, auch Kinder und Jugendliche müssten nichts drauflegen, erhielten dafür aber lediglich 250 Euro.

In der SPD wurde der Vorschlag positiv aufgenommen. Nachdem am Wochenende bereits SPD-Chef Franz Müntefering vorsichtige Sympathie für eine solche Lösung erkennen ließ, hat sich inzwischen auch SPD-Vize Andrea Nahles hinter das Konzept gestellt. Im ZDF befürwortete der saarländische SPD-Vorsitzende Heiko Maas die Ausgabe von Konsumgutscheinen: "Das könnte kurzfristig dazu führen, dass die zur Zeit einbrechende Konjunktur wieder verbessert wird. Und deshalb halte ich das für sinnvoll", sagte Maas. Solche Gutscheine sollten seiner Einschätzung nach einen Mindestwert von 250 Euro haben und an so viele Menschen wie möglich verteilt werden.

Auch Linkspartei-Chef Oskar Lafontaine befürwortet Maßnahmen zur Stärkung des Konsums. "Der Konsum ist in Deutschland so abgewürgt worden über Jahrzehnte, das sagt ja auch die internationale Öffentlichkeit, dass wir jetzt endlich auch etwas für den Konsum tun müssen", sagte Lafontaine. Er forderte allerdings ein neues Konjunkturprogramm nach amerikanischem Vorbild. Deutschland solle ebenso wie die USA zwei Prozent der Wirtschaftsleistung dafür ausgeben. Das entspräche nach Lafontaines Angaben 50 Milliarden Euro pro Jahr.

Wirtschaftsbosse bleiben skeptisch

Bei Unionspolitikern, Wirtschaftsforschern und Unternehmen stößt die Forderung nach einer Ausgabe staatlicher Konsumgutscheine allerdings auf heftige Ablehnung. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", eine Ausgabe von Konsumschecks bedeute lediglich, "dass der Staat dem Steuerzahler das Geld mit der einen Hand aus der Tasche nimmt und mit der anderen Hand - vermeintlich großzügig - wieder austeilt". Solche Schecks entfachten, dies zeige das Beispiel USA, "bestenfalls ein Strohfeuer". Dauerhaft blieben nur eine höhere Staatsverschuldung sowie große bürokratische Lasten. "Wenn der Staat dem Bürger mehr Geld belassen will, dann soll er gleich die Steuern senken", forderte Wansleben.

Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) lehnt die Ausgabe von Konsumgutscheinen ab. DIW-Präsident Klaus Zimmermann sagte, ein Großteil der Summen würde in Dinge investiert, die "man ohnehin kaufen wollte". Die Ausgabe müsse aus dem Haushalt finanziert werden, und dies gefährde wiederum die Konjunktur. Zudem sei das Konjunkturklima nach wie vor gut und müsse - über die in vielen Bereichen vorgenommenen Preissenkungen hinaus - nicht zusätzlich gestützt werden.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Koch hält Ausgabe für "verrückt, fahrlässig und falsch"

Auch der hessische Ministerpräsident Roland Koch lehnte Konsumschecks ab: "Wir haben derzeit kein Konsumproblem. Das Weihnachtsgeschäft läuft gut. In einer solchen Lage wäre es doch grotesk, den Leuten zu sagen, sie sollen erst im Februar einkaufen, weil sie dann noch einen Scheck vom Staat oben drauf bekommen", sagte der stellvertretende CDU-Vorsitzende der "Berliner Zeitung". Es sei "geradezu verrückt, fahrlässig und falsch, eine politische Debatte darüber anzufangen, dass der Staat Konsumschecks ausgibt", ergänzte Koch am Mittwoch in Rüsselsheim.

Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) machte sich unterdessen für ein weiteres Konjunkturpaket in Milliardenhöhe stark. Für vertretbar hielte er ein Vorziehen der vom Bundesverfassungsgericht für 2010 erzwungenen Absetzbarkeit der Krankenkassenbeiträge von der Steuer um ein Jahr, sagte der CDU-Politiker der "Augsburger Allgemeinen". Allerdings würde Oettinger die neun Milliarden dafür lieber verwenden, um der Wirtschaft weitere Impulse zu geben: "So könnte man noch einmal zwei Milliarden Euro in den Ausbau der Bundesfernstraßen stecken, die Programme zur Stadtsanierung weiter ausbauen oder Schulen und Hochschulen mit modernstem Klimaschutz ausrüsten."

Rüttgers für Bauinvestitionen

Auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers befürwortete ein neues Konjunkturprogramm der Bundesregierung. Die bisherigen Maßnahmen reichten nicht aus, sagte der CDU-Politiker der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". "Wir müssen rasch alles tun, um so schnell wie möglich aus der Rezession herauszukommen", sagte Rüttgers. "Es müssen Maßnahmen sein, die schnell umgesetzt werden können. Am wirksamsten sind Bauinvestitionen." Auch Investitionen in die Infrastruktur sowie in Forschung und Bildung nannte Rüttgers.

AP · DPA · Reuters
DPA/AP/Reuters