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Thüringen Ramelow schlägt Lieberknecht als neue Ministerpräsidentin vor

Christine Lieberknecht (CDU) war von 2009 bis 2014 Regierungschefin in Thüringen und führte damals eine Koalition von CDU und SPD an (Archivbild vom November 2017)
Christine Lieberknecht (CDU) war von 2009 bis 2014 Regierungschefin in Thüringen und führte damals eine Koalition von CDU und SPD an (Archivbild vom November 2017)
© Martin Schutt/dpa-Zentralbild / DPA
In der Debatte um einen Ausweg aus dem Dilemma in Thüringen hat Ex-Ministerpräsident Bodo Ramelow laut Berichten einen überraschenden Vorschlag gemacht. Demnach soll seine Vorgängerin auch seine Nachfolgerin werden - zumindest vorerst.

Die frühere Thüringer Regierungschefin Christine Lieberknecht (CDU) ist als neue Ministerpräsidentin im Gespräch - allerdings soll sie die Landesregierung nur übergangsweise bis zu einer baldigen Neuwahl führen. Den Vorschlag unterbreitete Ex-Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) am Montagabend bei einem Treffen von Linken, SPD und Grünen mit der CDU, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen in Erfurt erfuhr. Zuvor hatte der MDR darüber berichtet. Die Gespräche zwischen den Parteien waren am Abend allerdings noch nicht beendet.

Debakel in Thüringen

Die Fraktionen im Landtag suchen seit fast zwei Wochen nach einem Ausweg aus der politischen Krise. Auslöser war das Debakel bei der Ministerpräsidentenwahl am 5. Februar. An dem Tag hatte die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich mit Stimmen von CDU, FDP und maßgeblich der AfD zum Ministerpräsidenten für ein politisches Beben gesorgt. Drei Tage später trat der 54-Jährige zurück. Er ist seitdem geschäftsführend ohne Minister im Amt, bis ein neuer Ministerpräsident gewählt ist. Am Freitag hatte CDU-Landeschef Mike Mohring angekündigt, nicht erneut als Landesparteichef zu kandidieren.

Björn Höcke, (r) Fraktionsvorsitzender der AfD, gratuliert Thomas Kemmerich (l., FDP), dem neuen Thüringer Ministerpräsidenten

Die Christdemokraten lehnen es ab, den früheren Ministerpräsidenten Ramelow (Linke) aktiv in das Amt des Regierungschefs mitzuwählen. Den Christdemokraten verbietet ein Bundesparteitagsbeschluss jede Form der Zusammenarbeit mit der AfD und den Linken.

Lieberknecht bis 2014 Ministerpräsidentin

Lieberknecht blickt auf eine lange politische Karriere in Thüringen zurück: Die CDU-Politikerin war schon Ministerin, Partei- und Fraktionsvorsitzende, Landtagspräsidentin - und Ministerpräsidentin. Wie viele ostdeutsche Politiker, die nach der Wiedervereinigung Karriere machten, ist die 61-Jährige Theologin. Manchen gilt die aus Weimar stammende Pastorin mit ihrem eher präsidialen Stil und ihren Hosenanzügen als regionales Pendant zu Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Von 2009 bis 2014 führte Lieberknecht als Regierungschefin in Thüringen eine schwarz-rote Koalition an. Sie war damals die erste Frau an der Spitze eines ostdeutschen Bundeslandes. Vor allen Dingen aus ihrer Zeit als Landtagspräsidentin hatte sie ein gutes Verhältnis zu dem Linken-Politiker Bodo Ramelow, der damals Oppositionsführer im Landtag war. Bei der Wahl zur Ministerpräsidentin 2009 sprang Ramelow ihr nach zwei erfolglosen Wahlgängen zur Seite und sorgte mit seiner Kandidatur im dritten Wahlgang dafür, dass sich die Reihen schlossen. Nach der Landtagswahl 2014 entschied sich die SPD für ein Bündnis mit den Linken und den Grünen. So kam es zum Machtwechsel, obwohl die CDU damals stärkste Fraktion im Landtag blieb.

Christine Lieberknecht (CDU) war von 2009 bis 2014 Regierungschefin in Thüringen und führte damals eine Koalition von CDU und SPD an (Archivbild vom November 2017)
Christine Lieberknecht (CDU) war von 2009 bis 2014 Regierungschefin in Thüringen und führte damals eine Koalition von CDU und SPD an (Archivbild vom November 2017)
© Martin Schutt/dpa-Zentralbild / DPA

Ramelow wollte sich neuer Wahl stellen

Ramelow hatte zuletzt stets betont, er wolle sich erneut einer Ministerpräsidentenwahl stellen, wenn es für ihn eine Mehrheit ohne AfD-Stimmen gibt - dafür sind mindestens vier Stimmen von CDU oder FDP nötig. Zugleich hatte er vorgeschlagen, dass er nach seiner Wahl den Weg für geordnete Neuwahlen frei macht - möglichst nach einer Verständigung über den Landeshaushalt für 2021, um Thüringen bis zu einer Landtagswahl handlungsfähig zu halten.

Für eine Auflösung des Thüringer Landtags sind 60 der 90 Stimmen nötig. Rot-Rot-Grün hat zusammen 42 Stimmen, die CDU 21 und die FDP 5. 

Linke legt zu, CDU sackt ab

Nach dem Debakel um die Wahl Kemmerichs hat die Linke laut Umfragen in der Wählergunst deutlich zugelegt, die CDU und FDP sind dagegen abgesackt.

Am Samstag hatten in Erfurt ungeachtet des Rücktritts von Kemmerich Tausende Menschen gegen die Wahl des Regierungschefs mithilfe der AfD protestiert. Die AfD-Fraktionschefin im Bundestag, Alice Weidel, erklärte hingegen, ihre Partei sei nach der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen "zum politischen Felsen geworden, an dem die etablierten Parteien wie Nussschalen zerschellen".

tkr DPA

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