Vor der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern haben die Parteien auf der Zielgeraden die noch unentschlossenen Wähler umworben. Bundeskanzlerin Angela Merkel warnte am Freitag bei Auftritten in Neustrelitz und Neubrandenburg vor einer Rückkehr zu Rot-Rot. "Nur eine starke CDU kann dafür sorgen, dass die Linken nicht in die Regierung kommen", sagte die CDU-Vorsitzende. Im Bundesland an der Ostsee zeichnet sich in Umfragen erneut ein Sieg der SPD ab.
Es bleibt offen, ob es zu einer Fortsetzung von Rot-Schwarz kommt oder ob die bundesweit erste rot-rote-Koalition von 1998 bis 2006 wieder aufgelegt wird. Während die Grünen davon ausgehen können, erstmals in den Schweriner Landtag einzuziehen, droht der FDP ein Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde.
Der Vorsitzende der Linke-Bundestagsfraktion, Gregor Gysi, forderte zum Wahlkampfabschluss seiner Partei in Schwerin die Wähler auf, mit ihrer Entscheidung auch ein Signal nach Berlin zu senden. "Sollte die Linke geschwächt aus der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern hervorgehen, wäre das Signal: Das hat sich erledigt", sagte er vor einigen hundert Zuhörern. Gehe die Linke aus beiden Wahlen gestärkt hervor, dann würden "die in Berlin" ihre Politik ändern, "bevor wir einen Antrag stellen", zeigte sich der Linke-Politiker überzeugt.
Rund 1,4 Millionen Bürger sind aufgerufen, ein neues Landesparlament zu wählen. Der letzten Umfrage vor der Wahl zufolge könnte die SPD (35 Prozent) gegenüber der Wahl 2006 ihren Vorsprung auf den Koalitionspartner CDU (28) und die ebenfalls als Regierungspartner bereitstehende Linke (16,5) vergrößern.
Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD, 61) hält sich beide Möglichkeiten offen. Er hatte die Regierungsgeschäfte im Oktober 2008 von Harald Ringstorff (SPD) übernommen und strebt nun eine zweite Amtszeit an. Sowohl der CDU-Spitzenkandidat, Innenminister Lorenz Caffier, als auch Ex-Arbeitsminister Helmut Holter (Linke) hatten Sellering zu einer Koalitionsaussage zu ihren Gunsten noch vor der Wahl gedrängt. Sellering aber legte sich nicht fest.
Bis 2006 war in Schwerin die bundesweit erste rot-rote Landesregierung am Ruder, die dann von einer SPD/CDU-Koalition abgelöst wurde. Bei der Wahl 2006 hatte die SPD mit 30,2 Prozent knapp vor der CDU (28,8) gelegen. Die Linke erzielte mit 16,8 Prozent eines ihrer schlechtesten Ergebnisse.
Die FDP kam mit 9,6 Prozent auf einen Rekordwert, muss nun aber um den Wiedereinzug in den Landtag bangen. In Umfragen blieben die Liberalen meist unter der Fünf-Prozent-Marke. FDP-Chef Philipp Rösler hofft aber, dass die Liberalen in Mecklenburg-Vorpommern noch Boden gutmachen. Bei den FDP-Wahlkampfveranstaltungen im Norden sei die Stimmung gut gewesen. "Auch die Abschlussveranstaltung in Rostock war sehr gut besucht. Insofern sind wir da guter Dinge, was die kommenden Wahlsonntage anbelangt", sagte Rösler der Nachrichtenagentur dpa.
Ähnlich sind die Aussichten für die rechtsextreme NPD, die 2006 noch 7,3 Prozent erreicht hatte. Von den 71 Sitzen im Landtag hat die SPD 23 inne, die CDU 22, die Linke 13, die FDP 7 und die NPD 6.
Für die Grünen, die 2006 mit 3,4 Prozent noch klar an der Fünf- Prozent-Hürde gescheitert waren, zeichnet sich ein deutlich besseres Ergebnis ab. In Umfragen lagen sie stabil bei 7 bis 8 Prozent. Damit würden sie erstmals den Sprung in den Schweriner Landtag schaffen. Gelingt dies, wären die Grünen - neben SPD und Union - ebenfalls in allen deutschen Landesparlamenten vertreten.
Die Parteien hatten Themen wie Arbeit, Lohnentwicklung, Bildung, Unterstützung für Familie und Kinder sowie Energiewende ins Zentrum ihrer Wählerwerbung gestellt. Der eher verhaltene Wahlkampf aber lässt nach Einschätzung von Wahlforschern in Mecklenburg-Vorpommern eine geringe Wahlbeteiligung erwarten. Bei der Landtagswahl 2006 hatten 59,1 Prozent der Berechtigten ihre Stimme abgegeben.
Förderlich könnte jedoch sein, dass neben dem Landtag auch die Kreistage und die Landräte im Nordosten neu gewählt werden und die Bewohner zudem über die Namen der sechs neuen Großkreise entscheiden. Mit dem 4. September tritt die Verwaltungsreform in Kraft, über die lange gestritten worden war und in deren Folge die bundesweit größten Landkreise entstehen.