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Syrien "Nichts zu machen, käme Gesichtsverlust gleich" - Ex-US-Botschafter Kornblum rechnet mit Angriff

Wladimir Putin, Syrien, Donald Trump
Die Lunte brennt am Pulverfass Syrien - was planen US-Präsident Donald Trump (r.) und Kreml-Chef Wladimir Putin? (Archivbilder)
© Alexander Zemlianichenko/AP, Ammar Safarjalani/XinHua/DPA, Nicholas Kamm/AFP
Wie geht es weiter im Syrien-Konflikt? Die Drohkulisse wird immer gefährlicher, die Rhetorik aggressiver. Doch eine gemeinsame Linie hat der Westen noch nicht.

Ein Militäreinsatz westlicher Länder in Syrien ist trotz anhaltend massiver Drohungen noch keine endgültig beschlossene Sache. Für die USA erklärte das Weiße Haus zuletzt, eine Entscheidung sei noch nicht gefällt. US-Präsident Donald Trump war zuvor mit seinen Sicherheitsberatern zusammengekommen. Sprecherin Sarah Sanders erklärte: "Wir werten weiter Geheimdiensterkentnisse aus und sind in engen Abstimmungen mit unseren Partnern und Alliierten."

Als Option für eine Reaktion auf den mutmaßlichen Giftgasangriff in Ost-Ghuta mit Dutzenden Toten gelten gezielte Raketenangriffe auf ein Objekt oder mehrere ausgewählte Ziele. Sehr heikel daran wäre, dass in Syrien stationierte russische Truppen getroffen werden könnten.

Chemiewaffenexperten auf dem Weg nach Syrien

Trump telefonierte noch in der Nacht mit der britischen Premierministerin Theresa May. In einer Mitteilung der Downing Street hieß es, Trump und May seien sich einig, dass der Einsatz von Chemiewaffen durch das syrische Militär "nicht unbeantwortet" bleiben könne und dass ein weiterer Einsatz von Chemiewaffen durch das Assad-Regime verhindert werden müsse.

Über ein geplantes Telefonat Trumps mit dem französischen Staatschef Emmanuel Macron lag zunächst keine offizielle Erklärung vor. Frankreich hat nach Macrons Worten Beweise für den Einsatz von Chemiewaffen seitens der syrischen Regierung. In Washington sagte US-Verteidigungsminister James Mattis, endgültige Beweise für den Chemiewaffeneinsatz der syrischen Regierung würden noch gesucht.

Der Sender MSNBC berichtete, Blut- und Urinproben legten den Einsatz chemischer Waffen nahe. Der Sender berief sich ohne nähere Angaben auf zwei Regierungsmitarbeiter, die mit Erkenntnissen eines Geheimdienstes vertraut seien. Es seien Chlorgas und ein namenloses Nervengas eingesetzt worden. Sie hätten Vertrauen in die Geheimdiensterkenntnisse, wenn auch nicht zu 100 Prozent. Ermittler der Organisation für ein Verbot der Chemiewaffen (OPCW) sind auf dem Weg nach Syrien. Sie sollen dort ab Samstag mit Untersuchungen beginnen.

Am Donnerstagmorgen hatte Trump noch eine baldige Entscheidung über einen Militäreinsatz angekündigt. Er machte Syriens Führung unter Baschar al-Assad für die Giftgasattacke verantwortlich. Kurz zuvor hatte er getwittert: "Es könnte sehr bald sein oder überhaupt nicht so bald."

Syriens Schutzmacht Russland weist die Vorwürfe gegen Damaskus zurück. Das russische Außenministerium rief zur Besonnenheit auf.

Nach Einschätzung des früheren US-Botschafters in Deutschland, John Kornblum, wird Trump wegen seiner Drohungen mit einem Militärschlag kaum noch anders können, als in Syrien anzugreifen. "Nach der massiven Warnung wird Trump nicht mehr hinter seine Drohungen zurück können", sagte Kornblum den Zeitungen der Funke Mediengruppe (u.a. "Hamburger Abendblatt"). "Jetzt gar nichts zu machen, käme einem Gesichtsverlust gleich. Ich gehe davon aus, dass es eine US-Militäraktion in der einen oder anderen Form geben wird."

Armeen in Alamrbereitschaft

Eine Beteiligung Deutschlands schloss Bundeskanzlerin Angela Merkel kategorisch aus. Dies wurde vom FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff scharf kritisiert. "Sollten unsere Partner Unterstützung brauchen und eventuell anfordern, dann sollte das zumindest nicht von vorneherein ausgeschlossen sein."

In New York suchte der Sicherheitsrat hinter verschlossenen Türen einen Ausweg aus der Krise. Auf Antrag Russlands soll das höchste UN-Gremium im Tagesverlauf zu einer neuen, öffentlichen Sitzung zusammenkommen.

Britische U-Boote sind unterdessen nach übereinstimmenden Medienberichten bereits in Position und Reichweite, um Marschflugkörper nach Syrien zu starten. Das Verteidigungsministerium lehnte dazu jeden Kommentar ab.

Die syrische Armee ist schon seit Tagen in voller Alarmbereitschaft und hatte sich von weiteren Stützpunkten zurückgezogen, um einer möglicherweise bevorstehenden Attacke weniger Angriffsfläche zu bieten. Fluglinien änderten ihre Flugrouten in der Region.

Russische Medien berichteten unterdessen akribisch über diverse Flüge amerikanischer Aufklärungsmaschinen im östlichen Mittelmeer sowie über Verlegungen britischer Militärmaschinen in die Region.

wue DPA

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