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Konflikt im Nahen Osten Erdogan nennt Israel "terroristischen Staat"

Trotz aller Friedensappelle aus dem Westen hält sich Tel Aviv den Einsatz von Bodentruppen im Gazastreifen offen. Der türkische Ministerpräsident Erdogan bezeichnet Israel als "terroristischen Staat".

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan verschärfte angesichts der Entwicklung seine Kritik an Israel weiter. "Israel ist ein terroristischer Staat", zitierten türkische Medien den Regierungschef bei einer Konferenz in Istanbul. Die Welt verschließe die Augen vor an Zivilisten und Kindern im Gazastreifen begangenen Massakern, sagte Erdogan demnach. Der Ministerpräsident hat die Palästinenser-Politik der israelischen Regierung in den vergangenen Jahren immer wieder kritisiert. Unter seiner Führung kam es zum Bruch der Türkei mit dem einstigen Verbündeten.

Unterdessen haben die Führungen der Palästinensergruppen Fatah, Hamas und Islamischer Dschihad ihre jahrelangen Feindseligkeiten ad acta gelegt und eine neue Einigkeit demonstriert. "Aus Ramallah verkünden wir mit den Führern der anderen Bewegungen, dass wir der Spaltung ein Ende machen", sagte der ranghohe Fatah-Führer Dschibril Radschub vor rund tausend Demonstranten. "Wer von heute an noch von Spaltung spricht, ist ein Krimineller", sagte der Hamas-Chef im Westjordanland, Mahmud al-Rahmahi.

Ban will Vermittlung unterstützen

Im Laufe des Tages wird UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in Kairo erwartet, wo er die ägyptischen Vermittlungsbemühungen im Gazakonflikt unterstützen will. Er will am Dienstag nach Israel weiterreisen. Der ägyptische Präsident Mohammed Mursi hatte am Sonntag unter anderem mit Hamas-Chef Chaled Meschaal konferiert, dessen radikal-islamische Bewegung den Gazastreifen kontrolliert. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) will am Montag ebenfalls in die Region reisen.

Vor der kurzfristig angesetzten Reise hat Westerwelle Palästinenser und Israelis erneut zu einem Waffenstillstand aufgerufen. Westerwelle äußerte sich am Rande eines Treffens der EU-Außenminister, bei dem der aktuelle Konflikt im Nahen Osten auf der Tagesordnung stand. "Ich denke, es ist entscheidend, dass wir gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft auf Umsicht, auf Verhältnismäßigkeit und auf Deeskalation drängen", forderte Westerwelle die EU-Länder auf. Im Anschluss an das Treffen in Brüssel reist Westerwelle zu politischen Gesprächen mit der israelischen Regierung in Jerusalem weiter. Für Dienstag wurde auch ein Besuch in den Palästinensergebieten erwartet.

Nato-Generalsekretär Rasmussen sagte: "Ich bin sehr besorgt über die Eskalation der Gewalt im Gazastreifen und in Israel." Er bedauere den Verlust von Menschenleben. "Natürlich hat Israel das Recht auf Selbstverteidigung, und die Angriffe auf Israel müssen aufhören. Aber die internationale Gemeinschaft erwartet von Israel auch, Zurückhaltung zu zeigen."

Hoffnungen auf eine schnelle Waffenruhe waren von palästinensischer Seite schon am Sonntag gedämpft worden. Die Verhandlungen zwischen Hamas und Israel in Kairo hätten zwar Fortschritte gemacht, aber dennoch sei eine Feuerpause in den kommenden Tagen unwahrscheinlich, sagte nach Angaben der palästinensischen Nachrichtenagentur Maan der PLO-Politiker Nabil Schaath, der vom Hamas-Exilchef Chaled Maschaal unterrichtet worden war. Israel wolle seine Bedingungen durchsetzen und ignoriere die Forderungen der Hamas und anderer Palästinenserfraktionen.

Zahl der Toten steigt auf über 80

Die israelischen Streitkräfte bombardierten unterdessen weiter Ziele im Gazastreifen. Der arabische Nachrichtensender al Dschasira berichtete am frühen Montagmorgen, die israelische Luftwaffe und Kriegsmarine hätten ihre Angriffe in der Nacht fortgesetzt. Die Zahl der palästinensischen Todesopfer seit Beginn des Konflikts habe sich diversen Quellen zufolge inzwischen auf bis zu 90 erhöht, etwa 700 Menschen sollen seit Beginn des Konflikts verletzt worden sein. Maan berichtete unter Berufung auf Sanitäter am frühen Morgen, dass seit Mitternacht neun Menschen getötet worden seien, darunter drei Insassen eines Autos, das in Dir el Balach bei einem Luftangriff getroffen wurde. Auf der israelischen Seite kamen bis Sonntagabend drei Menschen ums Leben, in den israelischen Siedlungen nahe des Gazastreifens blieb es in der Nacht ruhig, am Morgen war wieder Luftalarm zu hören.

Die andauernde Gewalt nährte Sorgen vor einer israelischen Bodenoffensive in dem Palästinensergebiet. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte am Sonntag: "Die Operation im Gazastreifen geht weiter, und wir sind dazu bereit, sie noch bedeutend auszuweiten." Tausende Reservisten werden nach Armeeangaben auf einen möglichen Bodeneinsatz vorbereitet. Bis zu 75.000 Israelis müssen mit einer Einberufung rechnen. Israels Verteidigungsminister Ehud Barak sagte, eine Fortsetzung der Militäroperation sei "selbstverständlich".

Vermittler Fabius: "Müssen Krieg verhindern"

Netanjahu forderte vor einer Waffenruhe mit der im Gazastreifen herrschenden Hamas einen Stopp der Raketenangriffe. "Erstmal müssen die Raketenangriffe (auf Israel) aufhören, und dann können wir über den Rest reden", sagte er nach einem Treffen mit dem französischen Außenminister Laurent Fabius, der sich um eine Waffenruhe bemüht.

Fabius, der sich auch mit dem israelischen Außenminister Avigdor Lieberman traf, sagte in Jerusalem: "Wir müssen die Bedingungen für eine Waffenruhe schaffen. Wir müssen einen Krieg in Gaza verhindern." Westerwelle warnte vor einer weiteren Eskalation der Gewalt und mahnte die Araber, mäßigend auf die radikal-islamische Hamas einzuwirken.

US-Präsident Barack Obama bekräftigte das Selbstverteidigungsrecht Israels. Kein Land würde es tolerieren, dass von außerhalb seiner Grenzen immer wieder Raketen auf sein Territorium abgefeuert würden, sagte er am Sonntag. Zuvor hatte ein hochrangiger US-Sicherheitsberater gesagt, die israelische Regierung habe die Entscheidung über eine Bodenoffensive selbst in der Hand.

tso/ins/dho/DPA/AFP/Reuters DPA Reuters

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