Die fünf Vetomächte und Deutschland haben Iran im Atomstreit vor die Alternative gestellt, ein Verhandlungsangebot anzunehmen oder mit Sanktionen rechnen zu müssen.
"Bedeutende Vorteile" oder "Stafmaßnahmen"
"Es sind zwei Wege vor uns", sagte die britische Außenministerin Margaret Beckett nach Gesprächen in Wien. Teheran könne bei einem Verzicht auf die Urananreicherung mit "bedeutenden Vorteilen" rechnen, im anderen Fall drohten Strafmaßnahmen des Weltsicherheitsrats. Sollte Teheran die Urananreicherung stoppen, werde der Atomstreit von der Tagesordnung des höchsten UN-Gremiums genommen, sagte Beckett.
Nach Angaben des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier erwägen auch Russland und China, sich an den bislang von Deutschland, Großbritannien und Frankreich geführten Verhandlungen mit Teheran zu beteiligen. Am Mittwoch hatte schon die US-Regierung ihre Bereitschaft zu direkten Gesprächen mit der iranischen Führung erklärt, sollte diese ihr Atomprogramm aussetzen.
China setzt auf Diplomatie
Der chinesische Außenminister Li Zhaoxing telefonierte heute mit seinem iranischen Kollegen Manutschehr Mottaki und sicherte diesem zu, dass China "alle Bemühungen unterstützt, die zu einer diplomatischen Lösung des Konfliktes beitragen". Beckett sagte, man habe sich in Wien auf "weit reichende Vorschläge" an den Iran geeinigt. "Wir glauben, dass sie Iran die Chance eröffnen, eine auf Zusammenarbeit basierende Verhandlungseinigung zu erreichen". Sollte Teheran solche Verhandlungen allerdings ablehnen, "müssen weitere Schritte ergriffen werden", sagte sie.
Militärschlag ausgeschlossen
Das von den fünf UN-Vetomächten vorgelegte Angebotspaket an den Iran zur Abkehr von seinem Atomprogramm schließt nach russischen Angaben die Androhung eines Militärschlags aus.
"Ich kann ganz eindeutig sagen, dass alle Vereinbarungen des Treffens gestern den Einsatz militärischer Gewalt ausnehmen", sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Freitag der Nachrichtenagentur RIA nach seiner Rückkehr von Wien nach Moskau. In der österreichischen Hauptstadt hatten sich die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (UN) sowie Deutschland darauf verständigt, dem Iran Anreize zu bieten, wenn die Islamische Republik auf ihr Programm zur Uran-Anreicherung verzichtet. Das Angebot soll dem Iran in den kommenden Tagen übermittelt werden.
Lawrow sagte, dem Iran sei keine eindeutige Frist gesetzt worden, um auf die Offerte zu reagieren. Er gehe jedoch davon aus, dass der Zeitrahmen mehrere Wochen umfassen werde. Sollte der Iran die Vorschläge ablehnen, könnten die Veto-Staaten die Beratungen über eine Iran-Resolution im UN-Sicherheitsrat wieder aufzunehmen. In einer Resolution werde es jedoch keinen Aufruf zu Sanktionen geben, fügte Lawrow hinzu. Die ständigen Sicherheitsratsmitglieder Russland und China wollen Sanktionen gegen den Iran bislang nicht mittragen.
Iran lehnt Stopp der Urananreicherung als Vorbedingung ab
Die sechs Außenminister aus China, Frankreich, Großbritannien, Russland, die USA und Deutschland riefen den Iran auf, die "substanziellen Vorschläge" ernsthaft zu prüfen. Der Iran begrüßte das Dialogangebot grundsätzlich, lehnte aber einen Stopp der Urananreicherung als Vorbedingung aber ab. Außenminister Manutschehr Mottaki sagte im staatlichen Fernsehen, über angestammte Rechte in Atomfragen werde nicht verhandelt. Doch sei Teheran zu einem "Dialog über gemeinsame Anliegen" bereit.
US-Präsident George W. Bush drohte unterdessen erneut mit der Einschaltung des Weltsicherheitsrats, falls der Iran die Urananreicherung nicht einstellt. Wenn Teheran sich weiter nicht um die Weltmeinung kümmere, dann werde die Welt in einer konzertierten Aktion handeln, sagte Bush nach einer Sitzung seines Kabinetts.
Der amerikanische Nationale Geheimdienstchef John Negroponte sagte in einem Interview des britischen Rundfunksenders BBC, der Iran sei nach seiner Einschätzung noch vier bis zehn Jahre vom Bau einer Atombombe entfernt. "Das ist eine Einschätzung", betonte er. Es gebe keine genauen Kenntnisse über den Stand des iranischen Atomprogramms.