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"Nicht das Niveau einer Ministerin" Wie AKK sich die "Sicherheitszone" in Syrien vorstellt, nennt die Opposition "dilettantisch"

Eine Frau in dunklem Blazer betritt mit blauen Ordnern unter dem linken Arm einen Raum mit hellen Holztüren und -tischen
Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat vor dem Verteidigungsausschuss des Bundestages ihre Idee einer Sicherheitszone in Nordsyrien zumindest etwas konkretisiert
© Kay Nietfeld / DPA
Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat vor dem Verteidigungsausschuss erklärt, wie sie sich die "Sicherheitszone" in Nordsyrien vorstellt. Das Echo ließ nicht lange auf sich warten – und reicht von Zustimmung bis Fassungslosigkeit.

Mit ihrem Vorschlag für eine "Sicherheitszone" in Nordsyrien ist Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) vor dem Treffen mit den Nato-Verbündeten auf ein gemischtes Echo gestoßen. Während Frankreich mit Skepsis reagierte, lobten die USA das Vorhaben am Mittwoch. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg begrüßte die Initiative als Beitrag in der Debatte für eine Lösung im Syrien-Konflikt. Den Vorschlag an sich bewertete er nicht.

Was AKK für die Sicherheitszone vorschlägt

Vor dem Verteidigungsausschuss des Bundestags sagte sie am Mittwoch nach Teilnehmerangaben, dass es für den Einsatz ein Mandat der Vereinten Nationen geben müsse und die Truppe auch von den UN geführt werden sollte. Das wäre dann ein Blauhelmeinsatz, wie man ihn zum Beispiel aus Mali kennt. In Afghanistan ist dagegen eine Nato-Truppe im Einsatz.

Benötigt würde die ganze Bandbreite militärischer Fähigkeiten – auch Kampftruppen. Wie groß die Truppe sein müsste und inwieweit sich die Bundeswehr daran beteiligen könnte, wollte Kramp-Karrenbauer nicht sagen. Die Aufgaben der Mission sollten die Trennung der Konfliktparteien, die Überwachung einer Waffenruhe sowie die Erstellung von Lagebildern sein.

Die Sicherheitszone könne in Sektoren eingeteilt werden, von denen Deutschland einen übernehmen könne. So ist die Nato auch bei ihrer Stabilisierungstruppe in Afghanistan vorgegangen. Deutschland übernahm die Verantwortung eines Gebiets im Norden Afghanistans. Dort waren zeitweise in mehreren Feldlagern mehr als 5000 Soldaten im Einsatz.

Kritik von SPD und Opposition

Es stehe nach wie vor "eine Unzahl von Fragen im Raum", sagte der SPD-Obmann Fritz Felgentreu nach einem Auftritt Kramp-Karrenbauers. Härtere Kritik kommt aus der Opposition: "So viel Dilettantismus findet man nicht einmal im Ortsverein in Kleinstädten. Das ist nicht das Niveau einer Ministerin", sagte die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Der Linken-Verteidigungspolitiker Alexander Neu sprach von einer "Totgeburt". 

Kramp-Karrenbauer hat eine Sicherheitszone in Nordsyrien im Grenzgebiet zur Türkei vorgeschlagen, die von einer UN-Truppe geschützt werden soll. Inwieweit sich die Bundeswehr daran beteiligen könnte, sagte Kramp-Karrenbauer auch im Ausschuss nicht.

Der Grünen-Abgeordnete Tobias Lindner glaubt nicht, dass der Vorstoß Erfolg haben wird. "Die Ministerin hat die Initiative ergriffen, aber ich habe nicht den Eindruck, dass da tatsächlich irgendwelche Handlungen draus folgen werden." Die AfD forderte das Ende der Bundeswehreinsätze in Afghanistan und Mali für den Fall, dass deutsche Soldaten nach Syrien geschickt werden sollten.

Außenminister per SMS informiert

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) kritisiert die Art und Weise, wie Kramp-Karrenbauer die Diskussion auf den Weg gebracht hat: "Das hätte man anders machen müssen", sagte Maas den Sendern RTL und n-tv. Das unabgestimmte Vorgehen der Verteidigungsministern betreffe auch Deutschlands Ansehen im Ausland: International werde erwartet, "dass wir verlässlich sind, dass die Bundesregierung als Ganzes arbeitet und solche Vorschläge macht", sagte Maas. Das tue Kramp-Karrenbauer nicht. Maas war davon nur kurz zuvor per SMS informiert worden.

"Es geht auch um das Vertrauen in die deutsche Außenpolitik", mahnte Maas. "Die Diskussion hat nicht gut begonnen, so wie der Vorschlag gemacht wurde. Das ist ja offensichtlich", sagte er weiter. "Man muss sich innerhalb der Koalition der Verantwortung bewusst sein, die wir haben."

Rückendeckung von CSU-Chef Söder

CSU-Chef Markus Söder hat den Vorschlag der Verteidigungsministerin dagegen positiv aufgenommen. Der Vorstoß sei "sehr, sehr sinnvoll und nur zu begrüßen", sagte Söder am Rande einer Landtagssitzung in München. "Es ist ein wichtiges Thema. Und es ist gut, wenn da Deutschland insgesamt außenpolitisch handlungsfähiger wird. Wir spüren ja, dass es direkt vor der europäischen Haustür zu einer Situation kommt, dass Europa kein Mitspracherecht hat."

"Wir spüren ja seit Wochen und Monaten, dass die deutsche Außenpolitik einen neuen Schwung braucht", erklärte der bayerische Ministerpräsident. Aus dem Erkennen der Probleme und dem Analysieren komme man bislang nicht heraus. Es sei deshalb klug, zu versuchen, nun in einen anderen Handlungsmodus zu kommen, erklärte er.

Sigmar Gabriel unterstützt AKK

Auch Ex-Außenminister Sigmar Gabriel befürwortete den Vorschlag. Kramp-Karrenbauers Forderung sei eine logische und richtige Konsequenz, "wenn wir mehr wollen als nur die aktuelle Lage zu beklagen", schrieb Gabriel im Kurznachrichtendienst Twitter. "In der internationalen Politik gibt es nie ein Vakuum: Wo einer den Raum verlässt - in diesem Fall die USA - tritt jemand anderes hinein", so Gabriel weiter.

Dies werde in Zukunft hoffentlich Europa sein. Geredet werden solle nicht länger über Verfahren, sondern über die Substanz des Vorschlags.

Merkel für mehr deutsches Engagement

Die Bundesregierung hat zur "Sicherheitszone" noch keine abgestimmte Position. "Die Meinungsbildung innerhalb der Bundesregierung zum Vorschlag der Verteidigungsministerin ist noch nicht abgeschlossen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Zugleich betonte er: "Die Bundeskanzlerin findet es richtig, dass Deutschland und Europa sich in einem Konflikt, der sich direkt vor unserer europäischen Haustür abspielt, und der intensive Auswirkungen auf unsere Interessen, unsere Sicherheit hat, stärker, aktiver engagiert." Gleichzeitig gelte: "Regierungshandeln beruht immer auf Abstimmung in der Regierung und auf dem Herstellen von Einverständnis der Regierungspartner."

tkr DPA AFP

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