Im Streit um Steuererhöhungen rechnet Schleswig-Holsteins SPD-Chef Ralf Stegner mit einem Einknicken der Union. "Jeder weiß, dass die Versprechungen der Union bei Rente, Pflege und Gesundheit nicht erfüllbar sind, ohne dass man für die höchsten Einkommen höhere Steuern erhebt", sagte Stegner der "Rheinischen Post". "Bei Herrn Seehofer weiß man, dass der bayerische Löwe laut brüllt, um am Ende dann doch umzufallen."
CSU-Chef Horst Seehofer hatte am Wochenende gesagt, Steuererhöhungen kämen für seine Partei nicht infrage, und darauf den Bürgern sein Wort gegeben. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte unter Verweis auf die Kanzlerin ebenfalls klipp und klar: "Mit uns gibt es keine Steuererhöhungen." Die SPD hatte sich im Wahlkampf aber für die stärkere Belastung von Gutverdienern eingesetzt. Das Thema dürfte zum Zankapfel in den anstehenden Gesprächen über eine schwarz-rote Regierungsbildung werden.
"Staat hat kein Einnahmen-, sondern Ausgabenproblem"
Stimmen aus der Wirtschaft warnten vor höheren Steuern. "Deutschland braucht Haushaltskonsolidierung und keine Steuererhöhungen. Denn der Staat hat kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem", sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung".
Auch der CDU-Wirtschaftsrat warnte die Partei davor nachzugeben. "Der erfolgreiche Weg der Konsolidierung der Staatsfinanzen durch Ausgabenreduzierungen statt durch Steuererhöhungen muss dringend weiter fortgesetzt werden", heißt es in den noch unveröffentlichten Empfehlungen des Verbandes für ein Regierungsprogramm, die der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vorliegen.
Der frühere Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, Peter Harry Carstensen, kritisierte die Debatte. "Wer in Zeiten wie diesen über Steuererhöhungen nachdenkt, der spinnt. Wir haben die Wahl gewonnen - nicht die anderen", sagte der CDU-Politiker den "Kieler Nachrichten".
Der SPD-Parteirat hatte den Weg zu Vorgesprächen mit der Union freigemacht. Damit sind aber noch längst nicht alle Hürden auf dem Weg zu einem schwarz-roten Bündnis aus dem Weg geräumt. Die SPD-Führung will die 470.000 Parteimitglieder mitentscheiden lassen.
SPD will offenbar sechs Ministerposten
Laut "Frankfurter Allgemeiner Sonntagszeitung" verlangt die SPD bei einer Regierungsbeteiligung sechs Ministerposten für sich. Demnach ist Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann als Kandidat für das Finanzministerium im Gespräch, SPD-Vize Manuela Schwesig als Familienministerin und Parteichef Sigmar Gabriel als Vizekanzler und Arbeitsminister. Gabriel habe auf die Medienberichte empört reagiert, schreibt die "Süddeutsche Zeitung" und zitiert den SPD-Chef mit den Worten: "Leute, die jetzt über so etwas öffentlich diskutieren, sind verrückt. Sie erwecken den Eindruck, uns gehe es nur um Posten."