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Festnahme in Koblenz Mutmaßliche Russland-Spionage: Fall des verhafteten Bundeswehr-Offiziers alarmiert die Politik

Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr in Koblenz
Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr in Koblenz
© picture alliance / DPA
Der Verdacht lautet geheimdienstliche Agententätigkeit für Russland: Der Fall im Beschaffungsamt der Bundeswehr wirft ein Schlaglicht auf Gefahren für die Sicherheit. Verteidigungsminister Pistorius lobt die Arbeit der Ermittler – und will sie weiter stärken.

Die Festnahme eines mutmaßlich für Russland tätigen Spions beim Beschaffungsamt der Bundeswehr alarmiert die Politik. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warnte am Donnerstag vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs vor einer neuen Dimension der Bedrohung durch Geheimdienstaktivitäten. Die Union forderte die Bundesregierung auf, das Ausmaß des Spionagefalls durch einen Bundeswehr-Offizier möglichst schnell zu klären. 

"Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat auch die Sicherheitslage in Deutschland verändert", sagte Faeser den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Die Bedrohung durch Spionage, Desinformationskampagnen und Cyberangriffe hat eine andere Dimension erhalten."

Die Bundesanwaltschaft hatte am Mittwoch in Koblenz einen Mitarbeiter des Beschaffungsamtes der Bundeswehr festnehmen lassen. Er soll sich aus eigenem Antrieb seit Mai mehrmals bei der russischen Botschaft in Berlin und dem Generalkonsulat in Bonn gemeldet und eine Zusammenarbeit angeboten haben. Einmal soll er dabei beruflich erlangte Informationen weitergegeben haben.

Politiker fordern nach mutmaßlichem Spionage-Fall Aufklärung

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bezeichnete die Festnahme als einen Erfolg im Kampf gegen Spionage. "Wir sind schnell und wachsam. Die personelle Stärkung des Militärischen Abschirmdienstes müssen wir konsequent weiter verfolgen - gerade im Bereich der Spionageabwehr", sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Die Zusammenarbeit der Nachrichtendienste sei eng und habe hervorragend funktioniert.

"Wir müssen uns – in Zeiten des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine – der wachsenden hybriden Bedrohung anpassen und unsere Spionageabwehr in enger Abstimmung mit unseren europäischen und internationalen Partnern weiterhin kontinuierlich ausbauen", so Pistorius. Und: "Klar ist: Wir sind hellwach und werden alle Anstrengungen unternehmen, um jeden Fall mit aller Härte zu verfolgen."

"Der Fall ist eine krasse Ausnahme", sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) in einem Video im Onlinedienst X, der vorher Twitter hieß. Gleichzeitig betonte Buschmann die Aktualität des Problems: "Spionage ist keine dunkle Erinnerung aus dem Kalten Krieg – sie ist eine relevante Herausforderung." 

Nach Informationen des "Tagesspiegel" soll der Mann intern bereits wegen seiner Sympathie für die AfD und deren Russlandpolitik aufgefallen sein. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sah in derartigen Fällen "ein Muster", wie er der "Rheinischen Post" sagte. Oft seien es Menschen, "die offensichtlich mit der AfD sympathisieren und ihr durchaus nahestehen und den Sicherheitsinteressen Deutschlands massiv schaden wollen".

"Offenbar gibt es bei den letzten Verratsfällen Bezüge zur AfD", sagte der Grünen-Fraktionsvize und Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Konstantin von Notz, der Nachrichtenagentur AFP. "Es muss geprüft werden, inwieweit man hier disziplinarrechtliche Handlungsoptionen hat."

Von Notz forderte ein "ganz neues Verständnis der Spionageabwehr und ein scharfes Problembewusstsein für geheimhaltungsrelevante Informationen". Die Grünen-Verteidigungsexpertin Sara Nanni sprach sich dafür aus, den Fall durch das Parlamentarische Kontrollgremium im Bundestag durchleuchten zu lassen.  

Die Union forderte umfassende Aufklärung: "Die Bundesregierung ist nun gefordert, schnell das Ausmaß aufzuklären und zu informieren", forderte der Verteidigungspolitiker Florian Hahn (CSU) in den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Vorwurf gegen Bundeswehr-Mitarbeiter lautet geheimdienstliche Agententätigkeit

Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) vergibt jährlich Rüstungsaufträge in Milliardenhöhe. Im Zuge des Ukraine-Kriegs und der Wiederausrichtung der Bundeswehr auf die Landes- und Bündnisverteidigung sind die Aufgaben der Mammutbehörde mit rund 12.000 Mitarbeitern nochmals deutlich gewachsen. Sie muss nun auch beschleunigt Munition und Waffensysteme nachbestellen, die von der Bundeswehr an die Ukraine abgegeben wurden.

Das Portal Business Insider berichtete, dass der Mann Zugang zu sensiblen Daten gehabt haben soll. Demnach arbeitete er in einer Abteilung, die sich mit der Beschaffung von Technik für elektronische Kampfführung, Aufklärung und Auswertung geheimer Informationen beschäftigt.

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Der genaue Vorwurf gegen den festgenommenen Mitarbeiter lautet geheimdienstliche Agententätigkeit. Das kann in besonders schweren Fällen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren bestraft werden.

Es ist nicht der erste Fall von mutmaßlicher Spionage für Russland in einer wichtigen Regierungsbehörde in Deutschland. Im Dezember war ein Mitarbeiter des Bundesnachrichtendiensts (BND) festgenommen worden, der einem russischen Nachrichtendienst Informationen geliefert haben soll. Gegen ihn und einen im Januar festgenommenen mutmaßlichen Komplizen wird anders als im aktuellen Fall auch wegen Landesverrats ermittelt. Diese Straftat liegt unter anderem dann vor, wenn Staatsgeheimnisse verraten wurden.

les DPA AFP

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