Mit den Eindrücken des ersten Länderspiels der EM-Saison gegen Brasilien und vier Spieltagen in der Bundesliga ist es wieder an der Zeit, unseren EM-Kader zu nominieren. Ein Sieg gegen Österreich und das deutsche Team hat sich vorzeitig für das Turnier in Polen und der Ukraine qualifiziert. Zweifel bestehen keine, im Anschluss testet Bundestrainer Joachim Löw noch gegen die polnische Auswahl erstmals in den neuen Trikots.
In den letzten Kadern mussten wir stets nur punktuelle Veränderungen vornehmen, zu gut waren die Leistungen und zu deutlich hat sich eine Stammformation gebildet. Mit dem Seitenwechsel von Philipp Lahm, der Verletzung von René Adler und der Frage nach dem richtigen System müssen in der September-Ausgabe aber doch einige Fragen beantwortet werden.
Wie gewohnt entscheiden wir unabhängig von der Nominierung des Bundestrainers, lassen die aktuelle Form in der Bundesliga oder den ausländischen Ligen viel stärker mit einfließen und benennen die 23 Spieler, die unserer Meinung nach bei heutigem EM-Beginn nominiert werden müssten.
Tor
Erstmals nach langer Zeit steht auf der Position mit den geringsten Problemen ein Wechsel an. Leverkusens René Adler hat sich an der Patellasehne verletzt und muss ersetzt werden. Wie der Bundestrainer entscheiden wir uns für die Nachwuchs-Lösung, mit Tim Wiese steht Stammkeeper Manuel Neuer ja ein erfahrener Mann zur Seite. Roman Weidenfeller hätte es sicher auch verdient, angesichts der vielen aufstrebenden Torhüter wäre das aber die falsche Entscheidung.
Löw hat sich für Ron-Robert Zieler von Hannover 96 entschieden, eine vertretbare Lösung. Wir halten Marc-André ter Stegen von Borussia Mönchengladbach aber für den stärkeren Torwart. Es ist schon bemerkenswert, mit welcher Ruhe und Ausstrahlung der 19-Jährige in der vergangenen Saison im Abstiegskampf debütierte. Fehler suchte man bei ter Stegen vergeblich. Und er knüpfte in den ersten vier Spielen nahtlos an, mit der sportal.de-Durchschnittsnote von 2,25 führt ter Stegen derzeit das Ranking der Bundesliga-Torhüter an.
Abwehr
Spielte Philipp Lahm auf der rechten Seite, stand stets die Suche nach einem linken Pendant im Vordergrund. Nun spielt Lahm wie beim FC Bayern wieder auf links und das Problem hat sich verlagert. Blöd gelaufen ist es für Dennis Aogo und Marcel Schmelzer. Lieferten sich die beiden zuletzt einen Zweikampf um einen Stammplatz, ist nun nur noch für einen von beiden Platz im Kader und es gibt dankbarere Rollen als der Vertreter von Dauerbrenner Lahm zu sein. Beide suchen noch ihre Form, mangels Alternative entscheiden wir uns für Schmelzer.
Gegen Brasilien ließ Löw auf der rechten Seite Christian Träsch von der Leine. Der Wolfsburger spielte engagiert, machte aber auch deutlich, dass er kein klassischer Außenverteidiger ist. Wir nehmen ihn trotzdem mit, wenn auch nur als Backup. Für Träsch spricht auch seine Vielseitigkeit. Trotzdem braucht das DFB-Team einen rechten Spezialisten. Nach vielversprechenden Ausflügen ins Mittelfeld hat sich Gonzalo Castro bei Bayer Leverkusen mittlerweile wieder einen Stammplatz erobert, mit Leistungen wie gegen Borussia Dortmund gehört der fünffache Nationalspieler wieder dazu. Die Problemzone im deutschen Kader bleibt der zweite Außenverteidiger trotzdem.
In der Innenverteidigung nehmen wir zum letzten Kader im Mai eine Änderung vor. Youngster Philipp Wollscheid muss weichen, sich dabei aber vor allem der starken Konkurrenz stellen. Mats Hummels ist zurecht mittlerweile Stammspieler, Benedikt Höwedes rechtfertigt mit starken Leistungen seine Wahl zum Kapitän auf Schalke und auch Holger Badstuber hat sein Leistungstief überwunden.
Zurück im Kader ist Jerome Boateng, sein Wechsel zum FC Bayern war die richtige Wahl. Boateng ist Innenverteidiger, spielt endlich auf seiner Position und avanciert in München direkt zum Abwehrorganisator (sportal.de-Durchschnittsnote 3). Keinen Platz gibt es deshalb vorerst für Per Mertesacker. Sein Comeback in Bremen lief ordentlich, aber er war lange raus und muss sich nun erst mal beim FC Arsenal beweisen.
Mittelfeld
Schon nach dem 3:2-Sieg gegen Brasilien stellten wir die Frage, ob Löw sich in der Startaufstellung zwischen Mesut Özil und Mario Götze entscheiden muss und die Antwort lautete ganz klar: nein. Gerade gegen Österreich und Polen muss es nun das Ziel sein, noch dominanter, noch spielstärker, noch kombinationssicherer und noch torgefährlicher zu werden.
