Überwachung der Linkspartei Sieben Bundesländer arbeiten mit Geheimdienstmethoden

Die Linkspartei wird offenbar intensiver beobachtet, als bisher publik geworden ist. Laut dem niedersächsischen Verfassungsschutzchef wenden sieben Bundesländer dabei geheimdienstliche Mittel an.

Die Linkspartei wird in sieben Bundesländern mit geheimdienstlichen Mitteln überwacht. Das teilte der niedersächsische Verfassungsschutzpräsident Hans-Werner Wargel am Mittwoch in Hannover mit. Insgesamt hätten zwölf Länder und der Bund die Linke im Visier. "Sieben Länder beobachten mit nachrichtendienstlichen Mitteln, den ganzen Landesverband oder nur Splittergruppen wie die Kommunistische Plattform." Damit widersprach Wargel Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), der gesagt hatte, die Linksparteispitze werde beobachtet, aber nicht überwacht. Es gehe also um die Auswertung von Reden und Schriften, aber nicht um nachrichtendienstliche Mittel.

Unter nachrichtendienstlichen Mitteln versteht man das Abhören von Telefonaten, das Öffnen von Briefen oder auch den Einsatz von V-Leuten. In Niedersachsen würden solche Methoden nicht bei Parlamentariern eingesetzt, betonte Wargel. "Wir führen keine personenbezogenen Akten über Abgeordnete." Er selbst sehe nicht die Partei als Ganzes als verfassungsfeindlich an.

Friedrich lässt Linke-Beobachtung überprüfen

Zuvor hatte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) angekündigt, die umstrittene Beobachtung von Linken-Abgeordneten durch den Verfassungsschutz auf den Prüfstand stellen. Dabei müsse sichergestellt werden, dass die Überprüfung bestimmten Kriterien entspreche, sagte Friedrich am Mittwoch vor Journalisten in Berlin.

Ausschlaggebend sei, ob die Betroffenen in der Partei eine Führungsposition innehätten oder einer extremistischen Teilvereinigung angehörten. Der Verfassungsschutz müsse unter diesen Aspekten die bisherige Beobachtung der Linken-Abgeordneten überprüfen. Das Vorgehen der Verfassungsschützer war in den vergangenen Tagen auf massive Kritik aus allen politischen Lagern gestoßen.

Auch Pau widerspricht Friedrich

Einer Aufstellung der Linkspartei zufolge beobachtet der Verfassungsschutz 27 der insgesamt 76 ihrer Bundestagsabgeordneten, darunter fast die gesamte Fraktionsspitze um Gregor Gysi und die Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau. Beide werden zu den sogenannten Realpolitikern gezählt.

Zudem sollen nach Aussage von Parteimitgliedern V-Leute in die Partei eingeschleust worden sein. Das würde ebenfalls der Darstellung widersprechen, die Linke werde nicht mit Geheimdienstmitteln überwacht.

"Wenn Bundesinnenminister Friedrich behauptet, die Linke werde lediglich beobachtet und nicht observiert, dann irrt er", erklärte Pau in der Zeitung "Die Welt". Sie habe es "schwarz auf weiß" in ihrer Verfassungsschutzakte, dass gegen sie nachrichtendienstliche Mittel eingesetzt worden seien.

"Das ist eine Frage des Maßes"

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle hatte zuvor bereits Innenminister Friedrich und die Länder aufgefordert, Fragen rund um die Beobachtung der Linkspartei aufzuklären. Die große Zahl der betroffenen 27 Abgeordneten führe dazu, dass man durchaus an der Verhältnismäßigkeit zweifeln könne, sagte Brüderle am Mittwoch in Berlin. Er halte es für abwegig zu glauben, dass ein Drittel der Linke-Fraktion verfassungsgefährdende Tätigkeiten ausübe. "Insofern ist das eine Frage des Maßes."

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Allerdings müsse die Demokratie auch wehrhaft bleiben - gegen Rechts und gegen Links, betonte Brüderle. Einzelne Politiker der Linken würden die Verfassung infrage stellen. Eine Beobachtung und Auswertung von Presseartikeln durch Verfassungsschützer halte er für legitim.

Ähnlich äußerte sich SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Es gebe keinen Zweifel, dass Teile der Partei verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgten und etwa eine Diktatur des Proletariats wollten. Wenn aber mit Dietmar Bartsch oder Petra Pau Vertreter des Realo-Flügels beobachtet würden, die sich klar zur Verfassung bekannt hätten und sich den Sektierern in der Partei entgegenstellten, sei das zu hinterfragen.

DPA
dho/kng/AFP/DPA