Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) hat die Warnung des Bundesinnenministeriums vor Selbstmordattentaten in Deutschland "etwas überzogen" genannt. Es gebe keine konkreten Hinweise auf Anschlagziele, etwa Orte oder bestimmte Verkehrsmittel, sagte Beckstein der "Passauer Neuen Presse". Nach den Worten des afghanischen Handels- und Industrieministers Amin Farhang sollte Deutschland die Terrordrohungen von Taliban- und al-Kaida- Kämpfern allerdings ernst nehmen.
Farhang: "Strategieänderung gen Westen"
Beckstein sagte, die kurdisch-irakische Islamistengruppe Ansar al- Islam habe vor einiger Zeit Kämpfer aus Deutschland, die in den Irak gegangen seien, zurückgeschickt. Begründung sei gewesen, sie sollten besser in Deutschland Geld sammeln und Ressourcen bündeln, da es für Terroranschläge im Irak und in Afghanistan genügend Freiwillige gebe. Daher müsse damit gerechnet werden, dass die früher in Deutschland Lebenden und in Terrorlagern Ausgebildeten auch zurückkommen. Vor diesem Hintergrund hätten die deutschen Behörden die Sicherheitsvorkehrungen vor einigen Wochen deutlich angehoben. Darüber hinausreichende Maßnahmen seien aber nicht veranlasst.
Farhang sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger": "Die Taliban haben gesagt, dass ihre Leute auch in einigen europäischen Hauptstädten wie London, Berlin oder Paris unterwegs sind." Deshalb sei Vorsicht geboten. Taliban und al Kaida hätten eingesehen, dass ihre Anschläge in Afghanistan nicht so ernst genommen würden. "Deshalb wendeten sie sich mit einer Strategieänderung nach Westen. Sie hoffen, dass dies dazu führen wird, dass die Nato-Länder ihre Truppen abziehen. Aber auch wenn es zu einer solchen Entwicklung käme, bedeutete das keine Sicherheit für Europa und Amerika."
Drei Festnahmen in Pakistan
Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte am Freitag gesagt, Deutschland sei wie andere Staaten vor allem wegen des Engagements in Afghanistan seit geraumer Zeit "im Fadenkreuz des islamistischen Terrorismus". Sicherheitsexperten halten die Lage für so ernst wie zuletzt vor den Terroranschlägen von New York und Washington 2001. Laut Bundeskriminalamt (BKA) wurden in Pakistan drei Deutsche wegen Terrorverdachts festgenommen.
Zwei der in Pakistan festgenommenen Deutschen sind laut BKA-Chef Jörg Ziercke zum Islam übergetreten. Der 45 Jahre alte dritte Mann ist nach Angaben des rheinland-pfälzischen Innenministers Karl Peter Bruch (SPD) ein Deutscher mit Migrationshintergrund und kommt aus der Südpfalz. Aus Sicherheitskreisen hieß es, der Mann pakistanischer Abstammung sei am 18. Juni am Flughafen der Stadt Lahore festgenommen worden. Er sei auf der Rückreise nach Deutschland gewesen. Laut "Süddeutscher Zeitung" hatte der seit 2001 als "Gefährder" eingestufte Mann Zugang zur Kernforschungsanlage in Karlsruhe.
Beckstein sagte dem "Münchner Merkur", zu dem Personenkreis, der offenbar nach Deutschland zurückkommen wolle, "zählt auch ein gewaltbereiter Islamist, der sich zeitweise in Bayern aufgehalten hat und bereits als Gefährder aktenkundig ist". Das Innenministerium in München bestätigte am Freitagabend, der Mann sei am 10. Juni in Pakistan festgenommen worden. Das Ministerium machte jedoch keine weiteren Angaben zu dessen Identität.