Da auch Thomas Müller in einer starken Frühform ist (sportal.de-Durchschnittsnote 2,5), steht die ideale Besetzung der offensiven Dreierkette fest. Es sei denn, Löw weicht erneut auf ein 4-1-4-1 aus, wofür die Tatsache spricht, dass die auch in unserem Kader gesetzten Sami Khedira und Sven Bender mit leichten Blessuren absagen mussten. So könnte Bastian Schweinsteiger alleine auf der Sechs spielen der in Leverkusen stark aufspielende Simon Rolfes nähme als Vertreter erst mal auf der Bank Platz und ein weiterer Offensivspieler reinrücken.
Der von uns nominierte Marco Reus musste bereits zum vierten Mal absagen, man kann nur hoffen, dass dies nicht zur Unendlichen Geschichte wird. Bleiben noch André Schürrle (siehe Sturm) noch Lukas Podolski, der nach der starken Rückrunde in Köln weiterhin im Kader steht, mittlerweile aber wieder nur auf Bewährung spielt. In den letzten Länderspielen fiel Podolski stark ab, gerade Schürrle drängt mit Macht in die erste Elf.
Im Mittelfeld ist zudem das Blickfeld so groß, wie es auch schwer ist, nominiert zu werden. Mit guten Leistungen machen derzeit die Hannoveraner Konstantin Rausch und Lars Stindl auf sich aufmerksam, haben es aber wie der Mainzer Marcel Risse schwer. Lars Bender, Kevin Großkreutz, Ilkay Gündogan oder Lewis Holtby sind ebenfalls gut in die Saison gekommen, aber es gibt nur neun Plätze und das Mittelfeld ist mittlerweile zum Herzstück des deutschen Kaders geworden.
Ein Wort noch zu Toni Kroos. Bei Löw stets dabei fehlt er in unserem Kader und steht nur im Blickfeld. Das Talent des Bayern-Akteurs ist groß und unbestritten, aber er muss in den nächsten Monaten einen deutlichen Schritt nach vorne machen. Kroos verschleppt das Spiel noch zu häufig, muss mehr direkt passen und seine Torgefahr aus Leverkusener Tagen wiederfinden. Dann gehört er wieder zu den stärksten 23.
Sturm
Mario Gomez musste die Länderspiele zwar absagen, seine Verletzung ist aber nicht langwierig und so ist klar, dass wir ihn mit zur EM nehmen würden. Das Spiel gegen Brasilien hat aber gezeigt, dass sich Gomez auch wenn er mittlerweile selbst im Nationalteam das Tor wieder trifft mit seiner Spielweise weiterhin schwer tut. Gerade Özil und Götze bevorzugen spielstarke Stürmer.
Zu Miroslav Klose ist angesichts des verschobenen Saisonstarts in Italien noch nicht viel zu sagen, aber kann er bei Lazio Rom seine Form konservieren, führt weiterhin kein Weg am Stürmer Nummer eins vorbei. Dahinter drängt sich weiterhin kein klassischer Stürmer auf. Wie schon in den vorherigen Kadern nominieren wir André Schürrle, auch wenn er in Leverkusen nicht im Sturm spielt und eigentlich wie Podolski auch eher ins Mittelfeld gehört. Wir halten Schürrle aber für vielseitig genug, im Angriff auszuhelfen, vor allem wenn Löw mal auf ein System mit zwei Stürmern umstellen sollte.
Der sportal.de-EM-Kader (Stand 2.9.2011):
Tor
Manuel Neuer (Schalke 04)
Marc-André ter Stegen
Tim Wiese (Werder Bremen)
Blickfeld: Roman Weidenfeller (Borussia Dortmund), René Adler (Bayer Leverkusen), Ron-Robert Zieler (Hannover 96), Oliver Baumann (SC Freiburg)
Abwehr
Holger Badstuber (Bayern München)
Jerome Boateng (Bayern München)
Gonzalo Castro (Bayer Leverkusen)
Benedikt Höwedes (Schalke 04)
Mats Hummels (Borussia Dortmund)
Philipp Lahm (Bayern München)
Marcel Schmelzer (Borussia Dortmund)
Christian Träsch (VfL Wolfsburg)
Blickfeld: Dennis Aogo, Andreas Beck, Arne Friedrich, Marco Höger, Robert Huth, Per Mertesacker Stefan Reinartz, Marcel Schäfer, Serdar Tasci, Heiko Westermann und Philipp Wollscheid
Mittelfeld
Sven Bender (Borussia Dortmund)
Mario Götze (Borussia Dortmund)
Sami Khedira (Real Madrid)
Thomas Müller (Bayern München)
Mesut Özil (Real Madrid)
Lukas Podolski (1. FC Köln)
Simon Rolfes (Bayer Leverkusen)
Marco Reus (Borussia Mönchengladbach)
Bastian Schweinsteiger (Bayern München)
Blickfeld: Lars Bender, Julian Draxler, Christian Gentner, Kevin Großkreutz, Ilkay Gündogan, Lewis Holtby, Marcell Jansen, Toni Kroos, Marko Marin, Patrick Ochs, Konstantin Rausch, Sascha Riether, Marcel Risse, Sebastian Rudy, Sidney Sam, Lars Stindl, Christian Tiffert und Piotr Trochowski.
Angriff
Mario Gomez (Bayern München)
Miroslav Klose (Bayern München)
André Schürrle (FSV Mainz 05)
Blickfeld: Cacau, Stefan Kießling, Kevin Kuranyi und Jan Schlaudraff
Marcus Krämer