Jens Spahn galt als die große Hoffnung der CDU. Beflügelt von guten Umfragewerten liebäugelte der Bundesgesundheitsminister Ende des Jahres sogar mit der Kanzlerkandidatur. Doch nun kommt Spahn, der sich als anpackender Minister inszenierte, nicht mehr aus der Schusslinie. Einerseits wirft sein Krisenmanagement Fragen auf, zuletzt etwa kippte Bundeskanzlerin Angela Merkel seine bereits für den 1. März angekündigte Schnelltest-Strategie. Seit wenigen Tagen muss er sich auch aufgrund seines persönlichen Verhaltens rechtfertigen.
Der "Spiegel" berichtet in seiner aktuellen Ausgabe von einem privaten Abendessen in Leipzig am 20. Oktober. Gemeinsam mit einem Dutzend Unternehmern verbrachte er den Abend und erklärte dort die Corona-Politik des Bundesregierung. Allerdings hatte Spahn ausgerechnet an jenem Morgen die Bürger ermahnt, dass Ansteckungen mit dem Coronavirus hauptsächlich "beim Feiern, beim Geselligsein" passieren. Am Tag nach dem Dinner in Leipzig wurde Spahn positiv auf das Coronavirus getestet.
In der "Bild am Sonntag" äußerte sich Spahn nun zu dem Vorfall. "Die damalige Veranstaltung entsprach den Corona-Regeln. Jemanden unwissentlich anzustecken, hätte ich zutiefst bedauert. Das ist, wohl auch aufgrund der Vorsichtsmaßnahmen, nicht passiert." Nach Bekanntwerden von Spahns positivem Testergebnis wurden alle Teilnehmer des Dinners getestet, niemand hatte sich angesteckt. Ein Fehlverhalten sieht der Gesundheitsminister demnach nicht.
Debatte um Spenden
Obwohl niemand mit dem Coronavirus angesteckt wurde, sorgt der Fall dennoch für Wirbel. "Während wir alle im Lockdown verharren, definiert Jens Spahn für sich persönlich Sonderrechte auf eine recht eigenwillige und schädliche Weise", kritisiert FDP-Generalsekretär Volker Wissing in der "Bild am Sonntag". Auch in sozialen Netzwerken wird häufig kritisiert, dass sich einige Spitzenpolitiker offenbar nicht an die Ratschläge halten, die sie selber geben.
Zwar wurden alle Teilnehmer des Dinners nach Bekanntwerden von Spahns Testergebnis an die zuständigen Stellen gemeldet. Ansonsten versuchte Spahns Team offenbar nicht viel Aufhebens um den Termin zu machen. "Es hätte wohl einfach nicht gut ausgesehen", schreibt der "Spiegel" in seinem Enthüllungsbericht.

Denn wie die "Bild am Sonntag" schreibt, wollten die Unternehmer beim Dinner offenbar nicht nur dem Bundesgesundheitsminister lauschen. Jeder Teilnehmer war aufgefordert, 9999 Euro für Spahns Bundestagswahlkampf 2021 an dessen Wahlkreis im Münsterland zu spenden. Die Summe ist kein Zufall: Bei einem Euro mehr müsste die CDU die Spendernamen veröffentlichen. "9999 Euro-Spenden beim Spahn-Dinner weil es bei 10.000 veröffentlichungspflichtig würde. Das ist genau diese Mentalität, die Menschen sich von etablierter Politik abwenden lässt", kritisiert Jonas Scheunig, Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion Saarland, auf Twitter.
Quellen: Bild am Sonntag, Spiegel, Twitter