Einen Tag nach ihrer Freilassung aus dreiwöchiger Geiselhaft in Irak hat Susanne Osthoff nach Fernsehberichten die deutsche Botschaft in Bagdad verlassen. Das ZDF und der Sender n-tv berichteten am Montagabend übereinstimmend, die 43-Jährige habe das Botschaftsgebäude verlassen. Sie sei in der irakischen Hauptstadt aber noch immer in der Obhut der deutschen Botschaft, hieß es im ZDF. Dagegen berichtete n-tv, Osthoff sei auf eigene Faust im Land unterwegs. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes, das die Berichte nicht bestätigte, will die Archäologin zunächst nicht nach Deutschland zurückkehren. Die näheren Umstände der Freilassung Osthoffs waren weiter nicht bekannt. Unklar blieb auch, wer die Deutsche entführt hatte und ob für ihre Freilassung Lösegeld gezahlt wurde. Bundespräsident Horst Köhler äußerte sich erleichtert über Osthoffs Freilassung.
Noch in "sicherer Obhut"
Osthoff selbst dankte der Bundesregierung, dem Krisenstab und der Botschaft in Bagdad für die Bemühungen um ihre Freilassung. Die 43-Jährige befindet sich derzeit noch in "sicherer Obhut". Sie wolle den Irak aber in "allernächster Zukunft" verlassen, teilte das Auswärtige Amt mit.
"Frau Osthoff bat um Verständnis dafür, dass sie zunächst nicht nach Deutschland zurückkehren wolle, sondern fernab der Öffentlichkeit gemeinsam mit ihrer Tochter einige Tage verbringen möchte", sagte der Leiter des Krisenstabs, Außenamtsstaatssekretär Klaus Scharioth, am Montag nach einem Telefonat mit Osthoff. Die Archäologin war am Sonntag rund drei Wochen nach ihrer Entführung freigelassen worden. Auch ihr Fahrer Chalid al Schimani befindet sich nach dpa-Informationen nicht mehr in der Gewalt der Entführer.
Osthoff geht es den Umständen entsprechend gut
Der Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Jäger, betonte aber, Al Schimani habe sich bislang noch nicht bei der deutschen Botschaft in Bagdad gemeldet. Die Entführer hatten zugesichert, auch den Iraker auf freien Fuß zu setzen. Susanne Osthoff geht es nach Worten Jägers den Umständen entsprechend gut. Sie sei in guter körperlicher Verfassung. Am Abend dementierte das Auswärtige Amt eine Meldung des Fernsehsenders n-tv, wonach Osthoff die Botschaft verlassen habe und auf eigene Faust im Irak unterwegs sei.
Ungeklärt ist noch, ob in dem Fall Lösegeld gezahlt wurde. Berichte, wonach Osthoff mit Ersatzforderungen rechnen müsse, stießen im Außenministerium auf Befremden. "Die Frage stellt sich zur Zeit überhaupt nicht", hieß es.
Mehr als drei Wochen in Geiselhaft
Die Deutsche war am 25. November mit ihrem Fahrer auf einer Überlandfahrt von Bagdad nach Arbil im Nordirak verschleppt worden. Die Kidnapper hatten ein Ende der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Irak gefordert und mit der Ermordung ihrer Geiseln gedroht. Die Archäologin war bis vor einigen Jahren mit einem Iraker verheiratet. Aus der Ehe hat sie eine zwölfjährige Tochter, die in Deutschland lebt.

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick
Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!
Nach Informationen des Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Nadeem Elyas, wurde Osthoff während ihrer Verschleppung an eine andere Entführergruppe übergeben. "Wir wissen, dass die Entführer anfangs eine kriminelle Gruppe waren, die nur auf Lösegeld aus war", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung". "Diese erste Gruppe hat Frau Osthoff an eine islamisch orientierte Gruppe "verkauft"."
Köhler dankbar
Bundespräsident Köhler dankte allen, die an den Bemühungen um die Freilassung beteiligt waren, besonders dem Krisenstab des Auswärtigen Amtes und den Mitarbeitern der deutschen Botschaft in Bagdad. Nach Ansicht von Vizekanzler Franz Müntefering sollte über Bedingungen und Umstände der Freilassung nicht weiter spekuliert werden. "Vielleicht hilft Mundhalten", sagte er. Das gute Gefühl, dass es gelungen sei, zwei Menschenleben zu retten, müsse im Vordergrund stehen.
Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler, sagte, der Krisenstab habe sehr professionell gearbeitet, Kontakte genutzt und sei dabei sehr diskret vorgegangen. Er verteidigte die zurückhaltende Informationspolitik während der Entführung. Es sei nicht sinnvoll, durch Bekanntgabe der Umstände möglicherweise Hinweise für potenzielle Entführer zu geben, sagte er im WDR.
Ein glücklicher Tag
Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) sagte, für die Familie, für Bayern und für Osthoffs Heimatgemeinde Glonn sei es ein glücklicher Tag. Er gratulierte der Bundeskanzlerin, dass es der Regierung gelungen sei, Osthoffs Freilassung so schnell vor Weihnachten zu erwirken. "Das ist ein wunderbares Ergebnis."
Die Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD), die sich unter für die Freilassung der Geiseln eingesetzt hatte, reagiert mit großer Freude. "Ich bin sehr froh, dass Frau Osthoff wieder frei ist. Ich wünsche der Familie alle Gute und ruhige und besinnliche Tage", sagte TGD-Bundesvorsitzender Kenan Kolat.