Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer will eine Pkw-Maut auf deutschen Straßen, die nur von ausländischen Autofahrern entrichtet wird. Der CSU-Vorsitzende sagte der "Bild am Sonntag": "Ich will eine Maut, die die deutschen Autofahrer nicht belastet." Den Einwand, dass das EU-Recht dies nicht zulässt, ließ Seehofer nicht gelten. "Das mag die Auffassung des Bundesverkehrsministeriums sein. Notfalls muss dafür das EU-Recht geändert werden."
Seehofers Vorschlag erntete umgehend deutliche Kritik, auch vom Koalitionspartner. FDP-Generalsekretär Patrick Döring stellte klar: "Dafür wird die FDP die Hand nicht reichen." Eine Vignette, die am Ende nur ausländische Fahrer treffe, sei europarechtlich unzulässig und schaffe neue Bürokratie ohne Mehrwert, sagte er der "Rheinischen Post" (Montagausgabe). "Die deutschen Autofahrer zahlen mehr als 50 Milliarden Euro Steuern pro Jahr, das muss reichen."
Hessens Verkehrsminister Florian Rentsch (FDP) unterstellt Seehofer gar mangelnde Ernsthaftigkeit: "Die Probleme der Finanzierung der Infrastruktur sind zu ernst, als dass solch humoristische Vorschläge wie die von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (...) weiterhelfen würden."
Ramsauer will die Maut für alle
Ähnlich äußerte sich der SPD-Politiker Florian Pronold. Seiner Meinung nach sei eine ausschließliche Belastung für ausländische Pkw unzulässig sei. Zudem seien die möglichen Einnahmen angesichts hoher Verwaltungskosten für eine Vignette und eines niedrigen Anteils ausländischer Pkw auf deutschen Straßen gering, sagte der bayerische SPD-Landeschef, der zum Kompetenzteam von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück gehört.
Auch Seehofers Parteifreund, Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, hatte zuletzt mehrfach die Einführung einer Pkw-Maut in Deutschland gefordert. "Es geht uns um mehr Gerechtigkeit und mehr Geld für den Straßenbau. Die CSU ist geschlossen für die Pkw-Maut beziehungsweise eine Vignette", sagte er im April der "Passauer Neuen Presse". Auf Dauer könne es ohne eine stärkere Nutzerfinanzierung "keine bedarfsgerechte, lärmarme und sichere Verkehrsinfrastruktur" geben. Allerdings will Ramsauer ein einfach durchzusetzendes System, an dem auch die deutschen Autofahrer beteiligt werden. Im Mai sagte er dem Radiosender hr-info, das Ziel sei, auch ausländische Autofahrer an den Kosten zu beteiligen. Eine Vignette wie in der Schweiz sei das sinnvollste Modell.
Seehofer äußerte sich generell verärgert über die Europäische Union (EU) - er lehne "jede Form des vorauseilenden Gehorsams gegenüber der EU ab. Ob Strafzölle, Trinkwasser oder die Regionalförderung: Was ich jede Woche aus Brüssel höre, überschreitet meine Schmerzgrenze, denn es gefährdet Arbeitsplätze bei uns."