Die Schlacht in Bachmut ist vorbei. Doch was wird jetzt geschehen? Wir stellen drei Möglichkeiten vor. Eine davon nimmt einen für die Ukraine günstigen Verlauf an. Die beiden anderen beschreiben die Möglichkeiten der russischen Seite.
Flankenangriff der Ukraine
Vor etwa 14 Tagen starteten die ukrainischen Truppen eine begrenzte Gegenoffensive an beiden Flanken der damals noch verteidigten Stadt. Im Norden verlief der Angriff entlang der Straße M03, unterstützt von einem seitlichen Vorstoß aus der Gegend von Bohdanivka. Zunächst kam der Angriff gut voran und traf auf eine chaotische und überforderte Abwehr. Doch die Russen konnten sich auf eine zweite Linie auf der Höhe hinter einem Staubecken einrichten und ihre Stellung stabilisieren. Seitdem kommen die ukrainischen Kämpfer nur sehr langsam voran.
Ein ähnliches Bild im Südwesten. Hier traten die ukrainischen Kräfte aus dem Ort Ivanivske an und warfen die Russen ebenfalls aus ihrer Verteidigungsstellung. Aber auch dort konnten sie sich zurückziehen. Eine zweite Linie auf einem Höhenzug einrichten, während sich Kiews Truppen mühsam durch ein Wäldchen kämpften und einen Kanal überqueren mussten. Der Höhenzug wird von zwei Grabenstellungen abgeschirmt. Doch wenn Kiew diese Stellung nimmt, fällt der Ort Klischtschijiwka in ihre Hand und Kiews Truppen bedrohen die Straße TO 513 nach Bachmut und weiter die entscheidende M03.
Für Kiew sind das verlockende Optionen: Die Truppen müssten die Russen nur wenige Kilometer zurückdrängen und schon würde sich der russische Triumph in Bachmut in ein Debakel verwandeln. Die Russen müssen die mühsam eroberte Stadt wieder aufgeben.
Neue Satellitenbilder dokumentieren die völlige Zerstörung im hart umkämpften Bachmut

Gegen diese positive Entwicklung sprechen mehrere Faktoren. Der Überraschungseffekt des ersten Angriffs ist verpufft. Die Russen haben Verstärkungen herangebracht. Die Wagnersöldner sind nicht mehr in der Stadt gebunden und die russische Artillerie wird versuchen, die ukrainischen Angriffe zu zerschlagen.
In den nächsten Tagen wird sich zeigen, ob Kiews auf diesem Weg weitere Fortschritte macht.
Großangriff Moskaus
Im Raum um Bachmut hat jede Seite um die 50.000 Soldaten eingesetzt. Die große russische Lösung sähe nun so aus: Durch die kleineren Siedlungen wird auf die letzte Verteidigungslinie Kiews im Donbass vorgerückt. Auf die Kette befestigter Städte von Slowjansk über Kramatorsk bis nach Kostjantyniwka. Das ist derzeit unrealistisch. Es würde Wochen, wenn nicht Monate dauern, die ukrainischen Kräfte aus den kleineren Siedlungen auf dem Weg dorthin zu vertrieben und so Angriffspositionen zu erreichen. Eine Ausdehnung der Kämpfe auf diese Frontlänge würde weit mehr Soldaten und entsprechend auch Munition als in Bachmut benötigen. Anstatt von 50.000 Mann müsste man eher mit 150.000 Mann kalkulieren. Wenig wahrscheinlich, dass Russland diese Kräfte mobilisieren kann. Und selbst wenn es möglich wäre, wäre es unklug, denn dann hätte Moskau keine Reserven mehr, einer ukrainischen Offensive zu begegnen.
Bachmut II.
Möglich wäre aber ein zweites Bachmut. Nun aber mit dem Ziel Awdijiwka. Die Kleinstadt liegt nur etwa 15 Kilometer von Donezk entfernt und ist auf drei Seiten von den Russen eingeschlossen- Südwestlich haben sie Russen einen Vorsprung um die Ortschaften Pervomais'ke, Vodyane und Opytne eingenommen und die natürliche Barriere einer Seenkette überschritten. Im Norden haben sie Krasnohorivka und Novobakhmutivka besetzt. Kleinräumig ist es auch hier, die Russen benötigen nur wenige Kilometer, um die Stadt abzuschneiden. Von dort aus hätten sie Zugriff auf wichtige Straßen und es böte sich langfristig die Möglichkeit, von Süden hinter die von der Ukraine befestigten Städte zu kommen. Blickt man auf die Schlacht von Bachmut, dann würde auch der Kampf um Awdijiwka vermutlich Monate dauern.
Für die nächsten Tage und Wochen wird die Lage um Bachmut entscheidend sein. Gelingt es den Ukrainern südlich von Bachmut in Richtung auf die M03 vorzustoßen, stehen die Russen vor einer schweren Niederlage. Dann werden sie keine weiteren Offensiven in diesem Gebiet starten können. Müssen die ukrainischen Streitkräfte ihre Offensive aber abbrechen, ohne wirkliche Erfolge errungen zu haben, ist dies auch eine klare Niederlage. Dann wurden Teile der besten Angriffstruppen für ein paar Wiesen abgenutzt.
Alle beschriebenen Varianten haben nichts mit der "Großen Gegenoffensive" zu tun. Die neu aufgestellten Truppen sind nicht in diese Kämpfe verwickelt und auch nicht die Kampfpanzer, die die Verbündeten geliefert haben.