UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat am Montag in Genf die UN-Rassismuskonferenz eröffnet. Er kritisierte, dass viele Länder ihre Teilnahme an der "Durban Überprüfungskonferenz" abgesagt hätten, darunter die USA und Deutschland. "Ich bedauere zutiefst, dass einige sich entschlossen haben, beiseite zu treten", sagte Ban Ki Moon in seiner Eröffnungsansprache. "Wir träumen davon, in eine neue Richtung zu gehen, jedoch bleiben zu viele von uns in der Vergangenheit verstrickt", sagte der UN-Generalsekretär.
Wenige Stunden vor Beginn der UN-Rassismuskonferenz hatte die Bundesregierung ihre Teilnahme abgesagt. Zur Begründung teilte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Sonntagabend mit, es sei zu befürchten, dass das Treffen ebenso wie die Vorgängerkonferenz im Jahre 2001 "als Plattform für andere Interessen missbraucht wird". Die Entscheidung sei nach einer Telefonkonferenz mit mehreren EU-Amtskollegen gefallen. Zuvor hatten auch Israel, die USA, die Niederlande und Australien ihre Teilnahme an dem bis Freitag geplanten Treffen abgesagt.
Der Bundesaußenminister appellierte an alle Teilnehmer, sich zur wirksamen Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung zu bekennen "und die bevorstehende Konferenz nicht anderweitig zu instrumentalisieren". "Wir werden den Konferenzverlauf als Beobachter sehr genau verfolgen", erklärte Steinmeier. "Wir werden uns weiterhin eng mit unseren EU-Partnern abstimmen und behalten uns vor, zu einem späteren Zeitpunkt wieder aktiv teilzunehmen."
Inzwischen konkretisierte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg die Äußerungen Steinmeiers: "Wenn sich ein positiver Ablauf abzeichnet, haben wir uns vorbehalten, in die Schlussdiskussion einzusteigen." Mit dem Boykott nimmt Deutschland erstmals seit der Aufnahme in die Vereinten Nationen 1973 an einer großen UN-Konferenz nicht teil. Die Absage löste bei Parteien und Verbänden ein geteiltes Echo aus.
Unterschiedliche Reaktionen auf Konferenz-Boykott
Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat den Verzicht Deutschlands begrüßt. Der Vizepräsident des Zentralrats, Dieter Graumann, äußerte im Gespräch mit dem Onlineportal Handelsblatt.com. aber zugleich heftige Kritik an der Europäischen Union: "Dass Europa sich hier so uneinig zeigt, ist eine Schande."
Die Grünen und die Linkspartei kritisierten unterdessen den Boykott. Über die Parteigrenzen hinweg wurde bedauert, dass sich die Europäische Union auf keine einheitliche Linie einigen konnte. FDP-Fraktionsvize Werner Hoyer erklärte, damit blamiere sich die EU "bis auf die Knochen".
Frankreich hatte sich erst in letzter Minute zur Teilnahme entschlossen. Laut Angaben von Außenminister Bernard Kouchner werde der französische Vertreter die Veranstaltung aber sofort verlassen, falls sie zu einer Plattform für rassistische Äußerungen gegenüber Israel werden sollte.
US-Präsident Barack Obama führte die Absage der USA darauf zurück, dass die Organisatoren darauf bestanden hätten, "heuchlerische" Rassismus-Vorwürfe gegen Israel zu präsentieren. Zu den Konferenzteilnehmern gehört Irans Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad. Er ist für seine scharfen Verurteilungen Israels bekannt.

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Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, bedauerte die Entscheidung der US-Regierung. Sie sei "schockiert und tief enttäuscht" über das Fehlen der USA, teilte sie in Genf mit.
Umstrittener Auftritt von Ahmadinedschad
Der Menschenrechtsbeauftragte des Auswärtigen Amtes, Günter Nooke, verteidigte am Montag den deutschen Boykott. "Die Bundesregierung hat damit ein Signal gesetzt, dass wir nicht bereit sind, alles mitzumachen", sagte Nooke am Montag der dpa in Berlin. Ein solches Treffen dürfe nicht instrumentalisiert werden, um Israel einseitig an den Pranger zu stellen
Aus Protest gegen ein Treffen des Schweizer Bundespräsidenten Hans-Rudolf Merz am Sonntagabend mit Ahmadinedschad rief Israel am Montag seinen Botschafter aus der Schweiz zurück.
Der niederländische Außenminister Maxime Verhagen sagte am Sonntag, einige Staaten versuchten weiterhin, die UN-Konferenz zu missbrauchen, um religiöse Anschauungen über die Menschenrechte zu stellen. Ausgerechnet von Ländern, "die auf dem Gebiet der Menschenrechte selbst noch viel zu tun haben", werde versucht, "einseitig Israel auf die Anklagebank zu setzen", erklärte der Minister. Australiens Außenminister Stephen Smith sagte, es sei zu befürchten, dass einige Teilnehmer das Treffen als "Plattform für anstößige und antisemitische Äußerungen missbrauchen könnten".
In Durban kam es zum Eklat
Das Treffen setzt die große Antirassismus-Konferenz von Durban im Jahr 2001 fort. Damals hatten sich rund 170 Länder auf ein Aktionsprogramm zur Bekämpfung von Diskriminierung verständigt. Gleichwohl endete die Konferenz mit einem Eklat. Die Vertreter der USA und Israels reisten wegen massiver Kritik an Israel empört ab.